Just Don’t Alienate Any Voters

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Bloß keine Wähler verprellen

Sich festzulegen kostet im Zweifel Stimmen. Und deshalb will Donald Trump die Entscheidung über Abtreibungsgesetze den Bundesstaaten überlassen – wie genau ein föderales Recht aussehen soll, lässt er allerdings offen.

Donald Trump äußert sich ständig zu vielen Themen, besonders zu umstrittenen. Migration, Kriminalität, Verteidigung. Auf eine Äußerung hinsichtlich eines Themas wartete die Nation hingegen bisher vergebens: Abtreibung. Beim Herzensthema des tief religiösen Amerikas teilte er nicht aus, sondern blieb vage.

Das Recht zum oder das Verbot von Schwangerschaftsabbruch treibt die Nation um, seitdem der Supreme Court im Juni 2022 das seinerzeit fast 50 Jahre national geltende Recht kippte.

Wohlgemerkt, drei der neun Richter hat Trump ernannt und damit eine konservative Mehrheit geschaffen. Seither haben die US-Bundesstaaten das Sagen. In 14 Staaten gilt nunmehr ein so gut wie vollständiges Verbot, in der Hälfte aller Staaten gibt es weitgehende Restriktionen.

Joe Biden hat die Frage reproduktiver Freiheit ganz oben auf seine Wahlkampfagenda gesetzt. Aus gutem Grund, konnten die Demokraten mit dem Thema seither mehrere Wahlen gewinnen.

Das weiß auch Trump. „Ohne Ausnahmen (im Abtreibungsrecht) ist es schwer, Wahlen zu gewinnen“, wie er im Herbst 2023 bekannte. Und nur darum geht es dem 77-Jährigen, der Anfang November das Mandat für die Rückkehr ins Weiße Haus gewinnen will.

Weshalb Trumps jetzt veröffentlichtes Vier-Minuten-Video vor allem eines ist: der Appell an seine und potenziell zusätzliche konservative Anhänger, für ihn zur Wahl zu gehen. Angesichts des knappen Rennens mit Biden braucht er jede Stimme. „Denkt dran: Man muss Wahlen gewinnen, um unsere Kultur wiederzuerrichten und unser Land zu retten.“

Wie in diesem Kontext ein reformiertes föderales Recht aussehen sollte, das sagt Trump nicht. Das sei nun Sache der Bundesstaaten. Wie Abtreibung geregelt wird, sei „der Wille des Volkes“, das „seinem Herzen oder in vielen Fällen seiner Religion, seinem Glauben folgt“. Manche Staaten würden mehr, andere weniger konservativ entscheiden.

Trump kommt diese Flexibilität gelegen, denn sich festzulegen kostet Wählerstimmen. Dass sich der Ex-Präsident wenige Stunden später mit Lindsey Graham anlegte, spricht Bände. Der mächtige republikanische Senator hatte zuvor auf X erklärt, dass er „respektvoll“ Trump widerspräche, nur die Bundesstaaten sollten entscheiden.

Es brauche eine föderale Regelung. „Der Pro-Life-Bewegung ging es immer um das Wohlergehen des ungeborenen Kindes, nicht um Geografie.“ Woraufhin Trump zurückgab, Graham solle lieber „stolz damit anfangen, den Republikanern zum Wahlsieg zu verhelfen, statt ihnen diesen unmöglich zu machen!“

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