Warum die US-Studenten ihren Protest 2024 noch bereuen könnten
Sie sollten wissen, was sie tun: Es geht nicht um Abschlussfeiern oder Prüfungen, um Palästinenser oder Kolonialismus, um Israel oder Gaza. Schlag nach bei Trump!
In den USA spielt sich zurzeit ein Drama von geradezu apokalyptischem Ausmaß ab. Wer glaubt, sein letzter Akt ginge vielleicht Europa etwas an, Österreich jedoch sicher nicht, irrt gewaltig. Vor allem muss er taub sein, um das brüllende Echo aus vergangenen Zeiten nicht zu hören.
Donald Trump kann man viel vorwerfen, eines jedoch nicht: dass er seine Absichten für eine weitere Amtszeit im Weißen Haus verschweigt. Jedem, der sich seinen Anordnungen widersetzt, droht er mit Exekution; alle Kritiker in Justiz und Verwaltung werden entfernt werden; Nationalgarde oder auch Militär werden Millionen illegaler Immigranten aufspüren und deportieren; die vom Kongress beschlossenen Finanzierungen von Institutionen, die seinen Befehlen nicht gehorchen, werden von ihm gestrichen; Berufsbeamte können nach Belieben gefeuert werden; unliebsame Richter und Staatsanwälte können entlassen werden.
Zusammengefasst bedeutet dies: Trump wird die verfassungsmäßigen Befugnisse des amerikanischen Präsidenten so auslegen, dass praktisch keine Beschränkungen mehr gelten und alle Grenzen, die Justiz und Kongress auferlegen, zugunsten eines allmächtigen Oberbefehlshabers beiseitegeschoben werden. In der Politikwissenschaft wird da von der „unitary executive theory“, von der Theorie der „einheitlichen Exekutivmacht“, gesprochen.
Trump wäre nicht der erste US-Präsident, der sich dieser Theorie bedient und die Machtbefugnisse des Weißen Hauses jenseits jeglicher Kontrolle vergrößert. Ronald Reagan tat es. Er hob zum Beispiel die meisten Kontrollmaßnahmen aus der Zeit der Watergate-Affäre und der Turbulenzen nach dem Rücktritt von Richard Nixon wieder auf. George W. Bush tat es. Er missachtete das Folterverbot des Kongresses im Zusammenhang mit Gefangenen aus dem Irak-Krieg oder das Verbot des Abhörens von US-Bürgern. Keiner der beiden Präsidenten hat jedoch mit der Ankündigung, seine Macht vollkommen unkontrolliert ausüben zu wollen, Kritiker zu inhaftieren und politische Gegner verfolgen zu lassen, einen Wahlkampf bestritten.
Ein wirklich verrückter Zufall der Geschichte aber lässt diese Allmachtspläne auf die uninformierte, protestwütige junge Generation an den privilegierten Eliteuniversitäten treffen. In geradezu gespenstischer Weise arbeitet sich die angebliche intellektuelle Elite der USA an Ereignissen ab und lässt den Mangel an Über- und Durchblick bei politischen Abläufen erkennen.
So weit reicht die Intellektualität von Columbia, Stanford und anderen Universitäten, über welche die Protestwelle jetzt hinwegrollt, nicht, dass sie die Zusammenhänge sehen könnten.
»Etwas Besseres konnte Trump in diesen Monaten politisch nicht
passieren als die Wut der Jungen gegen die Israel-Politik Bidens.«
Die Unruhen an den Universitäten im laufenden Wahlkampf um die Präsidentschaft, der Einsatz der Polizei von Kalifornien bis New York, die gewaltsame Räumung der Universitätsgelände spielen Donald Trump in die Hände. Etwas Besseres konnte ihm in diesen Monaten politisch nicht passieren als die explodierende Wut der Jungen gegen die Israel-Politik der Regierung Joe Bidens. „Sollte Biden die Wahl im November verlieren, dann wegen Israel.“ So lautet der Befund politikwissenschaftlicher Freunde im Nordwesten der USA.
Es ist in der Tat absurd. Was als Pro-Palästina-Bewegung begonnen hat, ist längst angeblich zu einem Kampf um Meinungsfreiheit mutiert. Doch jene Studenten, die vorgeben, keine Grenzen des Anstands, des Antisemitismus, des Rassismus zu akzeptieren, setzen gerade mit ihren Aktionen die uneingeschränkte Freiheit der Meinungsäußerung aufs Spiel.
Denn eines muss ihnen klar sein: Sollte Trump wieder in das Weiße Haus einziehen, dann war’s das mit der Meinungsfreiheit. Sie sollten nachlesen, was er jüngst in einem Interview im „Time“-Magazin zu sagen hatte. Dann wüssten sie: Sie könnten schneller von der Polizei abgeholt werden, als sie „erster Zusatzartikel zur Verfassung“ sagen können.
Und keiner von den heute Protestierenden kann dann behaupten: Ich habe es nicht gewusst. Alle anderen auch nicht.
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