Children Protect the Children

 

 

<--

Plötzlich ist da ein Riss im Ritual. Ein Abweichen von der grauenhaften Routine, mit der Amerika sonst auf jeden neuen Amoklauf reagiert. Wann immer Menschen hingemetzelt werden in den USA, gibt es Gebete für die Opfer und ihre Angehörigen. Es gibt Appelle, die zu nichts führen. Und den zynischen Ruf der Waffenlobby, nicht weniger Schusswaffen seien die Lösung, sondern mehr, vorzugsweise in der Hand von Lehrern.

Es hat dieses Bewältigungstheater auch nach dem jüngsten Massenmord in Parkland, Florida, gegeben. 17 Schüler und Lehrer sind dort erschossen worden, auf den Fluren ihrer Schule, mit einem legal erworbenen Sturmgewehr. Und doch könnte diesmal etwas anders sein.

Nicht so sehr, weil US-Präsident Donald Trump vorsichtige Änderungen im Waffenrecht erwägen will, Reformen allerdings, die sogar die Waffenlobby NRA befürwortet.

Neu ist, und ein Grund zu leiser Hoffnung, dass die überlebenden Schüler selbst ihre Stimme erheben. Sie sind schockiert und entschlossen. Angetrieben von dem Selbstekel, dass dieses Land unfähig ist, seine eigenen Kinder zu beschützen.

Und sie haben mit der 18-jährigen Emma González eine charismatische Stimme. Die junge Frau mit den kurz rasierten Haaren hat gleich nach dem Massaker an ihrer Schule gesagt, dies werde der letzte Amoklauf in Amerika gewesen sein. Woher sie das wisse? Weil ihre Freunde und sie sich jetzt selbst darum kümmern wollten, die Gesetze zu ändern. Am 24. März soll es in Washington eine Demo von Jugendlichen geben.

DIE ZEIT 9/2018

Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 09/2018. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.

Auch im US-Bundesstaat Connecticut gab es 2012 einen Amoklauf an einer Schule, dort starben 20 Kinder und sechs Erzieher. Auch dort blieb es nicht bei Gebeten. Bald nach der Tat verschärfte der Bundesstaat seine Waffengesetze. Und seither hat sich in Connecticut die Zahl der Toten, die durch Schusswaffen ums Leben gekommen sind, halbiert.

Mag sein, dass der Aufschrei von Emma González und ihren Freunden verhallt. Mag sein, dass Zynismus und Geld wieder einmal über den Schmerz der Opfer triumphieren. Die Hoffnung ist schon so oft gestorben.

Und doch steht fest: Irgendein Schulmassaker wird das letzte sein. Sogar in Amerika.

About this publication