Why the EU and US Will Continue To Butt Heads

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Warum EU und USA weiter über vieles streiten werden

Die USA sehen unter Biden die EU nicht mehr als Feind. Die Partner werden aber weiter über vieles streiten. Und das ist auch notwendig. Der Leitartikel.

US-Präsident Joe Biden hat bislang fast alles richtig gemacht, um die transatlantische Partnerschaft wiederzubeleben. Gemessen an der Zahl und Dringlichkeit der Probleme müsste es allerdings noch deutlich schneller gehen.

Natürlich ist es begrüßenswert, wenn die USA unter Biden international wieder eine konstruktive Rolle übernehmen und die destruktive Politik von Donald Trump beenden oder deren teils katastrophalen Folgen korrigieren wollen. Es ist heilsam für die belasteten transatlantischen Beziehungen, wenn Biden bei der Münchner Sicherheitskonferenz sagt: „Amerika ist zurück. Das transatlantische Bündnis ist zurück.“

Es ist auch nachvollziehbar, wenn Europäer ihm für seine Rede applaudieren, die vor vier Jahren noch banal geklungen hätte. Ähnliches gilt für Bidens Entscheidungen und Ankündigungen: Er hat die Vereinigten Staaten und damit einen der Einheizer des Planeten wieder ins Klimaabkommen geführt, die Rückkehr zum Atomabkommen mit dem Iran vorbereitet und mit den anderen westlichen Staaten beim G7-Gipfel angekündigt, ärmere Länder bei Corona-Impfungen unterstützen zu wollen. In einer vernetzten Welt mit internationalen Handelsströmen kann es nur eine Lösung für alle und nicht für einzelne Staaten geben.

Und es folgt der Logik einer Charmeoffensive, wenn Biden während der Konferenz nur über Gemeinsamkeiten redet und die strittigen Themen nicht anspricht. Über Nordstream II, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, der teilweise Abzug von US-Truppen aus Deutschland und den Afghanistan-Einsatz und vieles mehr wird später gestritten. Das geht besser, wenn das verloren gegangene Vertrauen wieder hergestellt ist und alle das Gefühl haben, an einem Strang zu ziehen.

Und dennoch hätte Biden bei einzelnen Punkten konkreter werden können, ja müssen. So ist längst allen klar, dass die Biden-Administration gegenüber China einen harten Kurs fahren wird. Doch welche Ziele will er wie erreichen? Will er doch nur Trumps Politik der Konfrontation fortsetzen, um mehr vom Handelskuchen auf der US-Seite zu behalten? Oder will er mit seinen Verbündeten Peking dazu bringen, sich an internationale Handelsregeln zu halten, chinesische Handelsbarrieren abbauen sowie den Menschenrechten in China zu ihrem Recht verhelfen? Und wie will er Peking dazu bringen einzulenken?

Und vor allem, wie will er Deutschland und die EU-Staaten an seine Seite bringen, wo sie doch erst vor kurzem ein Handelsabkommen mit China geschlossen und damit Biden und sein Team irritiert haben, weil die Europäer mit solch einem Vertrag vorgeprescht sind statt erst mit der neuen Führungsspitze in Washington zu sprechen.

Wer weiß, wie das europäische Publikum reagiert hätte, wenn Biden die Sicherheitskonferenz genutzt hätte, seine künftige China-Politik zu erklären. Womöglich wäre vielen aufgefallen, dass vor allem Kanzlerin Angela Merkel zwar einerseits recht hat, wenn sie darauf hinweist, man brauche China für den Klima- und Umweltschutz. Andererseits aber viel zu sehr auf positive Handelsbilanzen schaut und zu wenig für die Menschenrechte unternimmt und beim Umwelt- und Klimaschutz sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat.

Nicht nur bei diesem Thema wird deutlich: Die unterschiedlichen Ansichten und die teils widerstreitenden Interessen zwischen der Biden-Administration und den Europäern müssen und Punkt für Punkt besprochen werden. Dabei ist Streit vorprogrammiert, nötig und nur dann destruktiv, wenn kein Kompromiss gefunden werden kann. Außerdem muss man nicht in allen Punkten übereinstimmen.

Auf diesem Weg sollte Deutschland und die anderen EU-Staaten Biden nach Kräften unterstützen, damit während seiner Amtszeit möglichst viele Themen möglichst weit vorangetrieben werden. Nur ein erfolgreicher Biden hat Chancen, wiedergewählt zu werden.

Die Europäer sollten dafür ihre Ziele aber nicht aufgeben. Im Gegenteil: Sie sollten ihre Interessen artikulieren und etwa in einem möglichen Freihandelsvertrag mit Bidens USA festschreiben. Schließlich müssen sie für den Fall gewappnet sein, dass die USA in wenigen Jahren erneut eine Wende hinlegen. Seit der Jahrhundertwende haben dies jedenfalls erst die Bush-Administration und dann die Regierung Trump vorgemacht.

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