Trump muss Obamas strategische Schwäche ausbaden
Die Kritik an der irrlichternden Außenpolitik Donald Trumps verkennt, dass die Fehler schon früher gemacht wurden. Barack Obamas „strategische Geduld“ hat Despoten wie Kim Jong-un, Putin und Assad animiert.
Donald Trump hat in der Nordkorea-Krise nicht gerade glücklich agiert. Erst setzte er in geradezu naiver Weise auf die Chinesen und glaubte, Peking würde ihm aus der Klemme helfen. Dann hat er es mit wilden Drohungen versucht, die Angst vor einem nuklearen Schlagabtausch mit Pjöngjang schürten. Nach dem letzten Atomtest der Nordkoreaner hat er per Twitter auch noch den südkoreanischen Alliierten und dessen „Appeasementgerede“ abgewatscht. Das ist nicht gerade das, was man als eine geeinte Front bezeichnen würde gegen das Schurkenregime in Pjöngjang.
Nach sieben Monaten im Amt hat die Abschreckungsmacht des US-Präsidenten auch gehörig gelitten. Niemand scheint den Drohungen aus dem Weißen Haus noch viel Bedeutung beizumessen, weil Trump zu oft gezeigt hat, dass er nur blufft. Kim Jong-un jedenfalls hat sich gänzlich unbeeindruckt gezeigt und hat die Frequenz und die Frechheit seiner Raketen- und Atomtests noch intensiviert.
Trump agiert außenpolitisch unsouverän und verwirrt Verbündete mit seinem erratischen Verhalten. Dennoch ist es ein wenig zu billig, allein den neuen Präsidenten mit Hohn und Spott zu überziehen wegen der verfahrenen Lage in Sachen Nordkorea.
Tatsächlich ist Trump mit einem fast unlösbaren Problem konfrontiert, das ihm sein Vorgänger hinterlassen hat. Barack Obama hatte acht Jahre Zeit, die Nordkoreaner von ihrem Vorhaben abzubringen. Diese Zeit jedoch hat er auf verantwortungslose Art und Weise vergeudet. Wenn Kim Jong-un nun sogar das amerikanische Festland mit Atomwaffen bedrohen kann, dann zeigt das, wie viele Präsidenten vor Trump versagt haben, Bill Clinton genauso wie George W. Bush und Barack Obama.
Kim rüstete unter Obama auf
Den letzten Präsidenten trifft aber eine besondere Schuld. Weil er kaum ernsthafte Anstrengungen unternommen hat, weder diplomatischer noch anderer Natur, um Pjöngjang von diesem Pfad abzubringen. Und weil die enorme Beschleunigung, die das nordkoreanische Programm unter dem neuen Kim erfahren hat, in Obamas Amtszeit erfolgte.
Es ist auch etwas heuchlerisch, wenn nun häufig geschrieben wird, diese Entwicklung sei gänzlich überraschend gekommen. Schon im Jahr 2013 war durch die Indiskretion eines republikanischen Abgeordneten bekannt geworden, dass mindestens ein US-Geheimdienst damals der Meinung war, Nordkorea sei schon in der Lage, einen verkleinerten Atomsprengkopf zu bauen. Was die Voraussetzung ist, um eine Atombombe mit einer Langstreckenrakete zu transportieren.
Es handelte sich noch um eine Minderheitenmeinung unter den US-Diensten, aber sie zeigte zumindest, welche technischen Kapazitäten manche Experten dem Regime in Pjöngjang schon zutrauten. Schon damals wäre es höchste Zeit gewesen, mehr zu tun, um die Bedrohung abzuwenden. Aber Obama verlegte sich weiter auf seine Politik der „strategischen Geduld“, eine nette Formulierung fürs Nichtstun.
Es ist auch keinesfalls so, wie nun einige Ex-Obama-Mitarbeiter behaupten, dass der Präsident damals alle Sanktionsmöglichkeiten ausgeschöpft hätte. Wie Trumps Maßnahmen gegen chinesische Firmen, die mit Nordkorea gute Geschäfte machen, zeigen, wäre sehr viel mehr möglich gewesen.
Politik der Zurückhaltung gegenüber Despoten
Aber die Politik des ersten schwarzen Präsidenten schien vor allem unter der Prämisse gestanden zu haben, bloß keinen Ärger mit Peking zu bekommen. So intensivierte Obama nur klandestine Maßnahmen gegen Nordkorea, die wahrscheinlich verantwortlich sind für eine Reihe missglückter Raketentests in den vergangenen Jahren. Wie wir jetzt sehen, war das aber nicht entschlossen genug, um das nordkoreanische Programm entscheidend zu verlangsamen.
Nordkorea reiht sich damit ein in eine Serie von Außenpolitikdesastern, die Obamas Politik der Zurückhaltung in ein kritisches Licht rücken. „Mach keinen Scheiß“, hat Obama einst selbst als die Quintessenz seiner Außenpolitik-Doktrin beschrieben. Wie sich nun zeigt, reicht es aber nicht, ein Anti-Bush zu sein und sich nicht in außenpolitische Abenteuer zu begeben, um erfolgreich Weltordnungspolitik zu betreiben.
Ein ums andere Mal erlitt Obama Schiffbruch mit seiner Zögerlichkeit und Passivität. Er hat Russlands neoimperiale neue Außenpolitik erst weitgehend ignoriert und dann nur sehr zahm auf die Annexion der Krim und Moskaus bis heute anhaltenden Krieg in der Ostukraine reagiert.
In Syrien hat Obama einfach zugesehen, wie sich eine der blutigsten Katastrophen der Nachkriegsgeschichte ereignete, weil er glaubte, Amerikas Interessen seien davon nicht ausreichend berührt. Mit dem Ergebnis, dass die Flüchtlingsströme nun das verbündete Europa und somit den Westen insgesamt destabilisieren und Moskau wieder als drängende Kraft in den Nahen Osten zurückgekehrt ist.
Obama und der hegelsche Weltgeist
Und dass der Iran nun über ein vom Irak und Syrien bis zum Libanon reichendes Einflussgebiet verfügt, welches die Region weiter zu destabilisieren droht. Im Falle Nordkoreas hat die Obama-Regierung von Anfang an geglaubt, bei diesem Thema nur verlieren zu können, und daher keinerlei ernsthafte Anstrengungen unternommen, Pjöngjang zu stoppen. Man hat sich eingeredet, es würde schon reichen, den Status quo zu verlängern und auf den Zusammenbruch des Regimes zu warten. Doch das sitzt dank Bombe und Langstreckenraketen nun umso fester im Sattel.
Eine von Obamas Lieblingsvorstellungen war, dass Regime wie die in Moskau, Damaskus und Pjöngjang ohnehin auf der falschen Seite der Geschichte stünden, deren hegelianischer Bogen sich zu mehr Demokratie, Freiheit und Frieden biegen würde. Als ob der Weltgeist schon allein dafür sorgen würde, die Spielverderber der internationalen Ordnung zu zähmen!
Tatsächlich haben wir unter Barack Obama eine seit dem Zusammenbruch des Kommunismus einmalige Schrumpfung des Raumes von Freiheit und Demokratie in der Welt erlebt. Das belegen die jährlichen Berichte von Freedom House aufs eindrücklichste. Und wir sind in eine Phase der Instabilität eingetreten.
Die soll nun ein neuer Präsident einhegen, der auf spektakuläre Weise Wissen, Temperament und Lernfähigkeit vermissen lässt. Es ist zum Fürchten. Dass Donald Trump nun derart viel Schaden anrichten kann, ist auch Barack Obamas vielfach gescheiterter Außenpolitik zu verdanken – selbst wenn Trumps offensichtliche Unfähigkeit das gerne vergessen lässt.
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