Der Gouverneur von Florida wird wohl bald sein Antreten bei der US-Präsidentenwahl ankünden. Doch der Schwung ist längst weg
Nach den US-Zwischenwahlen im November war Ron DeSantis der aufgehende Stern im republikanischen Kosmos. Während zahlreiche von Ex-Präsident Donald Trump geförderte Kandidaten bei den Midterms weit hinter den Erwartungen zurückblieben, fuhr der Gouverneur von Florida in seinem Heimatbundesstaat einen Erdrutschsieg ein, der ihn auch für noch höhere Weihen geeignet erschienen ließ. Für alle jene in der Partei, die das Kapitel Trump ein für alle Mal schließen wollten, war DeSantis jener Mann, dem es gelingen sollte, Joe Biden nach der Präsidentschaftswahl 2024 im Weißen Haus abzulösen.
Knapp sechs Monate nach seinem Triumph sieht die Lage für DeSantis, der laut dem “Wall Street Journal” nächste Woche seine Kandidatur bekannt geben wird, aber deutlich weniger rosig aus. Hatten einige Umfragen den 44-Jährigen nach den Zwischenwahlen vor Trump gesehen, ist der erzkonservative Gouverneur im Vorwahlrennen der Republikaner wieder deutlich zurückgefallen. In einer Reihe von Erhebungen liegt DeSantis inzwischen mehr als 30 Punkte hinter seinem 32 Jahre älteren Rivalen – und das trotz Trumps riesiger juristischer Probleme an gleich mehreren Fronten. Zuletzt konnte Trump DeSantis auch mehrere schmerzhafte Niederlagen zufügen, indem er sich die Unterstützung mehrerer republikanischer Kongressabgeordneter aus Florida sicherte. Für den Ex-Präsidenten, der seit Monaten unablässig harte Attacken gegen DeSantis reitet, sind das symbolisch wichtige Siege im Revier seines größten Gegnes.
Nur keine Schlammschlacht
DeSantis selbst hat dagegen jede Konfrontation mit dem New Yorker Immobilientycoon bisher vermieden. Bei seinen Reden und Auftritten kommt dem Gouverneur von Florida das Wort “Trump” ebenso wenig über die Lippen wie eine Positionierung zu der vom Ex-Präsidenten nach wie vor verbreiteten Lüge der gestohlenen Präsidentschaftswahl 2020. Eine Schlammschlacht mit Trump und seinen Millionen Fans, auf die er bei einer Wahl angewiesen wäre, will DeSantis auf keinen Fall riskieren.
Viel mehr grenzt sich der frühere Navy-Offizier indirekt ab – etwa wenn es um die Skandale Trumps und dessen oft erratische Amtsführung in seiner Zeit als Präsident geht. Bei ihm gebe es “kein tägliches Drama”, betont DeSantis immer wieder. Gleichzeitig verspricht er jene Dinge erfolgreich zu Ende zu führen, an denen sein Rivale scheiterte, sei es nun der Bau einer Grenzmauer zu Mexiko oder die Instandsetzung der maroden US-Infrastruktur.
Inhaltlich trennt die beiden republikanischen Politiker dagegen nicht viel. Wie sein Rivale zeichnet auch DeSantis, der in der “Woke”-Bewegung und der politischen Korrektheit eine ernsthafte Bedrohung für den “American Way of Life” sieht, ein Bild klassischer Gegensätze. Der Gouverneur von Florida wettert gegen die Eliten, die Medien, gendergerechte Politik, den Kommunismus oder sonstige “linke Ideologien”. Als Lösung der Probleme sieht der Absolvent der Havard Law School dagegen Kapitalismus, harte, ehrliche Arbeit, die traditionelle Familie und eine starke Polizei.
Der Disney-Clinch als Eigentor
In seinem Bundesstaat hat der Gouverneur seine politischen Vorstellungen mittlerweile auch schon in zahlreiche Gesetze gegossen. DeSantis verschärfte das Abtreibungsrecht, lockerte den Zugang zu Waffen und erleichterte Todesurteile. Mit einer umstrittenen Regelung verbot er zudem den Schulunterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität – zunächst bis zur dritten Klasse, später für alle Klassenstufen.
Mit dem von Kritikern als “Don’t Say Gay” (Sag nicht schwul) bezeichnete Gesetz hat DeSantis aber nicht nur für besonders viele Schlagzeilen gesorgt, sondern auch einen Streit mit dem Disney-Konzern vom Zaun gebrochen, der sich womöglich noch als veritables politisches Eigentor erweisen könnte. So hatte der Gouverneur nach der Kritik des Unterhaltungsriesen an dem Gesetz einen regelrechten Rachefeldzug gestartet, in dessen Zuge er auch das Selbstverwaltungsrecht von “Disney World” in Orlando beschnitt.
Die Attacke auf einen der wichtigsten Steuerzahler und Arbeitgeber in Florida löste damals bei vielen traditionell unternehmensfreundlichen Republikaner Kopfschütteln aus. Für Trump war der Disney-Streit dagegen eine weitere Steilvorlage, um seinen Gegner scharf anzugreifen. DeSantis werde von Disney “absolut zerstört”, spottete der Ex-Präsident.
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