It’s Good When Rivals Are on Speaking Terms

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Gut, wenn Rivalen miteinander reden

Die Konflikte zwischen China und den USA sind nicht einfach zu lösen, aber vielleicht lassen sie sich managen. Der Gipfel von Joe Biden und Xi Jinping war ein Anfang.

Immerhin, sie sprechen miteinander. Warten nicht, bis es zwischen China und den Vereinigten Staaten gefährlich kracht, was im Falle Taiwans jederzeit geschehen kann. Zwar war es nur ein Videogipfel, zu dem für Joe Biden im Weißen Haus und für Xi Jinping in der Großen Halle des Volkes am Montagabend (in Peking war es da schon Dienstagmorgen) die Bildschirme eingeschaltet wurden. Aber beide nahmen sich dreieinhalb Stunden Zeit. Das immerhin ist eine gute Nachricht, denn zwischen den beiden mächtigsten Staaten der Welt hat sich eine Menge Konfliktstoff angehäuft.

Persönlich begegnet sind die Präsidenten einander seit Bidens Amtsantritt noch nicht. Xi Jinping hat sein Land nach Ausbruch der Corona-Krise nicht mehr verlassen. Auch der G20-Gipfel in Rom und die Weltklimakonferenz in Glasgow fanden ohne ihn statt. Aber nicht nur der Staats- und Parteichef macht sich rar. China schottet sich erkennbar ab, und das nicht allein, um sich vor dem Virus zu schützen. Die Führung der Volksrepublik sieht überall feindliche Kräfte am Werk, die den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg behindern wollen. Das so selbstbewusste Peking zeigt sich düpiert: überall Missgunst und Kritik. Soll die Welt doch draußen bleiben. Von “splendid isolation” schreibt die Financial Times.

Waren es in den vergangenen Jahren die USA unter Donald Trump, die über eine “Entkopplung” von China spekulierten, so ist es nun die Volksrepublik, die sich wirtschaftlich und technologisch unabhängiger machen will. Ideologisch hat sich das Land unter Xi Jinping ohnehin eingemauert. Auf Kritik aus dem Ausland reagiert die Führung mit nationalistischem Zorn. Am Wiederaufstieg Chinas würden alle Vorwürfe nichts ändern.

Beide Länder rüsten gegeneinander auf

Ihrerseits haben die Vereinigten Staaten den “strategischen Wettbewerb” mit China ganz ins Zentrum ihrer Außenpolitik gerückt. Zwar gab es schon vor dem virtuellen Gipfeltreffen vorsichtige Zeichen der Entspannung – so verständigten sich China und die USA in Glasgow auf eine Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Klimawandel –, doch an der Härte des Großmachtkonflikts ändert dies nur wenig.

Beide Länder rüsten gegeneinander auf. Die militärische Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und ihren indopazifischen Alliierten und Partnern wird enger, wie zuletzt das Abkommen mit Australien zum Bau nuklearangetriebener U-Boote gezeigt hat. China wiederum baut vor allem seine Marine aus und erweitert sein Atomwaffenarsenal.

Nirgendwo ist die Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes größer als in Taiwan. Joe Biden hat wiederholt bekräftigt, die USA würden den Inselstaat im Falle eines chinesischen Angriffs “verteidigen”. Aus Chinas Sicht ist dies eine empörende Einmischung in seine inneren Angelegenheiten. Die KP sieht in der Wiedervereinigung des Landes eine heilige Pflicht. Sein Land sei bereit, sich in Geduld zu üben, erklärte Xi im Gespräch mit Biden. Aber er fügte auch drohend hinzu: “Wenn Taiwans separatistische Kräfte provozieren und die rote Linie überschreiten, dann haben wir keine Wahl, als drastische Maßnahmen zu ergreifen.”

Innenpolitisch kann Xi Jinping sich für den von Biden ausgerufenen “strategischen Wettbewerb” bestens gerüstet fühlen. Gerade hat ihn das Zentralkomitee der Partei zum “Steuermann” ausgerufen, zum “Führer des Volkes”, und ihn damit auf eine Stufe mit Revolutionsführer Mao Zedong gestellt. Mit Xi habe eine neue Ära begonnen. Die Delegierten appellierten an “die ganze Partei, die gesamte Armee und die Menschen aller ethnischen Gruppen, sich noch enger um das Zentralkomitee mit Xi Jinping als Kern zu scharen”.

Damit steht endgültig fest, dass der KP-Kongress im kommenden Herbst Xi ein Mandat für mindestens fünf weitere Jahre an der Spitze von Partei und Staat erteilen wird. Ihm allein scheinen Chinas Kommunisten zuzutrauen, das Land bis zur Mitte des Jahrhunderts politisch, wirtschaftlich und militärisch an die Weltspitze zu führen – an den Platz, der China nach eigenem Verständnis historisch gebührt. Nur dass dies zugleich der Platz ist, von dem sich Amerika partout nicht verdrängen lassen möchte.

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