Professional Beats Blatherer

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Profi schlägt Schwätzer

Der neue US-Präsident löst mit der Verabschiedung des gigantischen Konjunkturpakets im Kongress ein wichtiges Wahlversprechen ein – und er stellt seinen Amtsvorgänger schon jetzt in den Schatten.

Im Wahlkampf machte sich Donald Trump gerne über Joe Biden lustig. »Sleepy Joe« nannte er ihn, den “schläfrigen Joe”. Trumps Sohn Donald Junior stellte den demokratischen Rivalen seines Vaters als dümmlichen Tattergreis dar. Nun ist Joe Biden seit gut 50 Tagen im Amt, und man muss sagen: Für einen Tattergreis ist dieser Präsident ziemlich agil und durchsetzungsstark.

Während Trump die meiste Zeit vor allem seine Eitelkeiten pflegte, Kritiker niedermachte und schon kleinste politische Erfolge prahlerisch als Weltsensation zu verkaufen versuchte, redet Biden wenig, arbeitet hart und liefert bereits nach kürzester Zeit beachtliche Ergebnisse. Kurz gesagt, er tut das, was von einem amerikanischen Präsidenten zu erwarten ist.

Nun hat Biden seinen bislang größten Erfolg erzielt: In Rekord-Geschwindigkeit hat er sein 1,9 Billionen Dollar schweres Covid-Hilfspaket durch beide Kammern des US-Kongresses gebracht. Millionen amerikanische Familien und Unternehmen erhalten weitere Unterstützung vom Staat, auch die Gesundheitsversorgung wird stabilisiert.

Ein gerechteres Land

Während Trump und die Republikaner vor allem den wohlhabenden Amerikanern üppige Steuergeschenke machten, schaut Biden auf die ärmere Hälfte des Landes. Er hilft den Schwächeren, die Krise zu überleben. Biden löst damit ein wichtiges Wahlversprechen ein und legt den Grundstein dafür, dass die USA ein sozialeres, gerechteres Land werden können.

Auch die Impfkampagne der Amerikaner läuft unter Biden so erfolgreich, dass das Land bald zu so etwas wie Normalität zurückkehren könnte. Wirtschaftsexperten sagen für den Sommer ein Ende der Krise und einen regelrechten Biden-Boom voraus. Sein Team treibt mit Macht die Verteilung der Impfdosen im ganzen Land voran und sorgt so dafür, dass bald breite Teile der Bevölkerung geschützt sein werden.

Meister der gelassenen Rhetorik

Es stimmt: Der neue Präsident kann beim Impfstart auf der Vorarbeit der Trump-Regierung aufbauen. Aber ist das nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit? Es wäre unverzeihlich gewesen, hätte Trump auch noch diese Pflichterfüllung vermasselt. Niemand wird vergessen, dass unter seiner Nicht-Führung im vergangenen Jahr Hundertausende in den USA an ihrer Covid-Erkrankung gestorben sind.

Biden, ein Meister der gelassenen Rhetorik, scheint derweil auch gewillt, sein Versprechen einzulösen, das Land mit sich selbst zu versöhnen. Die Spaltung der vergangenen Jahre ist weiter da, auch im Kongress, wo viele Republikaner Biden regelrecht bekämpfen. Bidens Coronapaket stieß auf breite Ablehnung der Gegenseite. Noch sehen ihn viele bisherige Trump-Unterstützer skeptisch bis ablehnend. Doch diese Front könnte bald bröckeln.

Ein Zeichen: Die meisten seiner Ministerinnen und Minister wurden fast in Rekordzeit vom Senat bestätigt, sie erhielten dabei auch Zustimmung von moderaten Republikanern. Bis auf wenige Ausnahmen stießen die Kandidatinnen und Kandidaten bislang kaum auf echten Widerstand, auch weil Biden Menschen ausgesucht hat, die über Parteigrenzen hinweg anerkannt sind. Bei seinem geplanten Infrastrukturprogramm, das für die nächsten Monate geplant ist, will Biden mit der anderen Seite eng zusammenarbeiten. Er streckt die Hand aus, wenn sie nicht ergriffen wird, dürfte das vor allem die Schuld der Republikaner sein.

Zustimmung in der Bevölkerung

Mehr Konsens, weniger Konfrontation lautet sein Motto, und viele Amerikaner sind bereit, ihm dabei zu folgen. Fast 68 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind laut einer Umfrage des Senders ABC mit seiner Politik in der Coronakrise zufrieden. Insgesamt erreicht er derzeit Zustimmungswerte, die zwar unter denen anderer Präsidenten liegen. Aber dafür hat er Trump längst klar überholt. Gut 53 Prozent der Amerikaner sehen Biden demnach positiv, nur 38 Prozent sehen ihn negativ. Trump kam selten über 45 Prozent Zustimmung hinaus.

Diese »Honeymoon-Periode« kann bei Biden wieder vorübergehen. Die Geschichte lehrt, dass politische Probleme für US-Präsidenten manchmal aus dem Nichts auftauchen können. Es bleibt auch unklar, wie sich die massive Staatsverschuldung in Folge der Krise mittel- bis langfristig auf den Zustand des Landes auswirken wird.

Doch schon jetzt zeigt sich, dass Biden ein Präsident ist, der in der Lage zu sein scheint, schwierige Situationen zu bewältigen. Die Erfahrung, die er als langjähriger Senator und Vizepräsident mitbringt, ist in diesem Amt keine Bürde, sondern ein Wert an sich. Die Zeit der erratischen Entscheidungsprozesse im Weißen Haus ist jedenfalls passé. Es wird auch nicht mehr jede zweite Woche jemand gefeuert. Die amerikanische Regierungsmaschine läuft rund. Der politische Profi Biden und seine Leute sind dem Angeber Trump im Management des Apparats offenkundig weit überlegen.

So gibt Biden den Vereinigten Staaten – zumindest derzeit – jene Ruhe und Stabilität zurück, die sie brauchen, um zu florieren und zu wachsen. Wenn er so weiter macht, dürfte die Erinnerung an Trump immer mehr verblassen. Nur noch ein paar Hartgesottene werden den früheren Präsidenten dann weiter vermissen.

Amerika könnte nichts Besseres passieren.

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