What If Donald Trump Were President Now?

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Säße der abgewählte Republikaner noch immer im Weißen Haus, hätte Diktator Wladimir Putin wohl noch leichteres Spiel.

Was würde er tun?

In jedem Fall würde Donald Trump das tun, was er immer tut: große Sprüche klopfen. Und mehr oder weniger täglich seine Meinung ändern.

Im Fall des Ukraine-Kriegs sah das so aus: Zuerst bezeichnete Trump den von ihm wegen seines diktatorischen Regimes bewunderten Präsidenten Wladimir Putin als “sehr klug”. Als er dann feststellte, dass die Stimmung in den USA doch gegen die Russen ausschlug, nannte Trump die Invasion Putins plötzlich einen “Holocaust”. Und schließlich sorgte er bei einer republikanischen Spendengala in New Orleans für Aufsehen und Gelächter mit dem Vorschlag, die USA könnten eigene F-22-Flugzeuge mit chinesischen Fahnen tarnen und dann “den Russen die Scheiße aus dem Leib bomben”. Im Anschluss sollten die Amerikaner einfach sagen: “China hat das gemacht. Wir haben das nicht getan.”

So viel zu Trumps Sprüchen.

Wie aber stünde es heute um die Ukraine, wenn Trump noch im Weißen Haus säße? Wäre es gar nicht zu einem russischen Einmarsch gekommen, wie der abgewählte Ex-Präsident behauptet? Weil er, Trump, ja schließlich ein starker Präsident wäre, während Joe Biden schwach sei? Experten sind sich in dieser Frage ziemlich einig: Auch unter einem Präsidenten Trump wäre es zum russischen Überfall auf die Ukraine gekommen. Ja, mehr noch: Putin hätte in diesem Fall sogar leichteres Spiel gehabt.

Denn mit Trump wäre ein entschlossenes Auftreten des Westens gegen Russland, wie wir es jetzt sehen, kaum möglich gewesen. Joe Biden war es, der den Westen wieder geeint und gestärkt hat, nachdem Trump mit seiner “America first”-Politik die Verbündeten der Vereinigten Staaten jahrelang vor den Kopf gestoßen und die NATO geschwächt hatte. Trumps Politik des Rückzugs aus internationalen Vereinbarungen und der Schwächung von Allianzen, insbesondere der NATO, dürfte Putin bei seinen Angriffsplänen zusätzlich ermutigt haben, worauf kürzlich auch Trumps ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater John Bolton hinwies. Trump habe mit seiner Politik “die Arbeit für Putin erledigt”, so Bolton. Und heute wäre alles “schlimmer, wenn Trump noch Präsident wäre”. Manche Beobachter und Kommentatoren gehen sogar so weit zu behaupten, dass Donald Trump als Präsident den russischen Einmarsch in der Ukraine möglicherweise sogar unterstützt hätte.

Doch selbst wenn Trump nach öffentlichem Druck in den USA Kritik an Putin geübt hätte, wäre es ihm als US-Präsident wohl kaum gelungen, eine solche Einheit innerhalb des Westens und der NATO herzustellen, wie es nun Joe Biden gelang.

“Es ist vorstellbar, dass Trump auf den Kriegsausbruch mit starken Worten geantwortet hätte”, sagt dazu der Historiker und Amerika-Experte Michael Hochgeschwender von der Universität München. Allerdings hätten Trumps große Worte an Putins Entschlossenheit nichts geändert. “Man sah das auch bei Nordkorea – da ließ Trump den starken Worten auch keine Taten folgen. Er rüstete verbal auf und dann platzte das wie eine Seifenblase. Aus den Gesprächen mit Kim Jong Un kam letztlich nichts raus.”

Die NATO würde mit Trump im Weißen Haus wohl auch den sich bedroht fühlenden baltischen Staaten weniger Schutz bieten, als sie es derzeit tut. “Die Gefahr für das Baltikum wäre gegeben – vor allem mit Blick auf die russischen Minderheiten in Estland und Lettland”, sagt Hochgeschwender. “Das wäre eine gefährliche Angriffsstelle ohne das Abschreckungspotenzial der NATO.”

Andere glauben, dass Putin grundsätzlich vor einem Übergriff auf das Baltikum zurückschrecken würde – auch unter einem US-Präsidenten Trump. “Das Baltikum ist aufgrund der NATO-Mitgliedschaft schon noch einmal eine andere Dimension”, sagt der Politologe und USA-Experte Philipp Adorf von der Universität Bonn.

Jedenfalls ist höchst ungewiss, ob Trump dem Herrn im Kreml dessen Grenzen ebenso klar aufgezeigt hätte, wie es Joe Biden im Hinblick auf einen möglichen Angriff Russlands auf einen NATO-Mitgliedsstaat tat – Stichwort Bündnisfall. Und ob die USA unter Trump die Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegen Moskau derart vorangetrieben hätten, muss angesichts der Unberechenbarkeit und Sprunghaftigkeit Trumps auch bezweifelt werden. Wie man überhaupt bedenken müsse, dass Trump im Grunde feig sei, sagt Hochgeschwender. Das habe sich unter anderem beim Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 gezeigt. “Da hat sich Trump ins Weiße Haus zurückgezogen. Er reagiert auf Härte so, dass er nicht weiter eskaliert. Ich glaube, man würde Trump falsch verstehen, wenn man seine Worte für bare Münze nehmen würde.”

Besonders beunruhigend ist die Frage, wie der unberechenbare und launenhafte Trump reagiert hätte auf Putins Ankündigung, die atomaren Streitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen. Im besten Fall hätte der eine oder andere kühle Kopf im Weißen Haus den republikanischen Präsidenten davon abgehalten, mit unbedachten Äußerungen noch mehr Schaden anzurichten. Sicher ist bei Trump aber nichts, wie die Erfahrungen aus seiner Präsidentschaft zeigen: Ob er auf Putins Drohung mit einer atomaren Gegendrohung geantwortet hätte, weiß vermutlich nicht einmal Trump selbst, der auf konkrete Fragen oft mit Hohlfloskeln antwortet – wie vor Kurzem, als eine TV-Moderatorin wissen wollte, was er jetzt anders machen würde als Joe Biden. Trumps Antwort: “Nun, man muss einen Deal machen. Sie (die Russen) müssen aufhören, diese Leute zu töten.”

Was man mit Gewissheit behaupten kann, ist, dass Trump in der Politik vor allem ein Geschäft sieht, das im besten Fall seinen eigenen geschäftlichen oder persönlichen Bestrebungen dient. Staatsinteressen oder sicherheitspolitische Fragen treten demgegenüber in den Hintergrund. Das zeigte beispielhaft die “Ukraine-Affäre” im Jahr 2019: Trump soll damals an die 400 Millionen Dollar Militärhilfe an die Ukraine zurückgehalten haben, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu zu nötigen, Korruptionsvorwürfe gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu untersuchen, der im Aufsichtsrat eines ukrainischen Energiekonzerns saß. “Allianzen sind für Trump geschäftlicher Natur”, betont Politologe Adorf. Historiker Hochgeschwender schlägt in die gleiche Kerbe: “Das Völkerrecht gibt es für ihn nicht, er glaubt an Deals und Gewinne.” Insofern sei Trump der Einmarsch der Russen in einem fernen Land wie der Ukraine “komplett egal”. Und so lohne es sich in Trumps Weltbild auch nicht, für eine aus seiner Sicht “verlorene Sache” wie die Ukraine einzutreten – vor allem dann nicht, wenn das auch noch eine teure Angelegenheit zu werden droht.

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