How Biden Is Continuing Trump’s Course

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Der US-Präsident gibt sich modern und weltoffen. In der Handelspolitik aber hat er eine atemberaubende Wende hingelegt. Zum Schaden der eigenen Bürger.

Als der Präsidentschaftskandidat Joe Biden 2020 gefragt wurde, was er im Falle seiner Wahl mit jenen Strafzöllen vorhabe, die Regierungschef Donald Trump auf Importe aus China verhängt hatte, da ließ seine Antwort in puncto Klarheit keinerlei Wünsche offen: Die Zölle, so Biden sinngemäß, seien kompletter Murks, weil sie in Wahrheit die Käufer der Waren in den USA stärker belasteten als die Hersteller in China. Sie müssten daher abgeschafft werden.

Diese Analyse war damals richtig, und sie ist es auch ein Jahr nach Bidens Amtsantritt – was die Frage aufwirft, warum die Zölle dann immer noch in Kraft sind. Die Antwort ist ernüchternd: Weil Biden eine wahrlich atemberaubende Wende vollzogen hat. Zwar gibt er sich weltoffen und weniger plump als Trump. In der Sache aber hat er dessen Politikansatz übernommen, wonach Strafzölle ein probates Druckmittel der Wirtschaftspolitik sind. Bidens Handelspolitik, so schrieb jüngst ein US-Politologe, sei eine Art “Trumpismus mit menschlichem Antlitz”.

Nun trifft es mit China natürlich nicht die Falschen, schließlich pfeifen auch die Kommerzkommunisten in Peking auf alle Handelsregeln, die ihren wirtschaftlichen Expansionsbestrebungen im Wege stehen. Zudem hat Biden ja gerade erst die Zölle auf Stahl- und Aluminiumlieferungen aus der EU aufgehoben, die Trump verhängt hatte. Zeigt das nicht, dass sein Ansatz viel differenzierter ist?

Ja und nein. Zweifellos ist der amtierende US-Präsident drei Klassen klüger als sein Vorgänger, der es für eine geniale Strategie hielt, sich mit aller Welt gleichzeitig anzulegen. Und dennoch steht der Vertrag mit der EU nicht etwa im Widerspruch zur These, dass Biden Trumps Handelspolitik kopiert, er beweist sie sogar: Denn die Zölle werden zwar ausgesetzt, um die Kosten für US-Importeure zu senken. Das gilt aber nur so lange, wie europäische Stahlfirmen nicht mehr in die USA liefern, als die politisch Verantwortlichen in Washington vorgeben.

Der Freihandel hat Hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreit

Mit der Freihandelsidee, die Europa und die Vereinigten Staaten jahrzehntelang als bevorzugtes Modell des kollektiven Wirtschaftens in der Welt zu etablieren versucht haben, hat das nur noch wenig zu tun. An ihre Stelle tritt vielmehr ein System, das die Amerikaner “managed trade” nennen – eine Ordnung also, bei der nicht mehr primär Angebot und Nachfrage, nicht darüber entscheiden, was wohin verschifft wird, sondern Bürokraten, Quoten und Excel-Tabellen.

Um nicht missverstanden zu werden: Freihandel und Arbeitsteilung sind kein Selbstzweck. Sie müssen den Menschen dienen und brauchen klare Leitplanken. Sie müssen zurückstehen hinter der Bekämpfung von Klimawandel, Kinderarbeit und Ausbeutung, und sie dürfen nicht dazu führen, dass einem Land in einer Pandemie Pfennigartikel wie Gesichtsmasken und OP-Kittel fehlen.

Doch um all das geht es Biden allenfalls am Rande. Statt die eigene Bevölkerung mithilfe beherzter Schul- und Ausbildungsreformen fit für die Jobs der Zukunft zu machen, bedient er sich Trump’scher Erpressermethoden, um die heimische Wirtschaft vor lästiger Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Er schadet damit nicht nur den US-Verbrauchern, indem er das Angebot verknappt und die Preise in die Höhe treibt. Er bedient sich vielmehr auch einer Strategie, die sich in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt als unbrauchbar erwiesen hat. Das gilt für den Versuch, die heimische Baumwollindustrie mit Zöllen vor Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen ebenso wie für die hilflosen Bemühungen, japanische Autos vom US-Markt fernzuhalten.

Freihandel hat seine Fallstricke, er kann Jobs bedrohen und Ausbeutung befördern. Zugleich aber ist er das Weltwirtschaftsprinzip, das über die Jahrzehnte Hunderte Millionen Menschen etwa in Lateinamerika und Asien von Hunger und Armut befreit hat. Richtig ist, dass die Arbeit an stabilen Leitplanken, an immer besseren Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards nie zu Ende sein wird. Sie kann aber nur gelingen, wenn sich die EU, vor allem jedoch die USA, an die Spitze der Bewegung setzen, statt weiter um Trumps Giftschrank herumzuschleichen.

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