Harris or Trump? It Is Also a Critical Juncture For Science

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Harris oder Trump? Das ist auch eine Weichenstellung für die Wissenschaft

Der Ausgang der US-Wahl hat nicht nur Folgen für Europas Verteidigung. Auch für die Zukunft der Forschung ist entscheidend, ob Kamala Harris oder Donald Trump ins Weiße Haus einzieht, meint unser Gastautor, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.

Seit Jahrzehnten geben die USA den Takt für die Wissenschaft vor. Doch seit einiger Zeit stottert der amerikanische Forschungsmotor. In wenigen Jahren wird nicht Amerika, sondern China das Land mit den höchsten Forschungsausgaben sein. Bei der Zahl der Publikationen in den Natur- und Technikwissenschaften hat China die USA bereits überholt.

Jetzt fürchten viele amerikanische Wissenschaftler eine zweite Amtszeit von Donald Trump. Laut der Datenbank Silencing Science Tracker hat Trumps ehemalige Regierung 346 wissenschaftsfeindliche Aktivitäten zu verantworten. Nach Zensur und Fehldarstellungen von Forschungsergebnissen kam es zum Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, verbunden mit Trumps Ausspruch: „I don’t think science knows“.

Aufgrund dieser Erfahrungen hoffen viele US-Forscher jetzt auf eine wissenschaftsfreundliche Regierung unter Kamala Harris. Sie gehen davon aus, dass Harris internationale Kooperationen fortführt und die Gewinnung von Talenten für die Forschung erleichtert. Weil die USA nach wie vor stark von ausländischen Fachkräften abhängig sind, stellte die teilweise Abschottung des Landes unter Trump ein Rückschlag für die US-Wissenschaft dar.

Wenig unterscheiden dürften sich Trump und Harris im Umgang mit China. Durch Trumps „China Initiative“ ging die Zahl wissenschaftlicher Publikationen mit China zurück. Der Trend zu weniger China-Kooperationen setzte sich unter Biden fort und wirkt sich negativ auf den Fortschritt aus.

Seit über einem Jahr verhandeln die USA und China nun schon über die Verlängerung ihres Kooperationsvertrags für Forschung und Innovation. Entspannung ist nicht in Sicht, denn auch Harris will die Führungsrolle der USA durchsetzen.

In dieser geopolitischen Lage muss die europäische Wissenschaft ihren eigenen Weg bahnen. Zum einen müssen wir die Zusammenarbeit mit den USA weiterführen – unabhängig vom Ergebnis der Wahl. Zum anderen sollten wir weiter mit China arbeiten und dabei Risiken vermeiden. Schließlich müssen wir die Kooperation im europäischen Forschungsraum stärken und dazu die Nicht-EU-Staaten Großbritannien, Schweiz und Israel einbeziehen.

Die Politik der ehemaligen Trump-Regierung erschwerte nicht nur die internationale Zusammenarbeit. Sie führte auch zu einer Politisierung der Wissenschaft. Diese Politisierung könnte sich weiter verstärken, weil sowohl das konservative Project 2025 als auch Trumps Wahlprogramm Agenda 47 den Einfluss von Wissenschaftlern auf die Politik einschränken wollen. Deshalb wurden von der Biden-Regierung bereits Maßnahmen ergriffen, um die Forschungsintegrität von Wissenschaftlern in Regierungsbehörden zu sichern.

Alternative Fakten schaden dem akademischen Diskurs

Mehr denn je geht es bei dieser US-Wahl also um das Verhältnis von Wissenschaft und Politik. Klar ist: Der politische Prozess muss wissenschaftliche Evidenz einbeziehen. Um in einer Demokratie einen Konsens auszuhandeln, muss man Fakten anerkennen. Genau das konterkariert der Trumpismus mit seinen „alternativen Fakten“. Er verstärkt so einen Kulturkampf, der der demokratischen Debatte genauso schadet wie dem akademischen Diskurs.

Eine wissenschaftsfeindliche Politik in den USA würde sich weit über das Land hinaus auswirken. Sie könnte Wissenschaft und Fortschritt bremsen, China eine Vormachtstellung bei Forschung und Innovation verschaffen und sogar Wertvorstellungen im Wissenschaftssystem verändern. Die Wissenschaft in Deutschland und Europa muss ihre Interessen daher proaktiv wahrnehmen.

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