We Must Be a Full-Fledged Partner with the USA

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Wir müssen den USA ein vollwertiger Partner sein

Nur an der Seite der USA können Deutschland und Europa es schaffen, die westliche Demokratie neu zu beleben, schreibt der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung im Gastbeitrag. Russland schaffe international Fakten, während die EU zuschaut.

Häufig werde ich auf den Alten Westen angesprochen. In meinem Kopf laufen dann sofort die Bilder von den Rosinenbombern oder von Ronald Reagan vor dem Brandenburger Tor ab. Dieser Westen, Fundament unserer Demokratie und unseres Wohlstandes, ist Geschichte. Das heißt aber nicht, dass der Westen ein Auslaufmodell ist. Im Gegenteil: Schon lange war es nicht mehr so wichtig, sich dem Westen zuzuwenden.

Sehen wir es realistisch: Nach der Wahl von Joe Biden zum 46. US-Präsidenten besteht eine historische Chance. Ohne in Euphorie zu verfallen, stellen wir fest: Biden ist, anders als sein Vorgänger, ein Transatlantiker. Er versteht, dass die USA ihre Macht nur dauerhaft sichern werden, wenn sie im engen Bündnis mit den Wertepartnern in Europa agieren.

Das bedeutet nicht, dass mit Biden alles einfacher wird. Diese Chance ist gleichzeitig auch Test und Verpflichtung für uns. Der Neue Westen wird Deutschland nicht frei Haus und zum Schnäppchenpreis geliefert. Deutschland muss jetzt zeigen, dass es bereit ist, als ökonomische und politische Führungs- und Partnernation in Europa Verantwortung zu übernehmen.

Nur wenn wir es ernst meinen, eine kraftvollere Außenpolitik betreiben und aus dem sicherheitspolitischen Tiefschlaf aufwachen, werden die USA Deutschland und Europa als Partner auf Augenhöhe akzeptieren.

Das Zeitfenster dafür ist nur kurz geöffnet: Womöglich wird in vier Jahren wieder ein Präsident ins Amt kommen, der national und nicht international denkt. Auf dieses Szenario müssen wir Europäer uns einstellen – und die gemeinsame europäische Verteidigung massiv aufbauen und stärken. Die EU muss sich souverän aufstellen – und gleichzeitig tief verankert in der transatlantischen Partnerschaft agieren.

In einem ersten Schritt muss Deutschland sich schneller Richtung Zwei-Prozent-Ziel der Nato bewegen. Die Investitionen müssen dabei zielgerichtet und effizient erfolgen, auch mit Blick auf neue Felder wie Cyber.

Die Bundesregierung braucht zudem eine besser koordinierte außen- und sicherheitspolitische Gesamtstrategie, die diese Handlungsfelder enger miteinander verzahnt. Zentral ist die Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrats, dem eine Persönlichkeit mit Kabinettsrang vorsitzt, die eine übergeordnete Funktion hat und mit entsprechenden Kompetenzen und Mitteln ausgestattet ist.

Nach dem „9/11“-Terror und der Finanzkrise erleben wir mit der Corona-Pandemie schon die dritte weltumfassende Verwerfung in diesem noch jungen 21. Jahrhundert. Viele Krisen werden folgen, weltweit wird es härter zugehen.

Einige Anzeichen sind deutlich zu erkennen: Russland schafft in der Ukraine, in Syrien und Libyen Fakten, während wir oft nur zuschauen. Im sich zuspitzenden Wettrennen zwischen Amerika und China erleben wir aktuell die ersten Tage eines neuen Kalten Krieges, der dieses Jahrhundert prägen wird.

Eine Abkoppelung von den USA, wie die SPD sie vorschlägt, ist falsch. Ein Decoupling von Washington ist sicherheitspolitisch weitaus gefährlicher, als sich viele vorstellen können. Ohne die sicherheitspolitische Rückendeckung aus Washington sind Deutschland und Europa nicht in der Lage, sich zu schützen.

Aus all dem ergibt sich: Nur gemeinsam können Europa und die USA dauerhaft Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und auch Wohlstand bewahren. Nur gemeinsam können wir auf den Feldern Handel, Sicherheit, Wissenschaft, Digitalisierung, Klima und Gesundheit einen großen Sprung nach vorne machen. Nur gemeinsam können wir den Neuen Westen bauen. Packen wir es an. Jetzt.

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