US Wants To Get a Taliban Deal off the Ground

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Am Samstag jährte sich in Afghanistan der Abzug der Sowjettruppen, die das Land von 1979 bis 1989 besetzt hatten, zum 31. Mal: Und bei der Sicherheitskonferenz in München bestätigte US-Verteidigungsminister Mark Esper einen bevorstehenden Deal mit den Taliban, der seinerseits den USA den Weg aus einem mittlerweile 18 Jahre dauernden Krieg ebnen soll.

Der in München kolportierte Plan sieht so aus: Zuerst kommt die Verkündung einer sieben Tage dauernden Phase der “Gewaltreduktion”, und wenn diese hält, beginnt die Bekräftigung und Umsetzung eines “Friedensabkommens” – ein großes Wort für einen langen und riskanten Prozess. Die “New York Times” spekuliert, dass der Zeitplan ermöglichen könnte, dass US-Präsident Donald Trump selbst, der in einer Woche nach Indien reist, einen Abstecher auf eine US-Militärbasis in Afghanistan machen könnte, um den Deal zu unterzeichnen.

Dessen Kernelemente sind die graduelle Reduktion der US-Truppen, erst einmal von etwa 12.000 auf 8600 innerhalb von 135 Tagen: wie bestellt für den US-Präsidentschaftswahlkampf von Trump. Ein US-kontrollierter Friedensprozess würde aber auch eine Schwächung des Einflusses des Iran bedeuten: 2001 half er den USA, die Taliban zu stürzen. Aber besonders nach dem neuen Zerwürfnis mit den USA unter Präsident Donald Trump unterstützt Teheran in Afghanistan alle US- und regierungsfeindlichen Kräfte.

Taliban als Antiterrorwächter

Die Taliban ihrerseits verpflichten sich, keine Terrorgruppen zu beherbergen, wie sie es vor 2001 getan haben. Das heißt, die Taliban, von Washington jahrelang mit Al-Kaida gleichgesetzt, sind zu politischen Akteuren und Antiterrorwächtern, etwa gegen den “Islamischen Staat”, avanciert.

Es mag pragmatisch gesehen der einzig mögliche Exit aus einem Krieg sein, der nach Ansicht der meisten Experten nicht gewonnen werden kann: Für jene Afghaninnen und Afghanen, die unter dem aggressiven Islam der Taliban gelitten haben, bleibt die Vorstellung schrecklich. Bitter ist sie wohl auch für jene Familien – etwa in Deutschland – , die für die US-geführte Koalition kämpfende Angehörige verloren haben. Im Diskurs der US-Regierung darüber fehlt dieser Aspekt völlig.

Auch die Medien haben sich angewöhnt, darüber wie über die normalste Sache der Welt zu berichten. Einer der Taliban-Verhandler etwa, Khairullah Khairkhwa, war jahrelang in Guantanamo in Haft, von wo er erst 2014 durch einen Gefangenenaustausch – für den entführten, zuvor desertierten US-Soldaten Bowe Bergdahl – freikam. Andere Taliban, wie auch Verhandlungsführer Mullah Abdelghani Baradar, sind den USA schon aus der Zeit vor 1989, als die USA die islamistischen Mujahedin gegen die Sowjettruppen unterstützt haben, bekannt.

Zerstrittene Regierung

In Afghanistan sollen nach Unterzeichnung des Deals innerhalb von zehn Tagen Friedensgespräche zwischen den Taliban und der jetzigen Regierung beginnen, die auf eine Machtteilung hinauslaufen: Präsident Ashraf Ghani steht diesen Verhandlungen, nachdem er zumindest formal durch seinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst gestärkt worden ist, nicht mehr so ablehnend gegenüber wie früher. Allerdings dürfte sich die Aufstellung einer geeinten Regierungsdelegation als schwierig erweisen: Die politische Elite, die Afghanistan jetzt regiert, ist stark fragmentiert und zerstritten.

Auch die Taliban selbst müssen jedoch ihren Leuten den Deal erst verkaufen: Die siebentägige “Gewaltreduktion” soll auch ein Test dafür sein, ob die Taliban-Führung, die im katarischen Doha mit US-Sondergesandtem Zalmay Khalilzad verhandelt hat, wirklich alles unter Kontrolle hat.

Die siebentägige Testzeit läuft deshalb nicht unter dem Titel “Waffenruhe”, weil sie nicht umfassend gilt. So haben die Taliban zugesagt, neben Zivilbevölkerung und öffentlichen Gebäuden auch keine Hauptstraßen anzugreifen. Aber sie haben den Vorbehalt durchgesetzt, dass dies nicht gilt, wenn die afghanische Armee die Feuerpause dazu nützt, über diese Straßen Truppen in umstrittene Gebiete zu bringen.

Dem Wochenende vorangegangen waren Luftangriff auf Zivilisten in der östlichen Provinz Nangarhar mit mindestens acht Toten, für die die Taliban verantwortlich gemacht werden, ein tödlicher Luftangriff auf einen Taliban-Kommandanten in der nördlichen Provinz Barkh und ein Taliban-Angriff in der Provinz Kunduz, bei dem acht afghanische Soldaten getötet wurden. 2019 war mit etwa 25.000 Zwischenfällen ein besonders gewalttätiges Jahr in Afghanistan.

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