Europa, halte dich raus!
Besser für uns, wenn die USA und China sich allein streiten.
Donald Trump hin, Joe Biden her. Die Großmächte USA und China streiten um die Vorherrschaft im 21. Jahrhundert und scheuen dabei auch vor rabiaten ökonomischen Mitteln nicht zurück. Sie verbieten Exporte und Firmenverkäufe, erheben Zölle zum Schutz der heimischen Industrie und unterbinden Verbindungen zu Unternehmen der anderen Seite. So setzen die Amerikaner nach Huawei immer mehr chinesische Hightech-Firmen auf ihre schwarze Liste, während China längst Google und Co. vertrieben hat.
Mit anderen Worten: Die beiden Kontrahenten verstoßen gegen alle guten Gebräuche der Globalisierung und der marktwirtschaftlichen Ordnung. Außerdem nehmen sie in Kauf, dass Dritte darunter leiden. Europäische Firmen etwa, die mitten in diesem Konflikt in Ruhe weiter Geschäfte machen wollen.
Das strategische Gebaren in Washington und Peking bringt einige Europäer auf die Idee, es ihnen gleichzutun – etwa gerade jetzt mit dem Vorschlag, den Export von Impfstoffen zu verbieten, wie es Italien teilweise schon tut. Allgemeiner steht dahinter die Forderung, dass Europa den Zwei- zu einem Dreikampf machen soll, um nicht zertrampelt zu werden beim Ringen der Giganten.
Als Erstes ist zu sagen, dass Europa selbst keineswegs das Unschuldslamm der Weltwirtschaft ist. Seine Zölle auf ausländische Autos sind höher als die in den Vereinigten Staaten. Brüsseler Agrarsubventionen berauben afrikanische Bauern ihrer Geschäfte. Beim Ringen um Impfstoffe leidet Europa auch nicht unter dem bösen Ausland, sondern an den Folgen der eigenen Dummheit und des eigenen Geizes: Die EU hat von einigen Stoffen zu wenig bestellt, aber vom falschen zu viel. Vor allem hat sie extrem spät bestellt und sich dann noch Zeit gelassen bei der Zulassung. Also erhalten andere Regionen schneller ihre Dosen.
Wichtiger ist auf die Dauer: Strategisches Rumdoktern an der Wirtschaft ist teuer. Wer seinen Unternehmen Geschäfte mit dem Ausland verbietet, macht sie ärmer. Wer sie vor Wettbewerb bewahrt, schwächt sie. Schließlich ist Europa keine Entwicklungsregion, die ihrer im Aufbau befindlichen Industrie einen Schutzraum bauen muss.
Nur Historiker erinnern sich noch an den tragischen europäischen Versuch vor gut 30 Jahren, im Kampf gegen Amerika und Asien einen eigenen Fernsehbildstandard zu etablieren. Oder daran, dass die Franzosen partout eine eigene Computerindustrie wollten. Oder an den Versuch der Briten, mit allen staatlichen Mitteln ihre unproduktiven Autobauer zu retten. Europas Industrie- und Technologiepolitiker sollten aber zurückblicken, wenn sie heute ein europäisches Google fordern oder vorgeben wollen, in welche Richtung es mit der ökologischen Autoentwicklung geht.
Die EU als Hüterin von ökonomischer Fairness und Freiheit – das wäre demgegenüber nicht das schlechteste Modell. Wenn zwei sich streiten, dann kann das zwar im Einzelfall unangenehm werden, und natürlich müssen sich die Europäer wehren, wenn ein Trump sie mit absurden Strafzöllen bedroht oder ein Xi seine Investoren benutzt, um China bestimmte Erfindungen zu sichern. Doch in aller Regel ist Gelassenheit geboten. Niemand ist besser darin als der Markt, die wahren Zukunftstechnologien zu identifizieren, nicht einmal China. Und wer Zölle erlässt, schröpft damit zuallererst seine eigenen Verbraucher.
“When they go low, we go high”, hieß es bei Michelle Obama – “wenn sie tricksen, bleiben wir fair”. Das Motto sollte man denen, die nun europäisch-nationale Töne anschlagen, zunächst einmal entgegenhalten.
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