Gary Cohn hat sich in letzter Sekunde aus dem Abenteuer Trump verabschiedet. Die EU hat diese Wahl nicht: Sie muss sich dem Präsidenten entgegenstellen, und nicht nur mit Worten.
Für Gary Cohn war es höchste Zeit. Der Wirtschaftsberater von Präsident Donald Trump hat den Machtkampf im Weißen Haus um Freihandel und Zölle verloren und zieht daraus die einzig mögliche Konsequenz: den Rücktritt. Cohn, der auf eine respektable Karriere an der Wall Street zurückblickt, schafft es so wohl im letzen Moment, sich aus dem Abenteuer Trump ohne größeren Schaden für sein Ansehen zu verabschieden. Niemand hätte es verstanden, wenn der Profi Cohn den unsinnigen Zöllen auf Stahl und Aluminium zugestimmt hätte.
Für den Rest der Welt, besonders für die engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten, ist Cohns Rücktritt eine Katastrophe. Einer der letzten Erwachsenen verlässt das Weiße Haus. Die Handelspolitik bestimmen dort nun der Pop-Ökonom Peter Navarro und der Unternehmer und Freihandelsgegner Wilbur Ross als Wirtschaftsminister. Der Handelsbeauftragte Robert E. Lighthizer lehnt nach Berichten amerikanischer Medien zwar die neuen Zölle ab, ist aber nicht bereit, für seine Überzeugungen zu kämpfen. Niemand mehr widerspricht Trumps grotesker Twitter-Weisheit, wonach Handelskriege “gut und leicht zu gewinnen” sind.
Den Partnern der USA, Kanadiern, Mexikanern und Europäern, bleibt gar nichts anderes übrig, als sich darauf einzustellen, dass sich die einstige westliche Führungsmacht aus der liberalen Weltwirtschaft verabschiedet hat, hoffentlich nur vorerst. Was “America First” bedeutet – jetzt wird es sonnenklar; es ist die Rückkehr des knallharten Protektionismus, von dem man dachte, er befände sich längst auf der Müllhalde der Geschichte.
Die EU muss sich Trumps Torheit entgegenstellen
Auch die EU und besonders Deutschland müssen auf diese Entwicklung reagieren, ob sie nun wollen oder nicht. Die Bundesregierung und viele Manager aus der deutschen Wirtschaft wollen einen Handelskrieg dadurch vermeiden, dass die EU auf Trumps Zölle nicht mit Vergeltung, sondern mit Gesprächen antwortet. Das könnte sich als frommer Wunsch erweisen.
Nach Cohns Abgang gehen den Europäern im Weißen Haus die Gesprächspartner aus. Wenn die Regierung in Washington kein Interesse an der liberalen Handelsordnung mehr hat, dann ist es nicht sehr sinnvoll, Trumps Rüpeleien hinzunehmen, nur um zu verhindern, dass er in Zukunft noch mehr rüpelt. An der Absicht, dies zu tun, lässt er ja keinen Zweifel, wie seine Drohung mit Strafzöllen auf Autos beweist. Sicher, die EU sollte den Streit nicht ihrerseits eskalieren. Aber sie muss sich Trumps Torheit entgegenstellen, und dies nicht nur mit Worten.
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