Climate Policy Is the New Case for a Trans-Atlantic Alliance

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Klimapolitik ist der neue transatlantische Bündnisfall

In der Klimapolitik brauchen wir einen transatlantischen Schulterschluss. Gerade die Konzerne müssen dabei eine entscheidende Rolle spielen – und das werden sie auch, schon aus eigenen Interessen, glaubt unser Gastautor.

Nach vier Jahren transatlantischer Entfremdung brauchen die europäisch-amerikanischen Beziehungen dringend einen positiven, zukunftsgerichteten Impuls. Nicht nur die deutsche Bundesregierung, sondern insbesondere auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel setzt daher große Stücke auf die neue Biden-Administration in Washington.

Von der Leyens ebenso ambitionierte wie unverzichtbare Agenda eines Green Deal hat eine unverrückbar scheinende Denkachse europäischen Denkens verschoben. Klima- und Umweltpolitik, bislang Themen auf der Liste der politischen Ideen, die man sich durch guten Konjunkturverlauf zu verdienen habe, sind darin die Hauptsäule zukünftiger Wohlstandserzeugung in Europa.

Während manche diesem Gedankensprung noch immer hinterherhecheln, erhält Europas neue Wirtschaftsdoktrin eine neue, internationale Dimension: Joe Biden, Amerikas designierter Präsident, verkündete am Tage seines Amtsantritts, dem Pariser Klimaabkommen wieder beizutreten. Im Wahlkampf hat Joe Biden den Amerikanern versprochen, zwei Billionen US-Dollar für seinen „Green New Deal“ aufzuwenden, insbesondere Investitionen in erneuerbare Energie und nachhaltige Infrastruktur sind sein Konzept, die amerikanische Wirtschaft nach der Pandemie wiederzubeleben.

Amerikas Umkehr in Sachen Klima- und Umweltpolitik eröffnet für Europa eine Chance, die wir schnell und entschlossen nutzen sollten. Ein transatlantischer Schulterschluss in Sachen Umweltpolitik könnte – politisch und wirtschaftlich – ein „race to the top“ einleiten.

Das politisch Pikante daran? Gerade hier in Europa müssten sich die oftmals konservativen Zweifler des Green Deals von Ursula von der Leyen fragen, ob sie nicht zumindest aus bündnispolitischen Gründen bereit wären, über ihren umweltpolitischen Schatten zu springen.

Das ökonomisch Zwingende daran? Bidens Schritt könnte mehr sein als Amerikas Versuch, umweltpolitisch aufzuholen und zu internationaler Vertragstreue zurückzukehren. Stellte sich Amerika hinter die Idee des grünen Wachstums und sähe Amerika in nachhaltiger Technologie „the next big thing“, so schwant uns, dann könnte sich ein Prometheus mit maximaler wirtschaftlicher Dynamik entfesseln. Biden neue Politik könnte die geballte Kraft der amerikanischen Finanzkapitalismus systematisch auf die epochale Aufgabe der Bekämpfung des Klimawandels ausrichten. Das zwänge auch uns, die letzten Zweifel am neuen Wirtschaftsmodell abzulegen.

Gemeinsam geht es darum, den Beweis zu erbringen, dass bisherige Schimpfworte wie „Finanzkapitalismus“, in den richtigen Handlungsrahmen und Marktregeln (allen voran eine CO2-Abgabe) eingebettet, sehr wohl positive und transformative Kräfte unseres gesellschaftlichen Handelns sein können.

Die Chancen dafür stehen gut. Trotz aller trumpschen Bremsmanöver haben die wichtigsten Kapitalsammelstellen der USA eine aktive Emissionsreduktionspolitik zum festen Kriterium ihrer Aktienauswahl gemacht. Viele große US-Unternehmen wie Microsoft oder Amazon verfolgen auch aus eigener Einsicht Pläne zur Klimaneutralität, Unternehmen wie Apple oder Walmart verfolgen ambitionierte Ziele in der Kreislaufwirtschaft.

Die umweltpolitische Haltung der Wall Street beginnt sich zu drehen und den Klimawandel als Zukunfts- und Geschäftschance zu begreifen. Das wird auch Konsequenzen für die Haltung der Republikaner haben, denn die Absatzbewegung der Finanzwelt von Trump zu Biden im Vorfeld der Präsidentschaftswahl war hier ein deutliches Zeichen.

Gleiches gilt für viele institutionelle Anleger und Industriekonzerne in Europa. Die EU Kommission erhält viel Zuspruch von führenden Unternehmenslenkern wie der „CEO Action Group for the European Green Deal“. In dieser Hinsicht ist die transatlantische Entwicklung in den vergangenen Jahren erfreulich parallel verlaufen. Unter dem zerrissenen umweltpolitischen Tischtuch – so scheint es – entstand eine implizite Koalition ökologisch aufgeklärter Konzerne.

Wenn beim Neustart der amerikanischen Klimapolitik zudem die Innovationskraft amerikanischer Unternehmen und Start-ups mit den durch die Größe des amerikanischen Binnenmarktes bedingten Skaleneffekten zusammengeführt werden, kommen die Dinge wirklich in Bewegung.

Biden dürfte auch helfen, dass das Pentagon den Klimawandel 2015 als ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit deklariert hat. Unter einem solchen Vorzeichen dürfte es den Republikanern viel schwerer fallen, sich gegen einen Green New Deal zu stellen.

Erneuerung der Infrastruktur dringend nötig

Aber auch die durch die Pandemie bedingte schwache Beschäftigungslage wird Biden helfen, das von ihm avisierte Green Deal-Investitionsprogramm mit der Notwendigkeit zu verknüpfen, nach der tiefen Corona-Rezession landesweit breit angelegte Beschäftigungsprogramme zu schaffen.

Biden setzt mit seinem Zwei-Billionen-Dollar-Programm dabei stark auf die in den USA dringend anstehende Erneuerung der Infrastruktur des Landes. Er will sicherstellen, dass diese sich auf Jahrzehnte hin auswirkenden Investitionen klimapolitisch optimiert sind. Nichts anderes ist die Agenda von Ursula von der Leyen und ihrem europäischen Green Deal.

Jenseits der EU-Ebene bedeutet dieser bevorstehende Wandel der amerikanischen Politik eine große strategische Herausforderung insbesondere für die deutsche Klimapolitik. Die deutsche Politik hat sich in den vergangenen vier Jahren eher selbstzufrieden auf den Lorbeeren ausgeruht. Unsere vor zwei Jahrzehnten etablierte Vorreiterstellung haben wir als Nation längst verloren.

Um mit den USA, die sich unter Biden im Klimabereich deutlich dynamisieren werden, auch nur annähernd mithalten zu können, müssen wir jetzt nicht nur zwischen Industrie und Regierung unsere Kräfte bündeln, sondern auch Prioritäten abstecken.

Der Augenmerk muss von den alten auf die neuen Wertschöpfungssysteme schwenken. Die alten Kernindustrien wie Automobilbau, Chemie, Maschinenbau effizienter zu machen und mit grünem Strom zu versorgen, wird nicht ausreichen, um Klima- und Wettbewerbsziele zu erreichen. Notwendig ist eine Hinwendung zu den neuen Champions, jenen industriellen Systemen wir Wasserstoffproduktion, Kreislaufsysteme oder 3-D-Druck. Allen ist gemein, dass sie an der Schnittstelle bestehender Industrien entstehen und neue Formen der Sektorkopplung erfordern.

Der Club of Rome und Systemiq haben jüngst der EU Kommission einen Bericht mit den 50 aussichtsreichsten neuen Championsystemen vorgestellt. Die Unterstützung dieser auch für eine Exportwirtschaft wichtigen Zukunftsfelder ist kritisch – wird aber oft vermieden. Dieses ausweichende Verhalten wird der deutschen Öffentlichkeit gegenüber gerne als „Technologieoffenheit“ verkauft.

USA und China preschen vor

In der Praxis bedeutet es aber oftmals nichts anderes als den Vertretern der Status-quo-Interessen ein Festhalten an ihren althergebrachten Produkt- und Absatzstrategien zu ermöglichen, obwohl diese mit den Herausforderungen des Klimawandels schlicht nicht länger zu vereinbaren sind.

Angesichts der neuen amerikanischen Dynamik und Chinas Erklärung, bis 2060 klimaneutral zu sein, ist es offensichtlich, dass sich diese neue Form von Wettbewerbsfähigkeit nicht national erreichen lässt. Der Europäische Green Deal wird sein industrielles und technologisches Gewicht nur dann voll auf die Waage bringen, wenn wir im europäischen – und nicht länger im nationalen – Verbund denken. Nur so können wir die Skalenvorteile der Amerikaner und auch der Chinesen aufheben.

Die Biden-Administration wird gegenüber Europa kein Nullsummenspiel verfolgen. Sein Team zielt ganz bewusst darauf ab, in Zusammenarbeit mit den Europäern industrielles und technologisches Neuland zu betreten, um so möglichst effizient gegen den Klimawandel anzugehen.

„Bündnisfall“: Kampf gegen den Klimawandel

Damit eröffnet sich auch die Perspektive einer positiven Neuaufladung des transatlantischen Verhältnisses. Statt – wie unter Trump geschehen – vor allem über Verteidigungsbudgets innerhalb der Nato zu streiten, dürfte sich die bewusste Annahme der Herausforderung, im gemeinsamen Vorgehen gegen den Klimawandel einen neuen „Bündnisfall“ auszumachen, sowohl auf die USA und Europa sehr dynamisierend auswirken.

Dabei gilt es, einen unhaltbaren Zustand schleunigst zu beenden. Seit Chinas Beschluss, bis 2060 klimaneutral zu wirtschaften, haben China und die EU beim Thema Klima und Umwelt mehr Gemeinsamkeiten miteinander als Europa mit den USA. Allein ein dreifaches „Race to the top“ kann hier das Ziel sein.

Europas Verhältnis zu Amerika war stets geprägt von Partnerschaft und Wettbewerb. Die Wahl von Präsident Biden schafft für beides ein neues und vielversprechendes Spielfeld. Europa sollte es nutzen.

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