In the Case of NATO, Trump Is Right

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Die Europäer lassen sich ihre Sicherheit von den USA finanzieren. Das ist unsolidarisch und gefährlich. Höhere Verteidigungsausgaben sind kein Geschenk an die USA.

US-Präsident Trump liegt oft falsch, wenn er sich zur Verteidigungspolitik äußert. Aber in einem Punkt hat er recht: Die Europäer in der Nato geben zu wenig für ihre Verteidigung aus. Sie sind sicherheitspolitische Trittbrettfahrer: Europa verlässt sich darauf, dass die USA im Notfall zur Hilfe kommen, und gibt das eigene Geld lieber für anderes aus. Was Trump noch nicht bemerkt hat, was aber noch schlimmer ist: Das bisschen, was die Europäer für Verteidigung ausgeben, das geben sie auch noch schlecht aus, für falsche oder überteuerte Anschaffungen.

Die falsche Lastenteilung

Ohne die USA ist Europas Verteidigung aufgeschmissen. Die USA schultern viel mehr als die Europäer. Dabei geht es nicht nur um die so oft zitierten zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Verteidigung, die die USA locker ausgeben und die meisten Europäer eben nicht. Die USA sind auch die Einzigen, die das besonders teure Material, wie Satelliten oder Transportkapazitäten, in ausreichendem Maße in die Nato einbringen. Sie geben also nicht nur viel aus, sie liefern auch viel und vor allem das, was gebraucht wird. Europa hingegen leistet sich ein immer weniger funktionierendes Heer von 27 Kleinstarmeen.

Der Streit über eine faire Lastenteilung im Bündnis ist so alt wie die Nato selbst. 2002 einigten sich die Staaten darauf, mindestens zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung auszugeben. Die solidarische Idee dahinter: Wenn alle Staaten zwei Prozent in Verteidigung investieren, tragen alle mit dem gleichen Anteil ihrer Wirtschaftsleistung zur kollektiven Verteidigung bei.

Für die USA waren die zwei Prozent nie ein Problem, die Problemkinder waren immer die Europäer. Sie haben ihre Verteidigungshaushalte seit Jahren zusammengestrichen, weil sie keine sicherheitspolitischen Bedrohungen mehr sahen und daher glaubten, die Zwei-Prozent-Vorgabe ohne Folgen ignorieren zu können.

Das änderte sich erst 2014, als mit der Ukraine-Krise eine greifbare militärische Bedrohung nach Europa zurückkehrte. Deshalb einigte sich die Nato, die Zwei-Prozent-Formel zu reaktivieren: Bis 2024 wollen alle Staaten ihre Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP steigern.

Einige, wie Estland und Polen, haben ihre Ausgaben auch tatsächlich erhöht. Die Mehrheit beließ es aber bei kleinen Steigerungen, und einige taten gar nichts. Insgesamt verfehlt die übergroße Mehrheit der europäischen Staaten die selbst formulierte Zwei-Prozent-Zielmarke deutlich.

Seit Donald Trump US-Präsident ist, steigt der Druck auf die Europäer, dieses Mal den Worten Taten folgen zu lassen: Trump erwartet von ihnen bis zum Ende des Jahres einen Plan, mit Stichtagen und Zwischenschritten, wie sie die zwei Prozent erreichen wollen. Sonst müsse er die US-Sicherheitszusagen überdenken. Angesichts des Tons des US-Präsidenten und seiner Aura des Unberechenbaren befürchten die Europäer, dass die USA ihre Unterstützung tatsächlich zurückfahren könnten, wenn sie nicht mehr tun.

Nicht zahlen ist unsolidarisch und gefährlich

Trump hat also tatsächlich recht: Die Europäer geben zu wenig aus. Sie halten sich nicht an ihre eigenen Vorgaben. Es ist unsolidarisch, in einer Gemeinschaft wie der Nato, wo der eine für den anderen einsteht, sich die Sicherheit vom großen Partner USA finanzieren zu lassen.

Es ist gefährlich, weil Europas Verteidigung ohne die USA aufgeschmissen ist: Kurz- und mittelfristig kann Europa seine Sicherheit nicht ohne die USA garantieren. Die Verteidigung Europas, also der Schutz seines Territoriums, seiner Bevölkerung und seiner politischen und gesellschaftlichen Systeme, hängt von den nuklearen und konventionellen Fähigkeiten der USA ab.

Auch politisch können sich die Europäer keinen US-Rückzug leisten. Die Auswirkungen würden weit über die Nato hinausreichen. Es beträfe zum Beispiel die Fähigkeit, gemeinsam die globale Ordnung zu gestalten, wie etwa beim Iran-Abkommen.

Falsch investieren ist mindestens genauso schlimm

Aber die Europäer sollten ihre Ausgaben nicht erhöhen, um Trump einen Gefallen zu tun. Sie müssen verstehen, dass die zwei Prozent kein Geschenk an die USA sind, sondern eine notwendige Investition in ihre eigene Sicherheit. Deshalb dürfen diese Investitionen auch kein Strohfeuer sein, sondern ein solider Investitionsplan in die langfristige Sicherheit Europas.

Denn einfach mehr Geld ausgeben würde nichts an der geringen Brauchbarkeit der europäischen Beiträge ändern. Bis heute zeigt Europa klaffende militärische Lücken und nutzlose Redundanzen, eben auch weil die Europäer ihr Geld nicht effizient ausgeben. Statt zu kaufen, was alle in der Nato dringend brauchen, kauft jedes Land allein, was es gern hätte. Dabei könnten die Europäer so viel mehr aus jedem investierten Euro herausholen, wenn sie gemeinsam Waffensysteme planen und beschaffen würden.

Clever erhöhen – nicht für Trump, sondern für Europa

Europa muss mehr ausgeben, und zwar für das Richtige und langfristig – denn nur das entlastet die USA und hilft Europa, sich auch selbst zu verteidigen. Egal wie viel Geld: Wenn die Europäer es weiterhin zum Fenster rausschmeißen, weil sie mit den Ressourcen lieber Arbeitsplätze schaffen statt Sicherheit, dann entlastet das auch nicht die USA. Sie müssten weiterhin die Feuerwehr für Europa spielen.

Mit dem Nato-Gipfel sollten die Europäer die Formel des US-Präsidenten deshalb konstruktiv ergänzen: Mehr Geld – klug – ausgeben, dann profitieren beide: die USA und Europa.

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