Trump’s Tax Plans: Make the Middle Class Great Again

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Entlastungen für Reiche, Belastungen für Arme: Das hatte Trump im Wahlkampf noch anders versprochen. Und der Wirtschaft dürfte sein Steuerkonzept auch nicht helfen.

Dass sich der Präsident ausgerechnet den US-Bundesstaat Indiana für seinen Auftritt ausgesucht hatte, war kein Zufall. Sein Vize-Präsident Mike Pence hatte dort vor vier Jahren als Gouverneur moderate Steuernachlässe verabschiedet, kurz darauf erlebte der Staat einen Aufschwung, der Jobs und Wachstum brachte. Donald Trump und seine Republikaner sehen es als Beispiel dafür, dass die alte Formel aus Steuersenkungen und Deregulierung noch immer wirkt. Jetzt will er das Modell auf den Rest der USA übertragen.

Die “größten Steuersenkungen in der Geschichte” der Vereinigten Staaten versprach Trump den geladenen Gästen in der Stadt Indianapolis. Wie eine Rakete werde das Paket das Land durchstarten lassen, Jobs zurückkommen und Löhne steigen. Sein Steuerplan sei nichts Geringeres als ein “Middle-Class-Miracle” – ein Wundermittel für Amerikas Mittelschicht.

Die Details des neunseitigen Konzepts ließ Trump auch in seiner Rede offen, sie müssen in den kommenden Monaten vom Kongress ausgefochten werden. Das endgültige Gesetz, sofern es dazu kommt, wird mehrere Hundert Seiten umfassen. Doch die Grundvariablen der vermeintlichen Zauberformel hatte er parat: Unternehmen und Individuen sollen von massiven Steuerentlastungen profitieren. Der Höchststeuersatz bei der Einkommensteuer soll von 39,6 auf 35 Prozent fallen, Unternehmen sollen künftig nicht mehr bis zu 35, sondern nur noch maximal 20 Prozent zahlen. Die Schließung von zahlreichen Schlupflöchern und die Streichung von Ausnahmeregelungen sollen das massive US-Steuergesetz verschlanken, die Steuerklassen von derzeit sieben auf drei zusammenschrumpfen.

Die Entlastungen sollen das Comeback Amerikas einleiten. “Eine Steuerreform ist das Wichtigste, was wir tun können, um das Vertrauen in unser Land wiederherzustellen, um Jobs zu schaffen und den Wohlstand zu steigern”, fasste es ein überzeugter Paul Ryan, der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, schon am Vortag zusammen. Profitieren sollten nicht Reiche wie er, versprach auch Trump am Mittwoch, sondern der “Every-Day-American”.

Ein Geschenk an Millionäre und Unternehmen?

Als deutlichsten Beweis für die neu entdeckte Liebe zum Durchschnittsamerikaner dienen den Republikanern und ihrem Präsidenten großzügigere Steuernachlässe für die Kindererziehung und die geplante Verdoppelung des Steuerfreibetrags. Wer weniger als 12.000 Dollar verdient, der zahlt bei ihnen keine Steuern, bei Paaren steigt der Betrag auf 24.000.

Doch an das große Versprechen hinter dem Papier glaubt außerhalb der eigenen Reihen trotzdem kaum jemand. “Die Idee, dass dieser Plan den durchschnittlichen Amerikanern hilft, war von Anfang an ein Witz”, sagt Frank Clemente von der Organisation Americans for Tax Fairness. Es handele sich bei dem Vorschlag nicht um eine Steuerreform, sondern um ein großes Geschenk an Millionäre und Unternehmen. “Nichts davon wird an den Rest von uns durchsickern”, ist der Steuerexperte sicher. Der Plan werde weder zu einem robusten Arbeitsmarkt führen, noch das Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Ex-Präsident George W. Bush habe sich Anfang des Jahrtausends gleich zweimal an Steuersenkungen für die Wirtschaftselite versucht, erläuterte Clemente. Die versprochenen Effekte aber seien ausgeblieben. “Niemand erinnert sich heute an ihn als großen Job-Präsidenten.” Selbst in Indiana sei es zu früh, um zu sagen, ob das eine tatsächlich mit dem anderen zu tun habe, behaupten Ökonomen.

Selbst Investmentbanken sind skeptisch

Erst vor wenigen Jahren hatten zahlreiche US-Unternehmen eine vorübergehende Steuerpause genutzt, um rund 300 Milliarden Dollar an Auslandsgewinnen zurück in die Heimat zu holen – der Großteil davon allerdings floss in den Rückkauf der eigenen Aktien. Ein Trickle-down-Wunder, also dass der Erfolg der Reichen durch Konsum und Investition in die unteren Gesellschaftsschichten durchsickert, erwartet man deshalb auch beim liberalen Economic Policy Institute in Washington nicht. Steuererleichterungen für Unternehmen würden – anders als von Konservativen behauptet – vor allem in Dividenden oder Aktienrückkäufe fließen, nicht in die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Haushaltskasse der Mittelschicht.

Selbst die Wall Street ist trotz der Freude über die Entlastung für Unternehmen skeptisch: Steuersenkungen dieser Größenordnung würden nur zwischen 0,1 und 0,2 Prozent zusätzliches Wachstum über die kommenden Jahre bedeuten, rechnete die Investmentbank Goldman Sachs in der vergangenen Woche nüchtern vor.

Dabei könnte die amerikanische Mittelschicht die Hilfen gut gebrauchen. Die US-Haushaltseinkommen sind, nach Abzug der Inflation, seit den Siebzigerjahren nicht mehr gestiegen, stattdessen hat sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet. Verfügten die reichsten Amerikaner vor gut vierzig Jahren noch über acht Prozent des Nationaleinkommens, sind es heute rund 20 Prozent.

Mindeststeuersatz soll steigen, Erbschaftssteuer dagegen wegfallen

Dass ausgerechnet die Trump-Regierung die Lage der US-Haushalte nachhaltig verbessere, bezweifeln viele, zumal die Steuerversprechen an die Mittelschicht an entscheidenden Punkten vage bleiben. Wann etwa welche der drei geplanten Steuerklassen greift und wer am Ende wirklich wie viel bezahlt, ist völlig offen. Fest steht dagegen: Der Mindeststeuersatz soll nach dem Willen der Republikaner von zehn auf zwölf Prozent angehoben werden, Niedrigeinkommen werden zunächst mehr, nicht weniger belastet.

Dagegen sind die Geschenke an die Elite in Wirtschaft und Gesellschaft offensichtlich: Die Erbschaftsteuer, die nur für Vermögen von mehr als 5,49 Millionen Dollar anfällt, soll ersatzlos gestrichen werden. Donald Trump verkaufte die Abschaffung der “Todessteuer” bei seinem Auftritt trotzdem als große Erleichterung für die anwesenden Landwirte. Steuern auf Auslandsgewinne multinationaler Konzerne sollen wegfallen, bisherige Gewinne zum Discounttarif in der Heimat versteuert werden können. Nachlässe auf die Gewinne von Hedgefonds bleiben erhalten, Firmen, die wegen ihrer rechtlichen Struktur bislang nach dem höheren Einkommenssteuergesetz belastet werden, können in Zukunft mit einem freundlichen Pauschalsatz von 25 Prozent rechnen. “Statt kleiner Geschäfte profitieren Hedgefonds-Manager und Immobilienmogule wie Donald Trump”, fasst es Clemente zusammen.

Wer soll das bezahlen?

Unklar ist auch, wie das Paket finanziert werden soll. Die Republikaner rechnen im besten Fall mit einer zusätzlichen Haushaltsbelastung von 1,5 Billionen Dollar über die kommenden zehn Jahre. Dafür muss an anderer Stelle gestrichen werden: Die Bewohner von – vornehmlich demokratischen – Bundesstaaten mit hohen Steuersätzen, wie etwa New York oder Kalifornien, sollen nach dem Plan die Möglichkeit verlieren, ihre Steuerbelastung auf nationaler Ebene herunterzurechnen. Die “hanebüchenen Kosten” des Programms, glaubt Clemente, würden auch zu Kürzungen bei den Sozialleistungen und im Bildungssektor führen – und so genau jene Amerikaner treffen, denen eine bessere Zukunft versprochen werde.

Dass Steuersenkungen eben kein doch kein miracle sind, musste inzwischen auch Indiana feststellen: Für das laufende Jahr beschloss der Bundesstaat eine deutlich höhere Benzinsteuer, weil es an Geldern für dringende Infrastrukturprojekte fehlte.

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