Trump’s Serious Strategic Error

 

 

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Aufkündigung des INF-AbrüstungsvertragsTrumps schwerer strategischer Fehler

Die USA wollen aus den Verträgen über nukleare Mittelstreckenraketen aussteigen, allerdings ohne ein alternatives Druckszenario aufzubauen. Das komme Russlands Präsident Putin entgegen, kommentiert Marcus Pindur. Der habe jetzt die beste Ausrede, sich auch nicht mehr an den INF-Vertrag gebunden zu fühlen.

Von Marcus Pindur

Der Konflikt hat sich seit Jahren angekündigt. Bereits 2014 hatte die Obama-Administration gerügt, dass Russland entgegen den Bestimmungen des INF-Vertrages einen Mittelstrecken-Marschflugkörper teste. Doch die Obama-Administration stieß in Moskau auf Granit.

Stattdessen kamen an den Haaren herbeigezogene russische Gegenanschuldigungen. Die USA könnten die Raketenabwehrstellungen in Polen und Rumänien dazu missbrauchen, von dort Cruise Missiles abzufeuern. Das stelle auch eine Verletzung des INF-Vertrages dar.

Das ist blanker Unsinn. Denn dann könnte man auch argumentieren, dass alle US-Stützpunkte in Europa als potenzielle Cruise-Missile-Stellungen dienen und somit dem Abkommen widersprechen würden.

Klarheit gäbe es durch regelmäßige Inspektionen

Ganz abgesehen davon hätte man diese vorgeblichen Ängste Putins durch regelmäßige Inspektionen aus der Welt schaffen können. Daran war das Putin-Regime aber offensichtlich gar nicht interessiert. Entsprechende Angebote wurden nie beantwortet.

Von hohen amerikanischen Beamten ist zu hören, dass mittlerweile zwei russische Cruise Missile-Bataillone mit jeweils 24 Marschflugkörpern einsatzbereit seien – was eine klare Verletzung des INF-Vertrages wäre. Auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg und die Verbündeten zeigten sich beim Treffen der Verteidigungsminister vor vier Wochen besorgt.

Das Problem ist also weit älter als die Trump-Administration und es reicht weit über die USA und über die Kategorie der nuklearen Mittelstreckenwaffen hinaus.

Fest steht: Das Problem ist real und nicht wegzudiskutieren. Auch der ehemalige, von Obama eingesetzte NATO-Oberkommandierende General James Breedlove erklärte, eine solche Vertragsverletzung könne nicht ohne Antwort bleiben.

„Krasser diplomatischer Fehler“: INF-Ausstieg ohne Alternative

Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er auf ein legitimes Anliegen nicht mit einer untauglichen, brachialen „America First“-Antwort reagieren würde. Den Vertrag jetzt zu kündigen, ohne eine politische Alternative zu haben, ist ein krasser diplomatischer Fehler. Übrigens auch nach Ansicht Richard Burts, des ehemaligen amerikanischen Botschafters in Deutschland, seines Zeichens Republikaner und enger Beraters Ronald Reagans.

Das Problem hat darüber hinaus eine globale Komponente. China wurde von Trump bereits im Wahlkampf als Hauptgegner auf allen Feldern identifiziert. Die asiatische Großmacht betreibt in der Tat seit Jahren eine aggressive Aufrüstungspolitik, zu der auch der Bau von atomaren Mittelstreckenwaffen gehört. Nach Ansicht des zitierten Generals Breedlove könnten die USA die Abschreckung gegenüber China aber ohne Weiteres mit See- und luftgestützten Cruise Missiles herstellen.

Trumps TPP-Kündigung „ohne Not“

Nicht nur das: Trump hat ohne Not den Handelsvertrag TPP gekündigt, das Transpazifische Partnerschaftsabkommen, an dem alle Nachbarstaaten Chinas beteiligt sind. Er hätte eine Komponente einer umfassenden Eindämmung Chinas sein können. An diesem Punkt zeigt sich schon die Widersprüchlichkeit und Ineffizienz der „America First“-Strategie.

Wer in der Tat durch das INF-Abkommen in ein zunehmendes Sicherheitsdilemma gegenüber China geraten ist, ist Putin. Denn das INF-Abkommen verbietet die Stationierung landgestützter Mittelstreckenraketen, mit denen er die zunehmenden chinesischen Waffen der gleichen Art hätte ausbalancieren können.

Aber anstatt Verhandlungen zu suchen, entschied sich Putin für den Betrug. Er baute Mittelstreckenraketen und leugnete dies gleichzeitig.

Die beste Ausrede für Putin

Trump hätte Putin unter Druck setzen können. Man hätte weitere Wirtschaftssanktionen gegen Moskau beschließen können. Man hätte die Raketenabwehr in Europa erweitern können. Und man hätte die NATO-Mission der Europäischen Rückversicherungsinitiative (ERI) in Polen und den baltischen Staaten ausbauen können.

Und während man all dies täte, könnte man den diplomatischen Druck auf Putin erhöhen, mit dem Ziel, ihn an den Verhandlungstisch zu führen. Aber das würde eine beharrliche, langfristige Bündnispolitik der USA voraussetzen, mühselige Absprachen mit den europäischen Partnern, die weder Trump noch sein Sicherheitsberater Bolton in ihrer ideologischen „America-First“-Verbohrtheit wollen.

Den INF-Vertrag zu kündigen, ohne ein glaubwürdiges alternatives Druckszenario aufzubauen, kommt Putin entgegen: Er hat jetzt die beste Ausrede, sich auch nicht mehr an den INF-Vertrag gebunden zu fühlen und auch nicht weiter in Verhandlungen treten zu müssen. „America First“ nutzt weder Amerika noch seinen Verbündeten. Sondern in erster Linie Putin.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

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