Donald Trumps überschwängliches Lob für Diktator Kim Jong Un stößt in den USA auf Befremden.
Wenige Stunden nach seinem Abflug griff Donald Trump zum Handy. Doch anders als nach dem G7-Gipfel in Kanada fand der US-Präsident dieses Mal nur freundliche Worte für seinen Gesprächspartner: „Danke, Chairman Kim“, twitterte er, „unsere Zusammenkunft war historisch.“ Der Kontrast zu seiner Botschaft vom vorigen Samstag, als er den kanadischen Premierminister Justin Trudeau aus der Air Force One „sehr unehrlich und schwach“ schimpfte, könnte kaum größer sein.
Den ganzen Dienstag lang wurden die Amerikaner mit Bildern des Gipfels von Singapur überflutet. Immer wieder sah man Auszüge aus Trumps einstündiger Pressekonferenz. Seinem Lieblingssender Fox gab er ein Exklusivinterview. Und die Elogen auf den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un hörten nicht auf. „Ehrlich und direkt“ sei der 34-Jährige, lobte Trump, dazu „unterhaltsam und strategisch“. Er schwärmte von seiner „großartigen Beziehung“ zu dem Machthaber und urteilte: „Er ist klug, er liebt sein Volk und liebt sein Land.“
Der Führer eines der repressivsten Regime der Welt als ehrenwerter Sympathieträger, der Premierminister des demokratischen Nachbarlandes als Verräter, der – so formulierte es Trumps enger Vertrauter Larry Kudlow – „uns in den Rücken gestochen hat“? Diese paradoxe Rollenzuweisung geht einzelnen Republikanern zu weit. „Man kann Justin und Kim nicht vergleichen“, widersprach Susan Collins, die Senatorin von Maine: „Der Präsident sollte unseren engsten Verbündeten und größten Handelspartner nicht so verärgern.“ Doch ansonsten blieb der konservative Protest eher leise.
Offenbar hat sich die amerikanische Öffentlichkeit schon an die inflationäre Verwendung von Schmeicheleien und Superlativen durch ihren Präsidenten gewöhnt. Immerhin hatte er vor kurzem auch Trudeau einen „großen Freund, Nachbarn und Verbündeten“ genannt. Wie sich nun zeigt, ist die Halbwertzeit solcher Komplimente extrem kurz.
„Solche Äußerungen sollen nicht die Realität beschreiben, sondern ganz bestimmte taktische Ziele erreichen“, analysiert Ex-CIA-Direktor Michael Hayden. Trump will die europäischen Partner zu einer veränderten Handelspolitik nötigen. Nachdem das Zuckerbrot seines anfänglichen Werbens nicht funktionierte, holt er nun die Zoll-Peitsche heraus. „Es gibt Länder, die uns ausnutzen“, klagte er auch in Singapur und beschwerte sich über Deutschland: „Sie kaufen nicht viel von uns, und trotzdem senden sie uns Millionen von ihren Mercedes und BMW.“
Das klingt nach einer bizarren Form von enttäuschter Liebe. Tatsächlich treffen sich in Trumps extremen Schmeicheleien zwei Seiten seiner Persönlichkeit: der Immobilienentwickler und der Narzisst. Der Präsident will etwas verkaufen und mit dem Verkaufserfolg zugleich sein Genie beweisen. Immer wieder hat er geprahlt, niemand vor ihm sei es gelungen, Kim Jong Un zu treffen. „Bin ich wieder auf dem Cover?“, fragte er während der Pressekonferenz den Korrespondenten des Magazins „Time“: „Mein lieber Mann, hatte ich schon viele Titelgeschichten!“
Einen skurrilen Höhepunkt erreichte die Melange aus Süßholzraspeln und Selbstlob in einem vier Minuten langen Werbevideo, das Trump eigens für das Treffen mit Kim produzieren ließ. Der Trailer im kitschigsten Hollywood-Stil zeigt Schwarz-Weiß-Bilder vom tristen nordkoreanischen Alltag, die mit bunten Zukunftsvisionen von Traumstädten und Hochgeschwindigkeitszügen kontrastiert werden. „Zwei Männer, zwei Führer, ein Schicksal“,
Trump wirbt im Hollywoodstil um Kim
Solche Propaganda kennt man sonst nur von autokratischen Regimen. Und tatsächlich hält Trump höchstes Lob für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und eben Kim bereit. Dass in Nordkorea laut Amnesty International „fast jeder Aspekt der Menschenrechte verletzt“ wird, wischt er beiseite: „An vielen Plätzen ist es rau. Nicht nur hier.“ Ganz ähnlich hatte er die Neonazi-Ausschreitungen von Charlottesville kleingeredet: „Es gibt auf beiden Seiten gute Leute.
So ist unter Trump die einstige moralische Überheblichkeit der USA einem grenzenlosen Relativismus gewichen. „Trump kommt tatsächlich weit besser mit Kim Jong Un aus als mit unseren engsten Verbündeten Angela Merkel und Justin Trudeau“, empört sich Tony Schwartz, der einst als Ghostwriter für den Milliardär dessen Buch „Die Kunst des Erfolges“ schrieb und inzwischen zu seinen erbitterten Gegnern wurde: „Wir werden zunehmend zu einem Schurkenstaat.“
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