In Choosing Kamala Harris, Biden Follows Barack Obama’s Path

<--

Mit der Wahl von Kamala Harris folgt Biden dem Weg Barack Obamas

Viele in den USA feiern die Nominierung der ersten schwarzen Vizepräsidentschaftskandidatin als Sieg der Diversität. Doch sie dürfte eine sehr unbequeme Vizepräsidentin werden. Das birgt eine große Gefahr für Biden.

Obwohl sie nicht unerwartet kam, hat Joe Bidens Entscheidung für Kamala Harris als Vizepräsidentschaftskandidatin größeren Wirbel in den USA ausgelöst als sonst üblich. Schließlich ist sie in vielerlei Hinsicht historisch. Harris ist die erste schwarze Frau, die für diesen Posten vorgeschlagen wurde, und dank ihrer indischen Mutter auch die erste asiatischstämmige Amerikanerin.

Gleichzeitig ist Harris mit einem jüdischen Weißen verheiratet und hat jüdische Stiefkinder. Mehr Diversivität geht eigentlich kaum. Harris, Tochter von Einwanderern aus Jamaika und Indien, steht damit in vielerlei Hinsicht für die hehre Idee von Amerika, die so oft mit der Realität kollidiert. Der Idee einer bunten, multiethnischen Einwanderergesellschaft, in der jeder den Aufstieg nach ganz oben schaffen kann, wenn er oder sie sich nur genug anstrengt.

Ihre Hautfarbe macht Harris zum Symbol einer Zeit, in der Amerika erneut von Fragen der Rassendiskriminierung erschüttert wird und die Linke sich gänzlich mit Identitätspolitik beschäftigt. Dabei geht ein wenig unter, dass Harris sehr viel mehr Qualitäten mitbringt als nur ihre Hautfarbe – und was ihre Wahl über Joe Biden und seinen Charakter aussagt.

Denn tatsächlich dürfte Harris keine bequeme Vizepräsidentin werden, wenn Biden gewinnen sollte. Die ebenso scharfsinnige wie scharfzüngige Ex-Generalstaatsanwältin ist die ambitionierteste Politikerin unter den Frauen, die Biden in die engere Wahl gezogen hatte.

Im Vorwahlkampf hatte sie Biden mit ihren heftigen Attacken bei TV-Duellen in einige Schwierigkeiten gebracht und so dazu beigetragen, dass lange Zeit ein Fragezeichen über Bidens Kandidatur stand.

Harris gilt vielen als die Zukunft der Demokratischen Partei, und sie würde ein Vizepräsidentenamt dazu nutzen, eine eigene Präsidentschaftskandidatur vorzubereiten. Und das birgt die Gefahr für Biden, dass die junge und energiegeladene Frau ihn in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit überstrahlen wird, um das eigene Profil zu schärfen.

All das weiß Biden natürlich, der länger im politischen Geschäft ist als irgendwer sonst in den USA. Und dennoch war er souverän genug, diese starke Frau zu seiner Nummer zwei zu machen. Ein wenig erinnert das an Bidens ehemaligen Boss Barack Obama.

Der hatte mit Biden ebenfalls einen scharfen innenpolitischen Gegner zum Vize gemacht und hatte sich in seiner ersten Amtszeit mit starken Persönlichkeiten umgeben. Obamas erstes Kabinett wurde in Anspielung auf Abraham Lincoln oft als „Team von Rivalen“ bezeichnet. Mit der Nominierung von Harris folgt Biden einem ähnlichen Weg.

Auch charakterlich zeigt sich Biden damit als Kontrastprogramm zu Trump. Der Narzisst im Weißen Haus ist eine irrlichternde, ungefestigte Persönlichkeit. Er kann starke Frauen nicht ausstehen und erträgt es nicht, wenn andere in seiner Regierung im Rampenlicht stehen.

Zu viel Medienaufmerksamkeit ist normalerweise ein Vorbote für führende Regierungsmitglieder, von Trump gefeuert zu werden. Dass Mike Pence erneut als Vizepräsidentschaftskandidat für eine mögliche zweite Amtszeit Trumps ins Rennen geht, hat er vor allem seiner außerordentlichen Fähigkeit zu verdanken, sich stets im Hintergrund zu halten und Trump treu ergeben zu sein.

Biden wird oft als zu alt und nicht inspirierend beschrieben. Aber nach der erratischen Trump-Präsidentschaft braucht Amerika einen Präsidenten, der Ruhe und Souveränität ins Amt bringt. Und wenn die Trump-Präsidentschaft eins gezeigt hat, dann dies: Charakterfragen sind in der Politik sehr viel wichtiger, als wir gemeinhin annehmen. Und je mächtiger das Amt, desto entscheidender ist die Persönlichkeit des Amtsinhabers.

Mit der Wahl von Harris hat Biden nun gezeigt, dass er gefestigt genug ist, um starke Persönlichkeiten – und eine starke Frau – neben sich zu haben. Und das ist schon deutlich mehr, als man über den derzeitigen Amtsinhaber sagen kann.

About this publication