The Dangerous Game Involving Regime Change

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Das gefährliche Spiel mit dem Regimewechsel

So wünschenswert ein Sturz Wladimir Putins wäre – der Westen sollte sich erst einmal darauf konzentrieren, dass Moskau den Krieg in der Ukraine verliert.

Joe Biden hat das spezielle Talent, mit seinem losen Mundwerk das einzureißen, was er sich zuvor in mühevoller Arbeit aufgebaut hat. Die Welt kann froh sein, dass in der Ukraine-Krise der Demokrat im Weißen Haus sitzt und nicht Donald Trump, der Wladimir Putin für ein Genie hält und der nur mit Mühe davon abgehalten werden konnte, die USA aus der Nato zu führen. Biden hat in den vergangenen Wochen in eindrücklicher Weise das westliche Verteidigungsbündnis geeint – und er hat dabei geholfen, die Fehler auszubügeln, die in den vergangenen Jahren in Berlin gemacht worden sind. Es war Angela Merkel, die die gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas noch verstärkt hat. Und die deutsche Bundeskanzlerin hat US-Präsident Barack Obama davon abgehalten, das bedrängte ukrainische Volk mit Waffen zu beliefern.

Es war eine kluge Entscheidung Bidens, inmitten des Krieges nach Polen zu reisen und dort eine Rede zu halten, in der es nicht nur um die Ukraine ging, sondern um das, was den Westen ausmacht: Rechtsstaat, freie Rede, Demokratie und regelbasierte internationale Zusammenarbeit. Biden redete, wie man es sich von einem amerikanischen Präsidenten wünscht: emotional, voller historischer Bezüge und dennoch auf den Punkt – hätte Biden zum Ende nicht den verhängnisvollen Satz gesagt: »Um Gottes Willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.«

Es war eine Aussage, die man nur als Aufforderung zum »regime change« in Moskau verstehen konnte. Nun ist es immer wünschenswert, wenn ein Diktator verschwindet – zumal einer, dem so viel Blut an den Händen klebt wie Putin. Aber Biden spricht nicht als Privatmensch. Sind seine Worte ernst gemeint, schließen sich sofort eine Reihe komplizierter Fragen an: Können die USA noch Verhandlungen mit einem Mann führen, der von der Macht verdrängt werden soll? Unterstützen die USA aktiv einen Machtwechsel in Moskau? Wie sorgt man dafür, dass man mit dem Nachfolger Putins nicht vom Regen in die Traufe kommt? Oder noch schlimmer: dass die Atommacht Russland im Chaos versinkt? Und aus der Sicht Putins: Ist er nun nicht mehr als schon zuvor gezwungen, mit allen Mitteln diesen Krieg zu gewinnen, weil er andernfalls dem Schicksal von Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi entgegenblickt?

All diese Dinge sollten durchdacht werden, bevor man eine solch weit reichende Aussage trifft. Aber offenkundig war Bidens Satz nicht geplant, sondern einer jener rhetorischen Patzer, für die er seit Jahrzehnten bekannt ist und die ihn schon mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht haben. Aber nun geht es nicht um einen verunglückten Wahlkampfspruch, sondern um Krieg und Frieden.

Biden hat viele richtige Entscheidungen getroffen

Bidens Leute haben den Satz ihres Präsidenten schon wenige Minuten nach der Rede wieder eingesammelt. Der Präsident habe keinen Machtwechsel gefordert, sondern klarmachen wollen, dass Russland nicht seine Nachbarn unterwerfen darf. Aber die Worte sind jetzt in der Welt und offen für jedwede Interpretation. Sind sie Ausdruck eines geschickten Bluffs? Oder ein weiteres Indiz dafür, dass dem 79-jährigen Präsidenten doch das letzte Quäntchen Konzentration für das wohl schwierigste Amt der Welt fehlt?

Biden hat in den vergangenen Wochen viele richtige Entscheidungen getroffen. Aber in einem Punkt war seine Politik merkwürdig widersprüchlich: Einerseits war es Biden selbst, der immer wieder vor einem dritten Weltkrieg gewarnt hat, sollte es zu einer direkten Konfrontation zwischen Nato-Truppen und russischen Soldaten kommen. Viele Republikaner haben zu Recht kritisiert, dass er damit eine Eskalationsrhetorik bedient, von der nur Putin profitiert.

Andererseits hat er die persönlichen Attacken gegen den Kremlchef immer weiter verschärft: Erst nannte er ihn einen »Kriegsverbrecher«, dann einen »Schlächter«, nun die Forderung nach Regimewechsel. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Putin vor ein Gericht gestellt und den Rest des Lebens in einer Zelle verbringen würde. Aber der amerikanische Präsident und der Westen wären gut beraten, wenn sie sich erst einmal darauf zu konzentrierten, dass Putin in der Ukraine unterliegt. Sind seine Truppen geschlagen, ist immer noch Zeit, sich über das Schicksal des Kremlherrschers Gedanken zu machen.

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