Biden’s Late About-Face on US Immigration Policy Is Just as Dishonest as Republicans’ Criticism

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Bidens späte Kehrtwende in der US-Migrationspolitik ist ebenso verlogen wie die Kritik der Republikaner

Der amerikanische Präsident demonstriert Entschlossenheit gegen illegale Einwanderer. Doch das Wahlmanöver ist allzu durchsichtig und löst die Probleme nicht.

Endlich! Endlich handelt der Präsident und stoppt die illegale Masseneinwanderung an der Südgrenze. So etwa mögen die Parteistrategen der Demokraten sich die Reaktion der Wähler wünschen, nachdem Präsident Biden diese Woche eine Verordnung erliess, welche die zeitweise Schliessung der Grenze für illegale Übertritte ermöglicht. Unter Bidens Präsidentschaft ist die Zahl illegaler Einwanderer kräftig gestiegen. Sie lag dauerhaft auf einem mehr als dreimal so hohen Niveau als während Trumps Präsidentschaft. In der idealen Welt von Parteistrategen würden die Wähler nun jedoch aufatmen und dem Präsidenten trotzdem ihre Stimme geben – weil er das Problem ja nun gelöst hat.

Doch die Realität ist eine andere, aus drei Gründen. Biden demonstriert mit seinem Dekret nach aussen Härte. Sollte es tatsächlich umgesetzt werden, würden zahlreiche Migranten an der Grenze um die Möglichkeit gebracht, in den USA einen Asylantrag zu stellen. Das verstösst gegen die Rechtstradition der USA und ist nur dank – wackligen – gesetzlichen Ausnahmeregelungen möglich. Genau das ist das erste Problem mit dem Dekret: Juristen sind sich sicher, dass es sogleich Einsprachen dagegen geben wird. Dass es von einem Bundesgericht kassiert oder eingeschränkt werden wird, so wie zuvor schon ähnliche Dekrete von Bidens Vorgänger Donald Trump, gilt als wahrscheinlich.

Die Demokraten sind gespalten

Das zweite Problem ist die politische Glaubwürdigkeit von Bidens Kehrtwende. Hatte nicht er im Wahlkampf 2020 Trumps harte Migrationspolitik scharf kritisiert? Hatte nicht er versprochen, eine menschlichere Haltung an der Grenze zu zeigen – und damit Millionen hoffnungsvolle Migranten dazu motiviert, den beschwerlichen Weg nach Norden zu unternehmen? Und warum hat Biden drei Jahre lang den boomenden Zahlen von illegalen Grenzübertritten zugeschaut, bis er endlich handelte? Dass sein spätes Manöver allein wahltaktisch motiviert ist, ist allzu durchschaubar.

Das dritte Problem: Biden hat in der Migrationsfrage einen strukturellen Nachteil gegenüber Trump. Während Letzterer seine Partei geschlossen hinter sich weiss, muss Biden ständig Rücksicht auf die Parteilinke und die traditionell starke Wählerschaft von Einwanderergruppen nehmen. Das führte ihn im Wahlkampf 2020 zu den unvorsichtigen Äusserungen, die ihm nach gewonnener Wahl mit dem Einwanderungsboom zu schaffen machten. Trump hingegen kann ungeniert harte Sprüche gegen Einwanderer klopfen, ohne sein Renommee zu schädigen oder seine Partei zu spalten. Was man von ihm zu erwarten hat, hat er in seiner ersten Amtsperiode bewiesen, und die nackten Einwanderungszahlen machen es deutlich.

Es ist deshalb wahrscheinlich, dass Bidens Kehrtwende weder den Einwanderungsdruck stoppen noch seine Wahlchancen dramatisch verbessern wird. Das weiss natürlich auch das Beraterteam im Weissen Haus. Doch die Angst, mit noch härteren Massnahmen die eigene Wählerschaft auf der Parteilinken zu stark zu vergraulen, hält sie zurück.

Auch die Republikaner lavieren

Die Republikaner schütten aus diesen Gründen Hohn und Häme über Bidens Kehrtwende und stellen fest, dass er damit sein eigenes Versagen während der letzten drei Jahre bestätigt. Doch auch sie haben ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem.

Als Letztes haben sie im Mai auf Geheiss Trumps ein von Republikanern und Demokraten im Senat gemeinsam vorgeschlagenes Gesetz für mehr gesetzliche und finanzielle Mittel zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung torpediert. Damit hätten sie ein Problem aus der Amtszeit Trumps, der die Mittel der Einwanderungsbehörden und Gerichte beschnitten und damit den Asylstau verstärkt hatte, teilweise wettgemacht. Doch Trump ist offensichtlich nicht an einem effektiven Asylsystem interessiert.

Es ist allzu durchsichtig, dass er sich mit seinem Veto das ungelöste Migrationsthema für den Wahlkampf warmhalten möchte. Was die Wähler am Ende von diesem zynischen Kalkül halten, muss auch den republikanischen Parteistrategen ein wenig Sorgen machen.

Es braucht ein schärferes Asylrecht

Die Masseneinwanderung an Amerikas Südgrenze folgt klaren ökonomischen Anreizen. Die allermeisten Einwanderer unternehmen den langen, gefährlichen Weg durch mehrere zentralamerikanische Staaten nicht, weil sie nur in den USA Schutz vor politischer Verfolgung oder sonstiger unmittelbarer Gefährdung ihres Lebens erhalten können. Sie wollen mit allen Mitteln nach Amerika gelangen, weil das Land mit seinem überforderten Asylsystem ihnen die Aussicht auf einen langjährigen Aufenthalt und den Aufbau einer attraktiveren wirtschaftlichen Existenz verspricht.

Nur rund ein Fünftel der Einwanderer erhält laut Regierungsangaben politisches Asyl oder ein anderes Aufenthaltsrecht. Doch bis es zu einem Entscheid kommt, vergehen in der Regel Jahre. So hängen derzeit 2,4 Millionen ungelöste Asylfälle in den amerikanischen Gerichten.

Diese Art der Einwanderung wird erst deutlich zurückgehen, wenn die Grenze dafür stärker geschlossen wird. Dazu braucht es nicht in erster Linie eine Mauer, wie sie Trump vor acht Jahren versprochen und während seiner Präsidentschaft nur lückenhaft gebaut hatte. Es braucht ein schärferes Asylrecht mit weniger Einsprachemöglichkeiten und ausreichend Geld und Personal und Richter, um dieses effizient durchzusetzen und abgewiesene Asylbewerber rasch auszuweisen.

Dafür braucht es Gesetzesänderungen im Kongress, doch dort blockieren sich die beiden Parteien gegenseitig. Das Trauerspiel der politisch gewollten Unlösbarkeit der Migrationsfrage dürfte weitergehen, weil es beiden Parteien immer wieder nützt.

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