Trumps soziales Netzwerk hat Probleme
Technische Probleme, schwindendes Nutzerinteresse, Wechsel bei den führenden Köpfen: Trumps soziales Netzwerk „Truth Social“ läuft nicht rund. Und sein Schöpfer?
Was macht eigentlich Donald Trump? Anfang vergangenen Jahres hätte ein Blick auf Twitter genügt, um diese Frage zu beantworten: Bis zu zweihundert Tweets und Retweets hatte der scheidende amerikanische Präsident täglich unter seinen nahezu achtzig Millionen Followern verbreitet. Darunter am 6. Januar 2021 einige, die den Mob beim Sturm auf das Kapitol in Washington anfeuerten und feierten. Dann wurde es stiller: Twitter schloss Trump aus, auch Facebook hatte ihn gesperrt, und dem rastlosen Lautsprecher blieb wenig anderes übrig, als die Entwicklung eines eigenen sozialen Netzwerks bekanntzugeben.
Mit „Truth Social“ sollte seine Trump Media & Technology Group (TMTG) – einer auf Oktober 2021 datierten Präsentation gemäß – nicht nur diese beiden Netzwerke das Fürchten lehren, sondern mit weiteren Angeboten auch Amazon, Apple, Netflix, Disney+ und Google die Stirn bieten. Ende Februar ging Truth Social im App-Store für iPhones an den Start – mit dem Versprechen, „offenen, freien und ehrlichen globalen Austausch ohne Diskriminierung politischer Ideologien“ zu ermöglichen.
Die versprochene Offenheit sollte ihre Grenzen finden: Ende März beschwerte sich ein Nutzer in den App-Store-Bewertungen, seine „Wahrheiten“ – die einzelnen Beiträge werden hier „Truths“ genannt – über den Missbrauch satanistischer Rituale seien einfach abgewürgt worden: „Wenn ihr wirklich Wahrheiten verkünden und vom Kampf des Guten gegen das Böse auf diesem Planeten sprechen wollt, wird euch dieser Ort nicht unterstützen.“ Ein anderer Nutzer berichtet vom vergeblichen Versuch, sein Truth-Social-Profil wieder zu löschen. Die Rückmeldung: „Verboten“.
Warum nicht gleich so?
Es war ein „holpriger“ Start, wie es in amerikanischen Medienberichten übereinstimmend heißt. Selbst wer sich von frustrierenden technischen Hürden beim Anmeldeversuch nicht abschrecken ließ, musste sich schließlich mit einer Wartelistennummer zufriedengeben, die in die Hunderttausende gehen konnte. Devin Nunes, ein früherer Kongressabgeordneter, der sein Amt aufgegeben hatte, um Vorstand von TMTG zu werden, beeilte sich zu versprechen, bis Ende März sei das soziale Netzwerk „voll funktionsfähig“. Davon ist Anfang April nicht viel zu merken: Die Klagen reißen nicht ab, das Netzwerk rangiert in der Hitliste der Social-Networking-Apps gerade einmal auf Platz 21, die Downloads sind eingebrochen.
Jetzt meldet die Nachrichtenagentur Reuters, dass zwei der führenden Köpfe hinter Truth Social ihre Posten geräumt haben, Josh Adams und Billy Boozer, die Technik- und Produktentwicklungsleiter des Unternehmens. Was macht also Donald Trump? Nach übereinstimmenden Berichten hat er bislang eine einzige „Wahrheit“ auf Truth Social verkündet, am 14. Februar, noch in der Beta-Phase der App: „Macht euch bereit!“, lautet sie, „euer Lieblingspräsident wird euch bald treffen!“
Jetzt soll er sich bereitmachen, wie die „Washington Post“ unter Berufung auf einen Vertrauten Trumps berichtet, zu Gettr zu wechseln, einem anderen Twitter-Klon mit konservativem Zielpublikum, der im Juli 2021 von Trumps ehemaligem Berater Jason Miller gestartet worden ist. Warum nicht gleich so? Weil Donald Trump sich zumindest nicht die Chance entgehen lassen wollte, mit den Registrierungsdaten der Truth-Social-Interessenten ein Adressverzeichnis aufzubauen, das ihm bei seinem Kampf um die Rückkehr ins Weiße Haus noch einmal nützen könnte. Und weil er wohl erst einsehen musste, dass er die Größe seines Publikums nicht kurzerhand als alternative Wahrheit behaupten kann.
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