A Completely Normal Elite Life

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Caroline Kennedy ritt ihr Pony im Garten des Weißen Hauses, Nikita Chruschtschow schenkte ihr einen Welpen, und der Sänger Neil Diamond widmete ihr einen Hit. Jetzt soll sie Präsident Joe Biden gegen China helfen – als Botschafterin in Australien.

Das amerikanische Wörterbuch Merriam-Webster definiert eine Dynastie als “eine Familie, die über eine lange Zeit sehr mächtig oder erfolgreich ist”. Die Europäer haben dafür ihre Adelshäuser, doch die gibt es in den USA nicht. Das Land ist aus einer Revolution hervorgegangen, und die Gründer hatten nicht die Absicht, in ihrer neuen Nation das Gewese um Stammbäume und darauf gründende Machtansprüche nachzumachen.

Das hat in der Praxis nicht immer geklappt. Auch wenn es in Amerika keinen Adel gibt, so gibt es doch Dynastien, wirtschaftliche und politische. Die bekannteste Familie, die, um noch einmal Merriam-Webster zu zitieren, in den USA “über eine lange Zeit sehr mächtig” gewesen ist, sind die Kennedys. Seit sie Mitte des 19. Jahrhunderts aus Irland eingewandert sind, haben sie Senatoren, Abgeordnete, Minister und einen Präsidenten hervorgebracht. Die Kennedys haben Amerikas Politik geprägt, und sie haben mit ihrem Glanz und ihren Tragödien die Gesellschaft berührt wie keine andere Familie.

In ihrem Leben steckt Geschichte, Macht und persönliches Unglück

In Caroline Bouvier Kennedy, die diese Woche von Präsident Joe Biden als US-Botschafterin in Australien nominiert wurde, kommen alle Elemente des Kennedy-Mythos zusammen. Da ist der Vater: Präsident John F. Kennedy, der 1963 in Dallas ermordet wurde. Da ist die Mutter: First Lady Jacqueline Kennedy, geborene Bouvier, wiederverheiratete Onassis, die für eine ganze Generation ein Vorbild an Eleganz und Stärke war. Da sind die Onkel: Bobby Kennedy, Minister und Präsidentschaftskandidat, der 1968 ebenfalls ermordet wurde, sowie Ted Kennedy, ein mächtiger Senator. Und da ist der Bruder: John Junior, der 1999 bei einem Flugzeugabsturz starb. Mehr amerikanische Geschichte, politische Macht und persönliches Unglück kann man kaum in ein einzelnes Leben packen.

Caroline Kennedy wurde 1957 geboren, ihre Jugend sah aus, wie die Jugend einer Tochter aus der liberalen Ostküstenelite aussieht: Privatschulen, Wohnungen in Washington und New York, Reisen nach Europa, Sommerfrische auf Cape Cod. Sie ritt ihr Pony im Garten des Weißen Hauses, der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow schenkte ihr einen Welpen, der Sänger Neil Diamond schrieb 1969 seinen Hit “Sweet Caroline”, nachdem er ein Foto von ihr gesehen hatte.

Die Kennedys sind nach wie vor ein Machtfaktor bei den Demokraten

Später studierte Caroline Kennedy in Harvard, sie machte an der Columbia University einen Abschluss in Jura und begann, für das Metropolitan Museum of Art in New York zu arbeiten. Dort traf sie den Künstler und Kurator Edwin Schlossberg, den sie heiratete und mit dem sie drei Kinder hat. Das Paar lebt inzwischen getrennt.

Neben ihrem weitverzweigten kulturellen und sozialen Engagement hat Caroline Kennedy, deren Vermögen im dreistelligen Millionenbereich liegt, immer auch politisch mitgeredet. Sie ist das amtierende Oberhaupt der Familie, sie repräsentiert die Kennedys, und diese sind in der Demokratischen Partei nach wie vor ein Machtfaktor – im Gegensatz etwa zu den Bushs bei den Republikanern. 2008 überraschte Caroline Kennedy die Partei mit einer Wahlempfehlung für den jungen Aufsteiger Barack Obama, der sie, wie sie damals schrieb, an ihren Vater erinnerte. Für Obamas Vorwahlkampf-Gegnerin Hillary Clinton war das schmerzhaft. Obama gewann und ernannte Kennedy 2013 zum Dank zur Botschafterin in Japan.

Nun also soll Caroline Kennedy die USA in Canberra vertreten. Das ist kein Ausruhposten: Biden will den wachsenden Einfluss Chinas im Pazifikraum kontern. Australien spielt in seiner Strategie eine äußerst wichtige Rolle als Verbündeter, wie die jüngst besiegelte Sicherheitsallianz mit dem Kürzel Aukus zeigt. Eine Botschafterin, die die Region kennt, die der prominentesten demokratischen Dynastie angehört und deren Nachname garantiert, dass der Präsident im Weißen Haus ans Telefon geht, wenn sie anruft – mehr kann sich die australische Regierung kaum wünschen.

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