Die Vizekandidaten helfen bei der Wahlentscheidung mehr als Trump und Harris
Donald Trump macht einen überraschend schwachen Wahlkampf, der von Kamala Harris erschöpft sich in Familiengeschichten und Attacken auf ihren Gegner. Ganz anders die Vize-Kandidaten: Vance und Walz diskutierten kenntnisreich und glaubwürdig. Das macht die Defizite ihrer Chefs noch deutlicher.
Manchmal ist die Cover-Version besser als das Original. „All Along The Watchtower“ klingt zum Beispiel bei Jimi Hendrix wesentlich einprägsamer als bei Bob Dylan. Ähnlich verhält es sich manchmal in der Politik. Bei der TV-Debatte der US-Vizepräsidentschaftskandidaten am Montag konnten sowohl Tim Walz als auch J.D. Vance das politische Programm ihrer Spitzenkandidaten deutlich glaubwürdiger präsentieren als die „Originalinterpreten“ Kamala Harris und Donald Trump.
Harris beschränkte sich in der TV-Debatte und in ihren wenigen Interviews darauf, ellenlang ihre Familiengeschichte nachzuerzählen, ihren Gegner zu kritisieren und Nachfragen zu ihrem dünnen politischen Programm einfach zu ignorieren. Donald Trump ließ sich im Duell mit Harris vor einem Millionenpublikum zu egozentrischen Monologen über die Auslastung seiner Wahlkampfveranstaltungen hinreißen, anstatt Harris wirkungsvoll mit der Regierungsbilanz der Demokraten-Regierung zu konfrontieren. Beide Kontrahenten interessieren sich augenscheinlich mehr für sich selbst als für politische Inhalte.
Ganz anders Vance und Walz. Über die unterschiedlichen Lösungsvorschläge für die Migrationskrise diskutierten beide detailliert und kenntnisreich, bis die Moderatoren den Austausch unterbrachen, um zum nächsten Thema überzugehen. Und beide glichen die Defizite ihrer Chefs aus. Vance scheint ein wesentlich kohärenteres Konzept vom Trumpismus zu haben als Trump selbst. Und Walz kann als Gouverneur von Minnesota tatsächlich von sich behaupten, eine Agenda durchgesetzt zu haben, von der die Arbeiterschaft profitiert.
Das wirft die Frage auf, ob die jeweilige Nummer Zwei der Republikaner und der Demokraten nicht eigentlich die bessere Wahl für die Präsidentschaftsnominierung gewesen wären. Seit Harris‘ Inthronisierung betreibt Trump den inkompetentesten seiner drei Präsidentschafts-Wahlkämpfe.
Werbung für seltsame Krypto-Währungen
Statt sich auf seine populistischen Anfänge (Industriebasis stärken, keine neuen Kriege, Establishment-Kritik) zu besinnen, bewirbt er mittlerweile seltsame Krypto-Währungen, absolviert wesentlich weniger Wahlkampfveranstaltungen und hat kaum neue Ideen.
Harris ist unterdessen derart in die eigenen pseudo-bedeutungsschwangeren Sermone verliebt, dass sie regelrecht vergisst, den Menschen glaubhaft zu erklären, wie sich ihr Leben durch eine Harris-Präsidentschaft verbessern würde. Die TV-Debatte dürfte ratlosen Wählern jedenfalls eher bei der Wahlentscheidung geholfen haben als das Theater, das Trump und Harris während ihres Duells veranstaltet haben.
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