Facebook schleust eine App, die Nutzer durchleuchten soll, an Apples Kontrollen vorbei. Doch so offensichtlich gestört das Verhältnis der beiden Konzerne auch sein mag – sie sind aufeinander angewiesen.
Eine bis vor wenigen Stunden weitgehend unbedeutende und unbekannte App illustriert perfekt das angespannte Verhältnis zwischen Facebook und Apple.
Mit seiner “Research”-Anwendung wollte Facebook genaue Einblicke in das Smartphone-Nutzungsverhalten von Freiwilligen zwischen 13 und 35 Jahren erhalten und diese dafür bezahlen. Doch die Umsetzung des Projekts legt nahe, dass Facebook mit Widerstand von Apple gerechnet hat.
Erstens ähnelt der Code der App sehr stark jenem der Anwendung Onavo, die ebenfalls Facebook gehört und die Apple im vergangenen Jahr wegen Verstößen gegen seine Datenschutzrichtlinien aus dem App Store verbannte. Zweitens wurde die “Research”-App nur über Anbieter von Betatest-Diensten, also nicht über den App Store, verbreitet. Wobei ausgerechnet Apples eigener Betatest-Dienst TestFlight nicht darunter war.
Diese Methode, Apps zu installieren, wird als Sideload bezeichnet. Indem Facebook den Umweg über die Betatest-Dienste wählte, umging der Konzern die sonst obligatorische Kontrolle jeder neuen Anwendung durch Apple.
Und drittens teilte Facebook,nachdem “TechCrunch” den Prozess öffentlich gemacht hatte, sehr schnell mit, die App nicht länger für iOS-Geräte anzubieten. Zumindest in der Außendarstellung ist Facebook damit einem weiteren peinlichen Rausschmiss aus dem App Store zuvorgekommen. (Apple hat erst einige Stunden später bekannt gegeben, das für die App nötige Zertifikat zurückgezogen zu haben, was Facebook nun angeblich vor interne Probleme stellt, nach außen aber nicht sichtbar ist.)
Ohne Facebooks Dienste wäre das iPhone nur ein Stück Manager-Ausrüstung
Weitere Konsequenzen hat Facebook nicht ernsthaft befürchten müssen, und Apple hat in seinem Statement auch nichts dergleichen angedeutet. Denn auch wenn Apple-CEO Tim Cook zuletzt mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, wie herzlich wenig er für Facebooks Umgang mit Nutzerdaten übrig hat: Die beiden Unternehmen brauchen sich gegenseitig, ob es ihnen gefällt oder nicht.
Facebooks Software hätte die menschliche Kommunikation und Kultur ohne das iPhone (und dessen Einfluss auf die Smartphone-Entwicklung) nicht global verändern können. Noch heute ist das iPhone das weltweit wichtigste Einzelgerät des mobilen Internets, obwohl es ein elitäres Produkt ist. Apples Hardware wiederum wäre ohne Dienste wie Facebook, Instagram und WhatsApp kein Lifestyleprodukt geworden, sondern höchstens ein Manager-Ausrüstungsgegenstand – so wie früher ein Blackberry.
Kein Wunder also, dass Facebook seine “Research”-App unbedingt auch unter iOS-Nutzern verbreiten wollte. Bezeichnend ist, dass es sich dabei geradezu vor Apple versteckte. Ebenso bezeichnend ist die schmallippige Reaktion von Apple auf die Angelegenheit: Die beiden Unternehmen bleiben einander in Hassliebe verbunden.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, Apples “unüberhörbares öffentliches Schweigen” sei bezeichnend. Mittlerweile hat sich Apple in einem vierzeiligen Statement geäußert, der Artikel wurde entsprechend angepasst.
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