Die Veröffentlichung von Trumps Steuerakten ist ein billiges politisches Spiel
Die Offenlegung ihrer Steuererklärungen ist für amerikanische Präsidentschaftskandidaten nur eine Norm und keine Pflicht. Es ist deshalb falsch, dass die Demokraten Trumps Unterlagen publizierten. Für weitere politische Ämter disqualifiziert ihn ohnehin anderes als seine Steuerpraxis.
«Ich begrüsse diese Untersuchung, weil die Menschen wissen müssen, ob ihr Präsident ein Gauner ist oder nicht. Und ich bin kein Gauner.» Mit diesen berühmt gewordenen Worten reagierte Präsident Richard Nixon 1973 auf die Fragen zu seinen Steuerrechnungen. Kurz zuvor hatte eine Lokalzeitung publik gemacht, dass Nixon im Jahr 1970 nur 793 Dollar Bundessteuer gezahlt hatte und im folgenden Jahr nur unwesentlich mehr. Der Präsident liess daraufhin seine Steuererklärungen für die Jahre 1969 bis 1972 veröffentlichen. «Die Vertraulichkeit meiner privaten Finanzverhältnisse ist mir viel weniger wichtig als das Vertrauen der Amerikaner in die Integrität des Präsidenten», erklärte er.
Damit setzte Nixon ein Beispiel. In den folgenden Jahrzehnten machten alle Präsidentschaftskandidaten vor der Wahl ihre Steuererklärungen oder entsprechende Informationen publik – mit einer Ausnahme: Donald Trump. Der New Yorker Immobilienmogul brach eine selbstverständlich gewordene Norm, die auch durchaus sinnvoll ist. Es ist legitim, wissen zu wollen, wie viel eine Person zum Haushalt des Staates beigetragen hat, den sie zu führen gedenkt. Zudem birgt die Machtfülle des Präsidentenamts erhebliche Korruptionsgefahr. Es kann deshalb nicht zu viel Transparenz geben – nicht nur, aber gerade wenn ein Kandidat mit einer so vielfältigen unternehmerischen Tätigkeit wie Trump ins Weisse Haus strebt.
Ein heikler Präzedenzfall in der politischen Schlammschlacht
Dennoch ist die Veröffentlichung der Steuererklärung eben nur eine Norm, ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht. Der Kongress hätte einen solchen verankern können, sah davon aber bisher ab. Deshalb behalfen sich die Demokraten eines Tricks, um doch noch an Trumps Steuerunterlagen zu gelangen. Mit der Argumentation, mögliche Schlupflöcher im Gesetz identifizieren und die Steuerprüfung von Präsidenten kontrollieren zu wollen, beantragte der für solche Fragen zuständige Kongressausschuss die Akten von der Steuerbehörde IRS. Dazu ist er berechtigt, wenn er einen legislativen Zweck geltend machen kann.
Nach jahrelangem Rechtsstreit bewilligte der konservativ ausgerichtete Supreme Court die Herausgabe der Unterlagen an den Ausschuss kürzlich einstimmig und völlig zu Recht. Das Aufsichtsrecht des Kongresses wird im amerikanischen System der «checks and balances» traditionell weit ausgelegt. Tatsächlich zeigen die Unterlagen zudem Missstände auf, deren sich die Politik annehmen sollte. Trotz einer entsprechenden Pflicht versäumte das IRS die Prüfung von Trumps Steuererklärungen in den Jahren 2017 und 2018. Die Behörde begann mit der Analyse just dann, als der Kongressausschuss nachzuforschen begonnen hatte. Das ist fragwürdig und eine für die Öffentlichkeit relevante Erkenntnis.
Unnötig und eine Verletzung von Trumps Rechten ist indes, dass die demokratische Mehrheit des Ausschusses die Veröffentlichung der Steuerunterlagen beschlossen hat. Anders als ihr Einsichtsrecht dient das keinem legislativen Zweck, sondern allein einem billigen politischen Spiel. Es setzt zudem einen weiteren problematischen Präzedenzfall in der Schlammschlacht zwischen den beiden politischen Lagern. Macht er Schule, besteht das gesetzlich verankerte Steuergeheimnis für umstrittene Akteure bald nur noch auf dem Papier.
Die Justiz ist am Zug
Trumps jahrelange Weigerung, die Akten offenzulegen, war zweifellos stossend und weckte den Eindruck, er habe etwas zu verbergen. Das machte ihn politisch angreifbar. Doch das Urteil dazu hatten die Wähler zu fällen, und Trump wurde 2016 gewählt, obwohl die fehlenden Steuererklärungen damals ein ständiges Thema waren. Der Bevölkerung waren diese Informationen offenbar nicht übermässig wichtig.
Warum sie nun, zwei Jahre nach Trumps Abwahl, relevant sein sollen, ist schleierhaft. Der ehemalige Präsident zahlte offenkundig in einigen Jahren dank umstrittenen Abzügen kaum Steuern. Geschah dies widerrechtlich, ist es ein Fall für die Justiz, die kürzlich erst sein Unternehmen wegen Steuerbetrugs verurteilt hat. Kämen Gerichte für ihn persönlich zum gleichen Schluss, wäre dies selbstverständlich politisch bedeutend. Aber Trump hat sich ohnehin längst für jedes weitere Amt disqualifiziert – nicht wegen seiner Steuerpraxis, sondern wegen des Anzettelns eines gewaltsamen Umsturzversuchs.
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