Trump Attacks Obama’s Health Care Reform

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Trump attackiert Obamas Gesundheitsreform

Ein rekordhoher Anstieg der Krankenkassenprämien kommt Donald Trump im Wahlkampf zupass. Auch seine Gegnerin Hillary Clinton sieht sich gezwungen, Korrekturen an Obamas Gesundheitsreform zu fordern.

Knapp zwei Wochen vor der amerikanischen Präsidentenwahl kämpft der Republikaner Donald Trump mit dem Rücken zur Wand. Im Durchschnitt der jüngsten Umfragen liegt er um gut fünf Prozentpunkte hinter Hillary Clinton zurück, und auch in vielen wichtigen «Swing States» hat er Terrain eingebüsst. Die Liste prominenter Republikaner, die sich von ihm abwenden, wächst weiter; so hat nun auch der frühere Aussenminister Colin Powell angekündigt, er werde seine Stimme Hillary Clinton geben.

In Extremfällen doppelt so hohe Prämien

In dieser misslichen Lage kommt für Trump die Nachricht über einen sprunghaften Anstieg der Krankenkassenprämien wie gerufen. Wie das Gesundheitsministerium diese Woche mitteilte, verteuern sich die im Rahmen von Präsident Obamas Versicherungsreform vermittelten Prämienmodelle auf 2017 hin um durchschnittlich 25 Prozent. Das ist der höchste Anstieg seit Einführung der Reform, nach moderaten Zuwächsen um 2 beziehungsweise 7 Prozent in den beiden Vorjahren. In Einzelfällen werden sich die Prämien sogar mehr als verdoppeln.

Die Prämienexplosion verschafft den Republikanern ein willkommenes neues Argument gegen die Gesundheitsreform, die sogenannte Affordable Care Act, die oft als innenpolitische Haupterrungenschaft der Ära Obama bezeichnet wird und mit der sich auch Clinton voll identifiziert. Die Demokraten können dabei auf eine Reihe positiver Aspekte hinweisen, etwa die Tatsache, dass dank der Reform gegen 20 Millionen zuvor unversicherte Amerikaner eine Krankenkassenpolice erhalten haben und Versicherungen Kunden nicht mehr wegen früherer Erkrankungen abweisen können.

Die Republikaner geisseln die Reform dagegen mit dem Hinweis auf die neu geltende Versicherungspflicht und die steigenden staatlichen Subventionen des Gesundheitswesens. In der Bevölkerung ist die Reform entgegen den Hoffnungen der Demokraten nie wirklich populär geworden. Laut Umfragen halten sich Anhänger und Gegner ungefähr die Waage, wobei nach einer Erhebung im September 47 Prozent der Befragten negativ und nur 44 Prozent positiv gegenüber der Reform eingestellt sind. Die Hiobsbotschaft von der Prämienfront dürfte die Skepsis wohl verstärken.

Trump verspricht Abschaffung von «Obamacare»

Trump verlor am Dienstag keine Zeit, das Thema aufzugreifen. Die Gesundheitsreform sei am Explodieren, behauptete er an einer Wahlkampfveranstaltung in Florida. Trump hat versprochen, im Falle seiner Wahl bereits am ersten Tag im Amt eine Verordnung über die Widerrufung der Reform zu unterschreiben. Er will «Obamacare», wie sie weitherum genannt wird, durch ein marktwirtschaftlicheres Modell ersetzen, ohne jedoch in die Details zu gehen. Auch diverse republikanische Kandidaten in den Kongresswahlen griffen das Thema begierig auf – wohl erleichtert darüber, dass es eine Ablenkung von den belastenden Skandalen um Trump bot.

Allzu grosse Hoffnungen können sich die Republikaner allerdings nicht machen. So dramatisch der Prämienanstieg ist, betrifft er dennoch nur einen sehr kleinen Teil der Wählerschaft. Rund die Hälfte der Amerikaner erhalten ihre Krankenversicherung über den Arbeitgeber, ein weiteres Drittel ist im Rahmen der staatlichen Krankenversicherungen für Pensionierte, Arme und Behinderte abgedeckt. Nur etwa 10,5 Millionen Amerikaner haben Versicherungen über die von Obama eingeführten Krankenkassen-Börsen abgeschlossen – und allein auf diese beziehen sich die nun angekündigten Prämiensteigerungen. Dazu kommt, dass der Anstieg in den meisten Fällen abgefedert wird, da rund 85 Prozent der Betroffenen im Rahmen von «Obamacare» staatliche Beihilfen erhalten.

Weniger Wettbewerb, grössere Last für den Staat

Letzteres bedeutet allerdings, dass die Lasten für die Steuerzahler zunehmen. Zudem bestätigt sich, wie aus der Mitteilung des Gesundheitsministeriums hervorgeht, ein weiterer Geburtsfehler von Obamacare: Weil die stark regulierten Krankenkassen-Börsen für die Versicherungen oft wenig attraktiv sind, ziehen sich diverse Anbieter aus diesen Märkten zurück. Die Hoffnung auf mehr Wettbewerb hat sich nicht erfüllt. Jeder fünfte Konsument wird an diesen Börsen im nächsten Jahr keine Auswahl haben, sondern nur Angebote einer einzigen Versicherung vorfinden. Dieser Mangel an Konkurrenz droht die Prämien weiter in die Höhe zu treiben.

Präsidentenwahl in den USA

Trump attackiert Obamas Gesundheitsreform

von Andreas Rüesch 26.10.2016, 10:59 Uhr

Ein rekordhoher Anstieg der Krankenkassenprämien kommt Donald Trump im Wahlkampf zupass. Auch seine Gegnerin Hillary Clinton sieht sich gezwungen, Korrekturen an Obamas Gesundheitsreform zu fordern.

12 KOMMENTARE

Trump spricht an einer Wahlkampfveranstaltung in Tallahassee im Staat Florida. (Bild: Evan Vucci / Keystone)

Trump spricht an einer Wahlkampfveranstaltung in Tallahassee im Staat Florida. (Bild: Evan Vucci / Keystone)

Knapp zwei Wochen vor der amerikanischen Präsidentenwahl kämpft der Republikaner Donald Trump mit dem Rücken zur Wand. Im Durchschnitt der jüngsten Umfragen liegt er um gut fünf Prozentpunkte hinter Hillary Clinton zurück, und auch in vielen wichtigen «Swing States» hat er Terrain eingebüsst. Die Liste prominenter Republikaner, die sich von ihm abwenden, wächst weiter; so hat nun auch der frühere Aussenminister Colin Powell angekündigt, er werde seine Stimme Hillary Clinton geben.

In Extremfällen doppelt so hohe Prämien

In dieser misslichen Lage kommt für Trump die Nachricht über einen sprunghaften Anstieg der Krankenkassenprämien wie gerufen. Wie das Gesundheitsministerium diese Woche mitteilte, verteuern sich die im Rahmen von Präsident Obamas Versicherungsreform vermittelten Prämienmodelle auf 2017 hin um durchschnittlich 25 Prozent. Das ist der höchste Anstieg seit Einführung der Reform, nach moderaten Zuwächsen um 2 beziehungsweise 7 Prozent in den beiden Vorjahren. In Einzelfällen werden sich die Prämien sogar mehr als verdoppeln.

US-Präsidentschaftswahlen

Clinton vs. Trump – der aktuelle Stand der Umfragen

von NZZ Storytelling 31.10.2016, 06:00

Die Prämienexplosion verschafft den Republikanern ein willkommenes neues Argument gegen die Gesundheitsreform, die sogenannte Affordable Care Act, die oft als innenpolitische Haupterrungenschaft der Ära Obama bezeichnet wird und mit der sich auch Clinton voll identifiziert. Die Demokraten können dabei auf eine Reihe positiver Aspekte hinweisen, etwa die Tatsache, dass dank der Reform gegen 20 Millionen zuvor unversicherte Amerikaner eine Krankenkassenpolice erhalten haben und Versicherungen Kunden nicht mehr wegen früherer Erkrankungen abweisen können.

Die Republikaner geisseln die Reform dagegen mit dem Hinweis auf die neu geltende Versicherungspflicht und die steigenden staatlichen Subventionen des Gesundheitswesens. In der Bevölkerung ist die Reform entgegen den Hoffnungen der Demokraten nie wirklich populär geworden. Laut Umfragen halten sich Anhänger und Gegner ungefähr die Waage, wobei nach einer Erhebung im September 47 Prozent der Befragten negativ und nur 44 Prozent positiv gegenüber der Reform eingestellt sind. Die Hiobsbotschaft von der Prämienfront dürfte die Skepsis wohl verstärken.

Trump verspricht Abschaffung von «Obamacare»

Trump verlor am Dienstag keine Zeit, das Thema aufzugreifen. Die Gesundheitsreform sei am Explodieren, behauptete er an einer Wahlkampfveranstaltung in Florida. Trump hat versprochen, im Falle seiner Wahl bereits am ersten Tag im Amt eine Verordnung über die Widerrufung der Reform zu unterschreiben. Er will «Obamacare», wie sie weitherum genannt wird, durch ein marktwirtschaftlicheres Modell ersetzen, ohne jedoch in die Details zu gehen. Auch diverse republikanische Kandidaten in den Kongresswahlen griffen das Thema begierig auf – wohl erleichtert darüber, dass es eine Ablenkung von den belastenden Skandalen um Trump bot.

NZZ Standpunkte Kompakt

Trump versus Clinton – Die Qual einer Wahl

von Silvia Fleck 24.10.2016, 08:45

Allzu grosse Hoffnungen können sich die Republikaner allerdings nicht machen. So dramatisch der Prämienanstieg ist, betrifft er dennoch nur einen sehr kleinen Teil der Wählerschaft. Rund die Hälfte der Amerikaner erhalten ihre Krankenversicherung über den Arbeitgeber, ein weiteres Drittel ist im Rahmen der staatlichen Krankenversicherungen für Pensionierte, Arme und Behinderte abgedeckt. Nur etwa 10,5 Millionen Amerikaner haben Versicherungen über die von Obama eingeführten Krankenkassen-Börsen abgeschlossen – und allein auf diese beziehen sich die nun angekündigten Prämiensteigerungen. Dazu kommt, dass der Anstieg in den meisten Fällen abgefedert wird, da rund 85 Prozent der Betroffenen im Rahmen von «Obamacare» staatliche Beihilfen erhalten.

Weniger Wettbewerb, grössere Last für den Staat

Letzteres bedeutet allerdings, dass die Lasten für die Steuerzahler zunehmen. Zudem bestätigt sich, wie aus der Mitteilung des Gesundheitsministeriums hervorgeht, ein weiterer Geburtsfehler von Obamacare: Weil die stark regulierten Krankenkassen-Börsen für die Versicherungen oft wenig attraktiv sind, ziehen sich diverse Anbieter aus diesen Märkten zurück. Die Hoffnung auf mehr Wettbewerb hat sich nicht erfüllt. Jeder fünfte Konsument wird an diesen Börsen im nächsten Jahr keine Auswahl haben, sondern nur Angebote einer einzigen Versicherung vorfinden. Dieser Mangel an Konkurrenz droht die Prämien weiter in die Höhe zu treiben.

Obamacare gerät unter Druck

US-Versicherer ziehen sich von Marktplätzen zurück

von Christiane Hanna Henkel, New York 18.8.2016, 22:07

Der Reformbedarf liegt daher auf der Hand, und auch Clinton anerkennt ihn. Sie schlägt eine Ausweitung der staatlichen Rolle vor, unter anderem mit höheren Subventionen und der Einführung staatlicher Versicherungsmodelle.

«Swing States» unterschiedlich betroffen

Auch wenn die Folgen des Prämienanstiegs für den Präsidentschaftswahl begrenzt bleiben dürften, könnten sie je nach Gliedstaat unterschiedlich sein. Während im wichtigen «Swing State» Ohio nur ein unbedeutender Anstieg von 2 Prozent bevorsteht, wird in Florida nämlich eine Zunahme um 14, in Iowa um 25, in North Carolina um 40 und in Arizona gar um 116 Prozent erwartet.

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