Jetzt wird die Raumfahrt wieder militärischer
Von größter Symbolkraft für den Frieden war nach Ende des Kalten Krieges die Internationale Raumstation ISS. Allen voran die USA und Russland hatten das Projekt aufgebaut. Nun will sich Moskau daraus verabschieden – was die Machtverteilung im All verändern wird.
Die Geschichte der Raumfahrt war von Anfang an nicht nur von wissenschaftlicher Neugier und Pioniergeist geprägt, sondern auch von politischen und militärischen Interessen. Als der sowjetische Satellit „Sputnik“ im Oktober 1957 aus der Erdumlaufbahn auf Kurzwellen-Frequenzen Pieptöne funkte, löste das in den USA keineswegs Freude über wissenschaftlichen Fortschritt aus, sondern einen tiefen Schock. Denn dieses Piepsen signalisierte eine technologische Überlegenheit des großen Rivalen.
Raumfahrt ist in vielfacher Hinsicht eine technologische Leistungsschau und tatsächlich auch von großer militärischer Relevanz. Zum Beispiel eignen sich Raketen, die Satelliten präzise in eine Erdumlaufbahn befördern können, grundsätzlich auch als Interkontinentalraketen. Die Antwort der USA auf den Sputnik war das Apollo-Programm. Der erste Mensch auf dem Mond sollte ein Amerikaner sein.
Trotz aller Rivalität gab es aber sogar im Kalten Krieg immer wieder gemeinsame Raumfahrtaktivitäten der Sowjetunion und der USA. Von größter Symbolkraft für Frieden und Zusammenarbeit war nach dem verkündeten Ende des Kalten Krieges der gemeinsame Aufbau und Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS).
Obwohl mehr als ein Dutzend Länder und die Esa an der ISS beteiligt sind, gibt es zwei dominante Hausherren: Russland und die USA. Auf der ISS sind beide voneinander abhängig: Das russische Modul sorgt für den Antrieb und einen stabilen Orbit, die Amerikaner garantieren die Energieversorgung.
Ursprünglich sollte die ISS bis längstens 2020 betrieben werden. Später verständigten sich alle auf eine Verlängerung bis 2024. Nasa-Chef Bill Nelson zeigte sich noch vor Kurzem entschlossen, die ISS bis 2030 zu betreiben. Auch Esa-Chef Josef Aschbacher befürwortet eine solche Verlängerung, er wollte dem EU-Ministerrat einen entsprechenden Vorschlag im kommenden November vorlegen.
Nun hat aber der neue Roskosmos-Chef Juri Borissow erklärt, dass Russland sein Engagement definitiv nicht über 2024 hinaus verlängern wird. Man will eigene Wege gehen. Schon vor Jahren hatte Moskau angekündigt, eine neue Raumstation zu bauen. China hat bereits einen Außenposten im All. Und auch der Westen wird darauf nicht verzichten wollen.
Die Karten im All werden neu gemischt. Vieles ist offen. Doch wahrscheinlich werden politische und militärische Aspekte wieder einen größeren Stellenwert bekommen – zulasten der Wissenschaft.
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