Der Antidemokrat
Donald Trump erklärt sich vorzeitig zum Sieger. Die weitere Auszählung von Hunderttausenden Stimmen will er gerichtlich stoppen lassen. So gerät die Wahl zur Farce.
Die US-Demokratie galt in vielen Staaten dieser Erde lange als das große, leuchtende Vorbild. Vorbei. Dass sich US-Präsident Donald Trump bei der Präsidentenwahl vorzeitig zum Sieger erklärt und seinen politischen Gegnern Betrug unterstellt, obwohl Hunderttausende von Stimmen noch nicht ausgezählt worden sind, ist grotesk, absurd – und antidemokratisch.
Das Recht zu wählen ist in der Demokratie das wichtigste Recht jedes Bürgers. Und jeder Bürger hat das Recht, dass seine Stimme ausgezählt wird. Indem Trump noch in der Wahlnacht so tut, als seien Briefwahlstimmen, die in Staaten wie Pennsylvania oder Michigan abgegeben wurden, in irgendeiner Weise manipuliert, versündigt er sich an diesen Grundprinzipien.
Er hat für seine Behauptungen keinerlei Belege. Stimmenauszählungen dauern nun einmal, besonders in einer Pandemie. Das alles wirkt deshalb wie der Plot eines zweitklassigen Autokraten, der eine Rückfallposition braucht, um eine mögliche Niederlage argumentativ vorwegzunehmen. Man fragt sich: Was soll das? Warum kann der Mann nicht einfach abwarten und auf redliche Weise gewinnen – oder eben verlieren?
Auch wenn alles vor die Hunde geht
Es ist traurig, aber es fügt sich eben auch ins Bild: Trump schert sich nicht um die Einhaltung von Normen, die eine lebendige Demokratie ausmachen. Seit er Präsident ist, zerstört er Stück für Stück das Vertrauen der Menschen in die demokratischen Institutionen seines Landes. Er redet sie schlecht, er wittert überall Verrat und hetzt seine Anhänger auf. Wer nicht für ihn ist, wird von ihm wahlweise zum Betrüger oder zum Staatsfeind erklärt. Erst waren die Medien “fake”, dann waren Mitglieder des Justizapparates “korrupt”, jetzt unterminiert er auch noch den Wahlprozess. So wie es ihm gerade passt. Das ist sein Modus Operandi: Im Zentrum steht dabei immer nur der eigene Erfolg – und wenn dabei alles vor die Hunde geht.
Wer kann diesen Präsidenten noch einhegen? Nun, die gute Nachricht ist: Die Stimmen werden weiter ausgezählt. Dafür sind die Bundesstaaten zuständig. Der Präsident kann erst einmal nichts dagegen tun. Die Demokratie wird in den USA nicht einfach über Nacht abgeschafft. Auch nicht durch eine einzelne Rede.
Trump selbst hat angekündigt, den Obersten Gerichtshof zu bemühen, um die Auszählung der Stimmen stoppen zu lassen. Wie das alles genau funktionieren soll, ist nicht klar. Aber offenbar geht Trump fest davon aus, dass “seine” neue Mehrheit im Supreme Court von sechs zu drei Stimmen ihm recht geben wird.
Es wäre ein Segen für die amerikanische Demokratie, wenn er sich da irrt.
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