Elon Musk geriert sich wie ein oligarchischer Volkstribun
Den USA droht ein Shutdown, weil der reichste Mann der Welt einen Budgetkompromiss fast im Alleingang abgeschossen hat. Man fragt sich inzwischen, ob die US-Demokratie Züge einer Oligarchie annimmt und wo die Macht liegt. Bei Musk oder Trump?
Shutdowns gehören zur Folklore der US-Innenpolitik. Wenn sich der Kongress auf kein Budget einigen kann, fährt die Verwaltung aufs Notwendigste herunter. Beamte müssen in unbezahlten Zwangsurlaub gehen, Museen und Nationalparks bleiben geschlossen. Es bricht zwar keine Anarchie aus – Polizisten, Soldaten oder auch Fluglotsen versehen weiter ihren Dienst. Doch das öffentliche Leben liegt weitgehend lahm.
Seit 1981 haben die USA 14 Shutdowns durchgemacht, den letzten in Donald Trumps erster Amtszeit. Am Samstag ist es aller Wahrscheinlichkeit nach wieder so weit. Das Drama kennt Rituale wie das Weihnachtsfest. Es wird vorübergehen, auch wenn die Welt kollektiv den Kopf schütteln wird über die Selbstlähmung der Supermacht.
Gesetzesungetüm auf mehr als 1500 Seiten
Bemerkenswert jedoch ist, wie die Krise diesmal zustande kam. Republikaner und Demokraten hatten rechtzeitig einen Kompromiss ausgehandelt – in einem Gesetzesunge¬tüm auf mehr als 1500 Seiten. Es war für fast alle etwas drin – 100 Milliarden Dollar für Opfer diverser Katastrophen, zehn Milliarden Dollar an Bauernsubventionen, auch eine Erhöhung der Abgeordnetengehälter. Den Überblick hatten wahrscheinlich nicht einmal alle Mitglieder des Kongresses.
Sicherheitshalber weihte der republikanische Mehrheitsführer, Mike Johnson, noch die zwei künftigen Zaren für Kürzungen bei Regierungsausgaben in das Konsenspapier ein. Vivek Ramaswamy erhob keine Einwände, Elon Musk aber schoss auf seiner Plattform X aus allen Rohren. „Kill the Bill“ („Tötet das Gesetz“), lautete sein Schlachtruf in Anlehnung an einen Tarantino-Film. Republikanischen Abgeordneten, die für das Gesetz zur Übergangsfinanzierung stimmen würden, drohte er mit der Abwahl. Und siehe da, kurz danach stimmten auch der künftige US-Präsident Donald Trump und sein Stellvertreter J. D. Vance in den Chor ein.
Paradoxe Aufhebung des Schuldlimits
Paradoxerweise forderte die nächste Staatsspitze zudem, das Schuldenlimit zu heben. Das ist erstaunlich, denn dagegen sträuben sich Republikaner meist. Doch vorerst soll offenbar weiterer Spielraum fürs Regieren auf Pump geschaffen werden – und auch noch Joe Biden in dessen letzten Tagen im Amt umgehängt werden.
Mit Musks Kettensägen-Agenda passt das Manöver nicht ganz zusammen. Doch zwischen dem kommenden US-Präsidenten und dem reichsten Mann der Welt werden noch viele Funken sprühen. Musk hat sich auf gespenstische Weise ins Zentrum der Macht manövriert. Der Tech-Unternehmer ist stets an Trumps Seite, parliert mit Putin & Co, kommentiert manisch das Weltgeschehen und macht, wie nun beim Gesetz zur Übergangsfinanzierung, ganz konkret Politik. Dabei inszeniert er sich mit jakobinischem Eifer als libertärer Oberpopulist. „Vox populi vox Dei“ – „Die Stimme des Volkes ist Gottes Stimme“, postet er mit Vorliebe. Was wird das, wenn es fertig ist? Sind die USA auf dem Weg zu einer populistischen Oligarchie?
Der Trumpismus ist monotheistisch
Der Tesla-Zampano hat durchaus valide Punkte. Eine radikale Durchforstung von Staatsausgaben kann der US-Wirtschaft starke Impulse verleihen. Und Musk hat auch völlig recht, wenn er rechtzeitige digitale Transparenz fordert bei dem umstrittenen und undurchsichtigen Omnibus-Gesetz.
Doch es irritiert zunehmend, wie ungehemmt und rauschhaft der Krösus im ¬Gestus der Allwissenheit agiert, als ob er selbst zum Präsident gewählt worden wäre. Mittlerweile fragt man sich, wo die Macht liegt: bei Musk oder bei Trump. Auf Dauer wird sich das Trump kaum gefallen lassen. Einen zweiten Gott neben sich wird er nicht dulden. Der Trumpismus ist monotheistisch.
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