Rede vor US-Kongress: Der wahre Trump wird wieder twittern
Mit einer Rede kann US-Präsident Trump verspieltes Vertrauen nicht wiederherstellen. Doch sowohl er als auch die Demokraten müssen aufhören, Kompromisse als Schwäche zu betrachten.
Ein Kommentar von Martin Ganslmeier, ARD-Studio Washington
Trump werde seine Rede für ein starkes Signal der überparteilichen Zusammenarbeit nutzen, hatte das Weiße Haus versprochen. Was dann tatsächlich von Trump zu hören war, glich eher einer ausgestreckten Hand mit anschließendem Tritt vors Schienbein.
Trump wollte nicht darauf verzichten, vor einem Millionen-Fernsehpublikum erneut für seine Mauer zu werben. In düsteren Farben warnte er vor den Gefahren offener Grenzen und beharrte trotzig darauf, dass er die Mauer doch gebaut bekommt.
Der Teleprompter-Trump ist nicht der wahre
Der Aufruf zur Zusammenarbeit wirkte dadurch wenig glaubwürdig, zumal Trump noch immer mit der Ausrufung des Nationalen Notstandes droht, um die Mauer im Alleingang ohne Kongress zu bauen.
Wieder einmal wurde das Dilemma des US-Präsidenten deutlich: Auch mit einer halbwegs gelungenen Sonntagsrede kann Trump das in zwei Jahren verspielte Vertrauen nicht einfach wiederherstellen.
Zumal mittlerweile die meisten Amerikaner wissen, dass der Teleprompter-Trump nicht der wahre Trump ist, sondern der Twitter-Trump. Und der wird vermutlich bereits in einigen Stunden wieder wütende Tweets verschicken.
Demokraten müssen dennoch aufpassen
Dennoch müssen die Demokraten aufpassen. Angefeuert von ihrer nach links driftenden Basis wollen viele Trump mit Fundamentalopposition ausbremsen.
Mit ihrer neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus haben die Demokraten vom Wähler jedoch auch Regierungsverantwortung übertragen bekommen. Wenn sie dem Präsidenten jegliche Zusammenarbeit verweigern, dann werden sie dafür 2020 von den Wählern abgestraft.
Letztlich müssen beide Seiten aufhören, Kompromisse als Schwäche zu betrachten. Die Lage der Nation ist schlecht, wenn in der Politik die pragmatische Mitte wegbricht.
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