Mit seiner Politik an der Grenze zu Mexiko verrät Trump die Werte der Einwanderungsnation USA. Leidtragende sind Kinder, die ohne Matratzen, ohne Schutz und oft auch ohne ihre Familie eingesperrt werden.
Das ist Donald Trumps Amerika: Traumatisierte Kinder, die auf dem Betonboden schlafen. Kinder, die keine Seife erhalten, keine Zahnbürste, keine Windeln. Kinder, die über Wochen in Zellen gesperrt werden, in denen sie von Gesetzes wegen nicht länger als 72 Stunden sein dürften, und die nicht einmal Kontakt zu ihren Familien haben. Kranke Kinder, schmutzige Kinder, schutzlose Kinder.
Die Zustände in einem Auffanglager für Migranten an der Grenze, die eine Gruppe Anwälte dokumentiert hat, sind desaströs, sie sind erbärmlich. Und sie sind das wahrscheinlich größte Versagen dieser US-Regierung.
Selbst für eine fähigere Administration wäre der Strom an Einwanderern schwer zu bewältigen. Aber sie würde es wohl menschenwürdiger versuchen. Seit Monaten machen sich die Menschen aus den von Gewalt und Armut geplagten Ländern Zentralamerikas auf den Weg in den Norden. Im Mai überquerten 144 000 Menschen illegal die US-Grenze.
Das US-Repräsentantenhaus reagiert auf die Krise und stellt 4,5 Milliarden Dollar für Geflüchtete zur Verfügung. Offenbar sind mehr als hundert Kinder in das umstrittene Grenzlager zurückgebracht worden.
Und alles, was Trumps überforderte Behörden unternehmen, macht die Lage noch schlimmer. Das hat damit zu tun, dass dieser Präsident auf alle Migrationsfragen nur eine Antwort kennt: Abschreckung.
So erklärt sich, warum die USA an ihrer Südgrenze faktisch das Asylrecht ausgesetzt haben. Sie zwingen die Migranten, in Mexiko auszuharren, während sie auf die Bearbeitung ihrer Gesuche warten. Dass dies viele von ihnen nicht davon abhält, einen illegalen Grenzübertritt zu riskieren, zeigt das traurige Bild der toten Migrantenfamilie aus El Salvador, das nun um die Welt geht.
Óscar Alberto Martínez Ramírez und seine 23 Monate alte Tochter wollten nach Amerika – und ertranken im Wasser des Rio Grande. Der Vater hatte den Arm um seine Tochter gelegt, versuchte sie zu retten. Vergeblich. Zwei Tote als Symbol einer gescheiterten Einwanderungspolitik.
Teil von Trumps System der Abschreckung ist immer noch, dass viele Kinder von ihren Familien getrennt werden, wenn sie die USA erreichen – auch wenn diese Politik vergangenen Sommer offiziell aufgehoben wurde. Von den Behörden werden die Kinder von einem Zentrum ins nächste verschoben, und wenn sich in den USA lebende Familienmitglieder melden, um die Kinder abzuholen, laufen sie Gefahr, als Illegale abgeschoben zu werden.
Die Sicherheitskrise ist ein Phantom, die humanitäre Krise gibt es
Teil der Abschreckung ist, dass Trump an den zuständigen Stellen seiner Regierung einen Hardliner nach dem anderen einsetzt. Hinzu kommen die Drohungen, die Trump ausstößt, wenn er Massendeportationen von papierlosen Ausländern ankündigt, die oft schon seit Jahren in den USA leben.
Die Zahl der ankommenden Einwanderer hat all dies nicht verringert. Längst ist klar, dass die von Trump heraufbeschworene Sicherheitskrise an der Grenze ein Phantom ist – dass es aber eine humanitäre Krise gibt, die immer dringlicher wird. Eine Mitverantwortung trägt dafür der Kongress, in dem Demokraten und Republikaner in beiden Kammern bisher nicht willens waren, sich auf ein gemeinsames Migrationspaket zu einigen, das mehr Mittel für die Unterbringung enthält.
Dabei machen in erster Linie Trumps radikalisierte Einwanderungspolitik und seine vergiftete Rhetorik Kompromisse in dieser Frage überhaupt so schwierig. Trump verrät die Werte der Einwanderungsnation USA. Seine Politik produziert ausschließlich Verlierer. Das Land, die Migranten, ihre misshandelten Kinder.
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