Announced Conflict

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Konflikt mit Ansage

Die US-Regierung baut Druck auf und zeichnet ein krasses Zerrbild deutscher Wirtschaftspolitik. Aber wahr ist auch: Berlin hat schwelende Probleme viel zu lange ignoriert.

Es wird ernst. Nach Monaten der vagen handelspolitischen Drohungen aus den USA treffen nun die Kontrahenten erstmals persönlich aufeinander:

• Dienstag wird Angela Merkel US-Präsident Donald Trump in Washington besuchen.

• Donnerstag empfängt Wolfgang Schäuble seinen neuen US-Kollegen Steven Mnuchin in Berlin.

• Freitag und Samstag werden beide dann am Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten in Baden-Baden teilnehmen.

Dazwischen, auch das gehört zum Konfliktszenario, wird die Federal Reserve ihren Kurs abstecken:

• Mittwoch wird Notenbank-Chefin Janet Yellen wohl eine weitere Zinserhöhung verkünden und womöglich eine raschere Straffung der US-Geldpolitik in Aussicht stellen – was den handelspolitischen Konflikt noch weiter anheizen könnte.

Eine Menge steht auf dem Spiel: das Verhältnis Deutschlands zu seinem wichtigsten Handelspartner, ein nennenswerter Teil des Geschäfts diverser deutscher Unternehmen, letztlich auch die Stabilität der Welthandelsordnung.

Euro künstlich niedrig

Scharf im Ton hat die Trump-Administration der Bundesrepublik mehrfach vorgeworfen, sich den USA gegenüber unfair zu verhalten. Deutschland halte den Euro künstlich niedrig und verschaffe sich dadurch Wettbewerbsvorteile. Auf jeden Fall müsse der Exportüberschuss von rund 50 Milliarden Euro gegenüber Amerika sinken. Im Raum steht die diffuse Ankündigung, Überschussländer mit Strafzöllen zu belegen. Der US-Kongress wiederum erwägt eine neue Unternehmensteuer, die Importe verteuern und Exporte steuerfrei stellen würde.

Es gibt also viel zu besprechen diese Woche. Und man muss feststellen: Trump und seine Leute zeichnen ein krasses Zerrbild deutscher Wirtschaftspolitik. Aber die deutsche Wirtschaftspolitik hat die schwelenden Probleme viel zu lange ignoriert. So gesehen, ist es ein Konflikt mit Ansage.

Da ist zunächst die Sache mit dem Überschuss. Deutschland verzeichnet seit den frühen Euro-Jahren einen strukturellen Außenwirtschaftsüberschuss, der immer weiter gewachsen ist. Inzwischen liegt er bei mehr als acht Prozent des deutschen Sozialprodukts. Das ist auf Dauer ein Problem: Deutschland spart mehr, als es investiert.

Mit anderen Worten: Wenn Deutschland überschüssige Ersparnisse im Ausland investiert, steigt dort die Verschuldung. Und wenn auf Dauer viel mehr exportiert als importiert wird, gibt es regelmäßig Klagen über dieses Ungleichgewicht – aus den USA, übrigens auch schon zu Zeiten Barack Obamas, von den Euro-Partnern und der Europäischen Kommission.

Es ist schon wahr: Wir haben ein Problem

Früher war es so: Solange die Bundesrepublik eine eigene Währung hatte, bildeten sich große Überschüsse rasch zurück. Die Mark hätte längst aufgewertet, ein Teil der Wettbewerbsvorteile wäre dahin. Innerhalb der Währungsunion jedoch gibt es einen einheitlichen Wechselkurs, der für deutsche Verhältnisse derzeit zu niedrig ist – weshalb der Leistungsbilanzüberschuss immer neue Rekorde erreicht.

Und der Euro ist insbesondere schwach, seit die Europäische Zentralbank (EZB) vor zwei Jahren ihr billionenschweres Anleiheaufkaufprogramm (“Quantative Easing”) begonnen hat. Allerdings hat die EZB ihr Programm gegen erklärten deutschen Widerstand ins Werk gesetzt. Insofern ist der Vorwurf, die Bundesrepublik manipuliere die gemeinsame Währung zu ihren Gunsten, absurd.

Ist Deutschland also letztlich unschuldig an dem Konflikt? Sind wir bloß Opfer von protektionistischen Scharfmachern im Team Trump?

Zum Gesamtbild gehört auch, dass Politiker, Manager und Ökonomen in Deutschland die Vorhaltungen wegen des strukturellen Außenwirtschaftsüberschusses allzu lange beiseitegewischt haben. Nach dem Motto: Nicht unser Problem, wenn unsere exportierende Industrie so gut ist. Dass in der Eurozone andere Mechanismen eingeführt werden müssten, um große, dauerhafte Ungleichwichte auszugleichen, ist in Deutschland bis heute kein wirtschaftspolitisches Thema.

Im Gegenteil: Seit Ausbruch der Eurokrise hat die Bundesregierung darauf gedrungen, die anderen Mitgliedstaaten sollten dem deutschen Weg folgen. Jedes Land sollte für sich seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und angeschoben durch außenwirtschaftliche Überschüsse aus der Schuldenmisere herauswachsen. Die Strategie hat durchaus funktioniert; ehemalige Krisenstaaten, die früher hohe Defizite verzeichneten, exportieren nun ebenfalls mehr, als sie importieren.

Ganze Eurozone verzeichnet massiven Überschuss

In der Summe sind die Folgen aber durchaus problematisch: Die Eurozone insgesamt, die in den Nullerjahren in etwa eine ausgeglichene Leistungsbilanz hatte, verzeichnet nun einen massiven Überschuss. Bei 365 Milliarden Euro lag er zuletzt, 3,4 Prozent des gemeinsamen Sozialprodukts. Sie ist damit unter den großen Wirtschaftsräumen der Erde derjenige mit dem höchsten Überschuss, deutlich größer als Chinas.

Was für kleine Länder funktionieren mag – die asiatischen Volkswirtschaften beispielsweise setzten nach deren Finanzkrise Ende der Neunzigerjahre auf eine ähnliche Strategie -, ist für einen Wirtschaftsraum der Größe Europas schwierig. Die damit einhergehenden globalen Ungleichgewichte bergen wirtschaftspolitischen Sprengstoff – die Trump-Regierung legt nun die Lunte daran.

Eigentlich bedürfte die Eurozone einer umfassenden Überholung. Um ihre inneren ökonomischen Spannungen zu überwinden, bräuchte es interne Mechanismen: ein gemeinsames Eurozone-Budget beispielsweise, die Vollendung der Bankenunion und dergleichen mehr. Einen guten Überblick darüber bietet beispielsweise der letztjährige Eurozonen-Bericht des Internationalen Währungsfonds. Mit Deutschland jedoch waren – und sind – all diese Maßnahmen nicht zu machen. Die möglichen weltwirtschaftlichen Rückwirkungen dieser institutionellen Defizite wurden vernachlässigt.

Kein Verlass auf globale handelspolitische Regeln

Der heraufziehende handelspolitische Konflikt mit den USA zeigt nun, dass beides zusammenhängt: Ohne interne Ausgleichsmechanismen innerhalb der Eurozone könnte letztlich auch die international starke Position der deutschen Industrie verloren gehen – wenn nämlich deutsche Importe von Strafzöllen oder diskriminierenden Importsteuern betroffen sein sollten. Sich darauf zu verlassen, dass solche Sanktionen vor der WTO keinen Bestand hätten, ist illusionär. Im Zweifel dürfte sich die Trump-Administration nicht an die globalen handelspolitischen Regeln halten.

Zusätzlich angefacht wird dieser Konflikt durch die Notenbanken. Weil die Fed allmählich die Zinsen nach oben schleust, die EZB aber weiterhin die Zinsen bei null hält und Anleihen kauft, könnte der Dollar in der näheren Zukunft noch stärker werden. Die handelspolitischen Ungleichgewichte werden dadurch noch größer – Amerikas Defizit nimmt zu, Deutschlands Überschuss auch. Die US-Administration wird dies als weiteren Beleg für Währungsmanipulationen werten.

Es genügt nicht, Trumps Rhetorik inakzeptabel und seine Vorgehensweise gefährlich zu finden – beides trifft zu. Am Ende wird auch Europa sich bewegen müssen.

Die wichtigsten Wirtschaftstermine der kommenden Woche

MONTAG

Stuttgart – Wirtschaftsadel a. D. – Fortsetzung im Prozess gegen Ex-“Drogeriemarktkönig” Anton Schlecker wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Bankrotts.

DIENSTAG

Washington – Merkels heikle Mission – Im Weißen Haus trifft die Kanzlerin erstmals auf Donald Trump. Mit dem gibt es viel zu reden: Nato, Russland, Syrien, Europa, Handel….

Wolfsburg – Im Dunst des Diesels – Volkswagen legt Jahreszahlen für den Geschäftsverlauf 2016 vor.

Peking – Wirtschaft süß-sauer – Das Statistikamt der Volksrepublik präsentiert offizielle Zahlen zum Wirtschaftswachstum im Februar.

Frankfurt am Main – Genossen im Schatten des Nullzinses – Jahrespressekonferenz des Bundesverbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zur Geschäftsentwicklung im Jahr 2016. Wie die Sparkassen, so drohen die Niedrigstzinsen auch die kleinen genossenschaftlichen Institute zu destabilisieren.

MITTWOCH

Den Haag – Wilders West – Die Niederländer wählen ein neues Parlament. Alle starren auf das Abschneiden des Rechtspopulisten Geert Wilders, dem es gelungen ist, das gesamte Parteienspektrum nach rechts zu rücken.

Washington – Treibstoff für den Dollar – Der Gouverneursrat der US-Notenbank Fed gibt seine Entscheidung zur Geldpolitik bekannt. Vermutlich eine Zinserhöhung. Womöglich gefolgt von einer weiteren Aufwertung des Dollars – Präsident Trump dürfte davon nicht erbaut sein.

Paris – Trance en France – Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon muss sich seinen Ermittlungsrichtern stellen, die voraussichtlich ein Ermittlungsverfahren eröffnen werden. Er soll seine Frau zum Schein auf Parlamentskosten beschäftigt haben. Den richtigen Zeitpunkt, als Kandidat abzutreten, hat er längst verpasst.

DONNERSTAG

Berlin – Harte Bandagen – Bundesfinanzminister Schäuble empfängt seinen US-Kollegen Mnuchin. Die Europäer wehren sich vehement gegen US-Pläne, ihre Unternehmensteuer mit einem Grenzausgleich (“border adjustment”) zu bewehren.

Berlin – Null, Null, Eins – Spitzenvertreter der G20-Staaten diskutieren die globalen Effekte einer digitalisierten Industrie. Mit dabei: Wettbewerbskommissarin Vestager, Post-Chef Appel und Wirtschaftsministerin Zypries.

FREITAG

Baden-Baden – Freedom, that’s just some people talking – Unter deutschem Vorsitz treffen sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten. Letztlich geht es darum, ob es globale Übereinkünfte in einer Zeit zunehmender nationaler Rückbesinnung noch geben kann.

Berlin – Standard-Witz – Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg.

SAMSTAG

Baden-Baden – Freedom, … II – Abschluss des G20-Treffens.

SONNTAG

Hannover – Digitales Geschäft – Eröffnung der IT-Messe CeBIT. Mit Merkel und Japans Premier Abe.

Berlin – Super-Martins Inauguration – Sonderparteitag der SPD wählt Martin Schulz zum Parteichef und nominiert ihn als Kanzlerkandidaten.

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