Trump ist Putins Verbündeter – gegen die Ukraine und gegen Europa
Der US-Präsident übernimmt Sprache und Weltsicht des Aggressors und wirft so 80 Jahre US-Weltpolitik über Bord. Offenbar will er, dass Russland den Krieg gewinnt
Bis Dienstagabend konnte man hoffen, dass die amerikanische Kehrtwende in der Ukraine-Politik unter Donald Trump zu etwas Gutem führen werde – zu einem Waffenstillstand, der der Ukraine zwar einen bedeutenden Verlust an Territorium zumuten, ihr aber dennoch Unabhängigkeit und Sicherheit geben würde. Die Zugeständnisse, die von der Trump-Regierung schon im Vorfeld an Moskau gemacht wurden, waren zwar verhandlungstechnisch fragwürdig, aber eine Anerkennung der Realität: Die Ukraine kann die besetzten Gebiete nicht militärisch befreien, und eine Nato-Mitgliedschaft ist nicht zwingend, wenn es andere Garantien gibt.
Die US-russischen Verhandlungen in Riad waren zwar durch den Ausschluss Kiews und der EU ein falsches Signal. Aber US-Außenminister Marco Rubio bemühte sich danach, die Angst der Ukraine zu zerstreuen, dass sie den russischen Wölfen zum Fraß vorgeworfen werde. Russland hat es zwar nicht verdient, dass seine internationale Isolation von den USA aufgehoben wird. Aber wenn der Krieg so beendet werden kann, dann ist es nicht ganz falsch.
Doch dann meldete sich in Florida sein Boss zu Wort und machte klar, wo er in diesem Konflikt steht: fest aufseiten Wladimir Putins. Indem Trump in einer völligen Verdrehung der Fakten Wolodymyr Selenskyj die Schuld am Krieg zuschiebt, übernimmt er die Sprache und Weltsicht des Aggressors und nimmt ihm jeden Anreiz, auf das vollständige Erreichen seiner Kriegsziele zu verzichten
Worum es Putin geht
Und diese drehen sich nicht nur um ein großes Stück Land, wie der Immobilienmensch Trump es glaubt, vergleichbar mit seinem eigenen Griff nach Grönland. Putin will keine nach Westen ausgerichtete unabhängige Ukraine tolerieren, weil dies seine eigene Herrschaft bedrohen könnte. Er zieht die Legitimität Selenskyjs in Zweifel, weil dieser im Krieg keine Präsidentenwahl abhalten will, als ob Putin nicht selbst alle demokratischen Spielregeln bei seiner letzten Wiederwahl missachtet hätte. Und ihm geht es nicht nur um das große Nachbarland, sondern um die Schwächung Europas und das Brechen des transatlantischen Bündnisses.
Was immer die USA und Russland über den Kopf Selenskyjs und der EU hinweg ausschnapsen, wird Putin nicht davon abhalten, diese Ziele weiterzuverfolgen. Und während wichtige Stimmen unter den US-Republikanern und in Trumps eigenem Team die Ukraine nicht fallen lassen wollen, macht der Präsident klar, dass ihm das Schicksal dieses Landes völlig egal ist, genauso wie die Zukunft des Westens. Die militärische Unterstützung der USA ist für die ukrainische Armee lebensnotwendig, aber Trump könnte sie jeden Moment abdrehen – und wird das wahrscheinlich tun. Diese Lücke würden die Europäer nur schwer füllen können. Putin würde aus diesem Krieg, den er gegen jede Vernunft angezettelt hat, als Sieger hervorgehen. Der Ukraine droht nicht ein Diktatfrieden, sondern die Vernichtung als souveräner Staat.
Kann das in Trumps Sinne sein? Offenbar ja. Sei es seine Bewunderung für alle Autokraten oder andere, noch sinisterere Gründe – Putin hat in Trump einen neuen mächtigen Verbündeten gefunden, vielleicht sogar eine Marionette. Ihr gemeinsamer Feind ist das liberale Europa, das nun von zwei Seiten bedroht wird – und angesichts der Stärke rechtsextremer Parteien auch von innen. 80 Jahre US-Weltpolitik werden mit einem Schlag über Bord geworfen. Für Europa ist es die größte Herausforderung seit 1945 – für die USA die größte Schande.
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