Unfortunately, COVID-19 Experience Has Not Changed Trump

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Die Corona-Erfahrung hat Trump leider nicht verändert

Mit Triumphgehabe kehrt der US-Präsident ins Weiße Haus zurück. Seine Sprecherin behauptet gar, die Infektion gebe Trump einen wichtigen Erfahrungsvorsprung vor Joe Biden. So wird die Pandemie weiter verharmlost.

Im Trump-Corona-Drama der vergangenen Tage gibt es einen einzigen Lichtblick: Der Präsident scheint sich nicht mehr in Lebensgefahr zu befinden, er fühlt sich zumindest gut genug, um ins Weiße Haus zurückzukehren. Das ist die gute Nachricht.

Ansonsten war das Ganze ein einziges Desaster. Angefangen von der Veranstaltung zur Vorstellung von Trumps Verfassungsrichterkandidatin unter Umgehung aller Distanz- und Maskenregeln bis zum Umgang des Weißen Hauses mit der folgenden Infektionskrise und der mangelnden Transparenz über Trumps Krankheitsverlauf bis zu den irritierenden Lehren, die Trump am Montagabend daraus gezogen hat.

Fangen wir mit dem Vorlauf an. All das wäre wahrscheinlich gar nicht passiert, wenn der Präsident die ostentative Ablehnung von Corona-Regeln nicht zu seinem ideologischen Markenzeichen gemacht hätte. Das Weiße Haus vertraute darauf, dass es reicht, Besucher zu testen. Ansonsten war das Innere der Macht eine weitgehend maskenfreie Zone und Abstandsregeln etwas für Weicheier.

Gut zu beobachten war das bei jener Veranstaltung zu Ehren von Amy Coney Barrett, Trumps designierter Kandidatin für den Supreme-Court-Posten der verstorbenen Ruth Bader Ginsburg im Rosengarten des Weißen Hauses am 26. September. Dort saßen die Besucher dicht gedrängt ohne Masken nebeneinander, beim folgenden Empfang gab man sich eifrig Küsschen, ein Bild zeigt etwa Trumps ehemalige Beraterin Kellyanne Conway beim Wangenkuss.

Im Rosengarten wurden acht Menschen infiziert

Conway wurde später positiv auf Corona getestet. Insgesamt wurden acht Menschen infiziert, die an dem Empfang teilnahmen, der inzwischen als Superspreader-Event gilt. Trump, enge Mitarbeiter und politische Weggefährten waren zum Opfer der eigenen Ideologie geworden, wonach Corona gar nicht so schlimm sei und die von der eigenen Seuchenschutzbehörde CDC empfohlenen Schutzmaßnahmen überzogen.

Doch damit fing die Serie an Fehlleistungen erst an. Trumps enge Beraterin Hope Hicks zeigte schon am Mittwoch danach bei einer Wahlkampfveranstaltung in Michigan erste Symptome. Möglicherweise fühlte sich der Präsident auch schon unwohl, schließlich hatte er seine Rede auf die Hälfte der sonst üblichen Zeit gekürzt. Am Donnerstagmittag kam dann das positive Testergebnis für Hicks.

Das hätte eigentlich Anlass sein müssen für den Präsidenten und andere, die im engen Kontakt mit Hicks standen, sich in Quarantäne zu begeben. Stattdessen nahm Trump danach in New Jersey noch an einer Veranstaltung mit Wahlkampfspendern teil. Laut Augenzeugen trat er dort in engen Kontakt mit etwa 100 Menschen und wirkte lethargisch, war also höchstwahrscheinlich schon infektiös und brachte andere Menschen damit willentlich in Gefahr.

Wann lag Trumps Testergebnis tatsächlich vor?

Am späten Abend desselben Tages wurden dann Trump und seine Frau ebenfalls positiv getestet – zumindest wenn man den Aussagen des Weißen Hauses glauben darf. Tatsache ist, dass seine Regierung die Erkrankung von Hicks erst öffentlich gemacht hat, nachdem eine Bloomberg-Reporterin sie enthüllt hatte. Deshalb bleiben Zweifel, ob Trumps positives Testergebnis, welches er am Freitag nach Mitternacht twitterte, intern nicht schon deutlich früher bekannt war.

Nach dem Ausbruch von Corona im Umfeld Trumps hat sich das Weiße Haus als unfähig und unverantwortlich gezeigt. So hat man etwa beschlossen, keine Kontaktnachverfolgung für die Veranstaltung im Rosengarten zu machen. Und auch andere Begegnungen des Präsidenten und infizierter Mitarbeiter wurden kaum oder nur mangelhaft nachverfolgt.

Das gilt auch für die Spendenveranstaltung in New Jersey, für die das Weiße Haus spät unvollständige Kontaktinformationen an die zuständigen Behörden übermittelte. Das ist umso erstaunlicher, weil inzwischen weit über 20 Menschen erkrankt sind, die entweder im Umfeld des Präsidenten arbeiteten oder engen Kontakt mit ihm und seinen Mitarbeitern hatten. Zuletzt hat es etwa Trumps Pressesprecherin Kayleigh McEnany erwischt. Das Weiße Haus, sagen Insider, ähnele inzwischen einer Geisterstadt.

Der Amts- und Regierungssitz des US-Präsidenten ist also zu einer Superspreader-Institution geworden. Und der Umgang mit den Infektionsketten weist im Kleinen denselben Mangel an Verantwortungsbewusstsein auf, den die Trump-Regierung in den vergangenen Monaten im Großen bei der Eindämmung der Corona-Pandemie an den Tag gelegt hat, die inzwischen schon 210.000 Amerikaner das Leben kostete.

Trump brachte viele Menschen in Gefahr

Und dann ist da noch der Präsident selbst. Es ist erschütternd, dass es Trump gänzlich gleich zu sein schien, wen er alles noch anstecken könnte. Statt früh in Quarantäne zu gehen, hat er Mitarbeiter, Unterstützer, Parteifreunde und Spender in Gefahr gebracht. Das gilt auch für die Agenten des Secret Service, die Trump bei seinem PR-Ausflug zu seinen Fans am Sonntag genauso begleiten mussten wie am Montag, als er trotz noch nicht ausgestandener Infektion per Helikopter zurück zum Weißen Haus gebracht werden wollte, wo er dann abermals gefilmt wurde, wie er ohne Maske auf engem Raum mit Angestellten redete. Secret-Service-Agenten sind bereit, wenn nötig ihr Leben für den Präsidenten zu geben. Das bedeutet aber nicht, dass man ihr Leben und ihre Gesundheit ohne Not in Gefahr bringen sollte.

Als Trump erkrankte, sprach CDU-Politiker Friedrich Merz über seine eigene Erfahrung mit Covid-19, die ihn demütiger gemacht habe. Er wünschte sich, dass Trump die Erkrankung ernst nehmen und entsprechend Konsequenzen ziehen werde im Umgang mit Corona. Von Demut und Ernst ist bei Trump jedoch wenig zu entdecken, seit er wie ein Triumphator ins Weiße Haus zurückkehrte.

Stattdessen spielte er das Virus weiter herunter, ganz so, als sei es nur eine Kleinigkeit gewesen, dass er selbst an Atemgeräte angeschlossen werden musste. „Lasst euch nicht davon dominieren“, sagte Trump in einem Twitter-Video über Corona, „habt keine Angst“. Er behauptete gar, es sei ein Ausdruck von Führungsqualität, dass er das Risiko einer Ansteckung eingegangen sei.

Und eine Sprecherin seiner Kampagne stellte es so dar, als sei Trumps Infektion etwas, das ihm einen wichtigen Erfahrungsvorsprung vor seinem Herausforderer Joe Biden gebe. Eine Erkrankung wohlgemerkt, die wahrscheinlich hätte vermieden werden können, wenn Trump verantwortungsvoller gehandelt hätte und er den Empfehlungen seiner eigenen Gesundheitsexperten gefolgt wäre.

Es sieht also nicht so aus, als sei der Präsident durch Erfahrung klug geworden. Und das ist eines der schlechtesten Ergebnisse, die dieses Trump-Corona-Drama haben konnte. Trump muss sich nicht nur vorwerfen lassen, dass seine Regierung kläglich versagt hat bei der Bekämpfung der Pandemie, woran die systematische Verharmlosung durch den Präsidenten großen Anteil hatte.

Er hat mit seiner Positionierung gegen Corona-Regeln und seinem schlechten persönlichen Vorbild auch dafür gesorgt, dass Maskentragen und soziale Distanz zu ideologisch und politisch aufgeladenen Themen wurden und zu einer Art Glaubensbekenntnis. Weshalb die harten Trump-Fans, die inzwischen zu einer politischen Sekte geworden sind, es als Ausdruck ihrer Treue zum Präsidenten sehen, auf Schutzmaßnahmen zu verzichten. Was wiederum die Ausbreitung des Virus begünstigt.

Es gab anfangs die Hoffnung, dass der Schreck der Erkrankung den Präsidenten und seine Fans zum Umdenken bewegen würde. Danach sieht es derzeit jedoch nicht aus. Stattdessen scheint sich Trump nur noch weiter in seiner Verharmlosungsposition einzuigeln. Und das ist keine gute Nachricht für ein Amerika, in dem die Pandemie immer noch auf hohem Niveau wütet.

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