Trump’s Retaliation

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Trumps Vergeltung

Mit dem Truppenabzug aus Deutschland schadet Washington auch den eigenen Interessen. Siegt wenigstens im Kongress noch die Vernunft?

Auch ein manischer Narziss kann offenbar depressive Phasen haben. Selbst dann hört Donald Trump aber nicht mit dem Übertreiben auf. Dass „niemand“ ihn möge, stimmt schließlich auch nicht. Trotz rückläufiger Popularitätswerte hat er immer noch Millionen Anhänger. Trumps Bemerkung, es könne „nur an meiner Persönlichkeit liegen“, dass ihm die Zuneigung entzogen werde, lässt sich nicht so leicht widerlegen. Seine Politik ist von einzigartigem Geltungsdrang durchzogen. Wer dem Präsidenten schmeichelt, wird belohnt; wer ihm keinen Honig um den Bart schmiert oder gar die Show stiehlt, bestraft.

Zu diesen Vergeltungsmaßnahmen gehört auch der Truppenabzug aus Deutschland – zu einer Zeit, in der Berlin sich darum bemüht, die eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken, wie mit Recht von Trump gefordert. Allerdings kam aus der Sicht des Präsidenten noch etwas Unverzeihliches hinzu: „Angela“, die ihm auch sonst politisch nicht zu Willen ist, gab ihm einen Korb, als er zum G-7-Gipfel einlud, der schöne Bilder für den Wahlkampf geliefert hätte.

Von da an war es Trump offenbar endgültig egal, dass die Schließung von Stützpunkten in Deutschland nicht nur die Gemeinden und Geschäfte treffen wird, die von der Präsenz der amerikanischen Soldaten profitierten. Trump schwächt mit dem Auszug auch die amerikanische Position im Herzen Europas. Er vergrößert damit die Zweifel am Beistand Washingtons. So erzeugt man nicht mehr Sicherheit, sondern weniger.

Und wofür? Bis zur Wahl wird der jetzt alle Register ziehende Präsident seinem Publikum nicht melden können, dass der Um- und Rückzug vollendet sei. Die Aktion wird viel Geld kosten. Hauptquartiere im Umzugswagen sind nur bedingt abwehrbereit. Den Schaden, der mit dieser Aktion in der Nato – bis nach Peking sichtbar – angerichtet wird, erkennen in Washington nicht nur Außen- und Sicherheitspolitiker der Demokraten. Vielleicht siegt im Kongress selbst kurz vor der Wahl doch noch die Vernunft. Dafür würde man auch einen weiteren Ausbruch präsidentiellen Selbstmitleids hinnehmen.

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