Donald Trump gibt sich in seiner Rede zur Lage der Nation versöhnlich und kämpferisch zugleich. Er will stark wirken. In Wirklichkeit steckt er in vielerlei Hinsicht in der Klemme. Trump ist ein Präsident auf Bewährung, dessen politisches Schicksal längst in den Händen von anderen liegt. Selten wurde das so deutlich wie in dieser “State of the Union”.
Trump drohen immer neue Ermittlungen im Kongress, die Russlandaffäre überschattet seine Präsidentschaft, aber da sind auch mögliche Verstöße gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung. Trump brachte das Thema explizit auf und warnte die Demokraten indirekt vor einem “Krieg”, wenn sie die “parteilichen Ermittlungen” vorantreiben wollten. Das zeigt, der Präsident hat Angst.
Er muss nicht nur die Demokraten oder Robert Mueller, sondern auch die eigenen Leute fürchten. Wenn seine Popularitätswerte weiter fallen, wenn die ganze Partei in seinem Affärensumpf zu versinken droht, werden sich die Republikaner von ihm trennen. Noch klatschen sie laut für ihn. Doch das heißt gar nichts. Auch Richard Nixon war bei den eigenen Leuten populär, verlor dann aber jede Unterstützung, als seine Vergehen immer deutlicher wurden.
Dann ist da die Sache mit den Wahlversprechen. Mit seinem erratischen, konfusen, uninformierten Regierungsstil hat Trump die Kontrolle über seine politische Agenda Stück für Stück verloren. Alles, was er bislang politisch umsetzen konnte, waren die Pläne der Republikaner im Kongress – die Steuersenkungen, die Ernennung der konservativen Richter. Seine eigenen großen Ideen, wie die Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Handelsdeals und der Rückzug aus Kriegen wie in Syrien, sie alle kommen nicht voran. Die Mauer, sein wichtigstes Projekt, droht nun sogar grandios zu scheitern – oder zu einem Mini-Mäuerchen zu schrumpfen.
Das liegt nicht nur an den Demokraten, sondern auch an Trumps eigenen Leuten: Sie legen Trump im Senat inzwischen fast genauso viele Steine in den Weg wie die Opposition. Entweder halten sie Trumps Pläne schlicht für falsch oder für verantwortungslos. Sie sagen es nur nicht so laut.
So ist Trump im beginnenden dritten Jahr seiner Präsidentschaft auf Gedeih und Verderb von anderen abhängig. Nancy Pelosi bei den Demokraten im Repräsentantenhaus und die Republikaner im Senat um Mitch McConnell werden entscheiden, ob er seine Mauer bekommt oder nicht. Sie werden festlegen, wie es in der Außenpolitik weitergeht. Sie werden am Ende die Handelsdeals absegnen. Oder auch nicht.
Und sie entscheiden, ob Trump den nächsten Wahlkampf noch als Präsident erleben wird.
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.