Die westliche Welt braucht einen neuen Anführer
Europa muss sich militärisch etablieren, auf diese USA unter Präsident Donald Trump kann man sich nicht mehr verlassen. Auch Österreich wird die Rolle seiner Neutralität überdenken müssen.
Es war vor vielen Jahren bei einem Grillabend in Washington, bei dem – wider das ungeschriebene Gesetz, dass bei privaten Einladungen nicht über Politik und Religion gesprochen wird – die Rede auf den Irak-Krieg kam. Die USA unter dem damaligen Präsidenten, ¬George W. Bush, glaubten, man müsse nur Saddam Hussein stürzen und alle anderen Diktaturen und Autokratien würden wie Dominosteine Richtung Demokratie fallen.
Ein Irrglaube, der die USA tief spaltete und im Chaos endete. Der US-Gesprächspartner brachte die kritische Debatte über die Politik der USA damals mit einer simplen Frage zum Verstummen: Wofür sei denn Europa bereit, in den Krieg zu ziehen? Wofür seien denn die Europäer bereit zu sterben?
Europa war immer ein bequemer Trittbrettfahrer der USA. Man muss sich nur an die Jugoslawien-Kriege in den 1990er-Jahren erinnern, in denen es die schlimmsten Völkermorde seit Ende des Zweiten Weltkriegs gab. Und was tat Europa gegen die Massaker auf seinem eigenen Kontinent? Man setzte Arbeitsgruppen ein. Erst nach dem Okay der USA griff die Nato mit Waffengewalt in den Konflikt ein.
Anfang vom Ende des Westens
Auf die Vereinigten Staaten kann man heute nicht mehr bauen, Washington ist kein verlässlicher Partner der westlichen Welt mehr. Wer diese Hoffnung nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten noch gehabt hat, der musste sie spätestens am Freitag nach dem Eklat im Oval Office mit Ukraines Präsident, Selenskij, begraben. Was wir hier erlebt haben, ist der Anfang vom Ende des Westens wie wir ihn kennen.
Trump will den Krieg zwischen der Ukraine und Russland mit allen Mitteln beenden, der Preis scheint ihm egal zu sein. Europa bindet er erst gar nicht ein. Das ist hoffentlich der letzte Weckruf, den die EU gebraucht hat. Bei einem Gipfel am Sonntag haben sich der britische Premierminister, Keir Starmer, und Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, immerhin darauf verständigt, dass man mit „ein, zwei weiteren Ländern“ einen Plan zur Beendigung des Kriegs erarbeiten werde. Am Donnerstag wird sich auch der Europäische Rat bei einer außerordentlichen Tagung mit der Frage beschäftigen.
Tagungen, Vorhaben und Versprechungen werden nicht genügen, Europa muss mit Taten folgen, die am Ende zu einer starken europäischen Macht innerhalb der Nato, wenn nicht sogar zu einem eigenen Militärbündnis führen müssen. Die Zukunft der Nato, die immer von den USA diktiert war, ist bei diesem US-Präsidenten ohnehin völlig unklar.
Verunsicherte, verbitterte US-Gesellschaft
Das wird teuer, aber nur so wird Europa am Tisch der Weltpolitik wieder Platz nehmen können. Die EU wird nur ernst genommen werden, wenn sie eine militärische Macht ist, die bei einem Krieg auf dem eigenen Kontinent nicht mehr nur an der Seitenlinie steht, sondern bereit ist, für etwas einzutreten und dafür auch Leben zu riskieren. Auch Österreich wird eine Rolle bei diesem Militärbündnis spielen und seine Neutralität überdenken müssen.
Es wird übrigens nicht genügen, Trump auszusitzen und auf einen vernünftigeren Nachfolger zu hoffen, weil die USA nicht mehr das Land sind, das sie einst waren. Die US-Gesellschaft ist keine hoffnungsvolle mehr, die stets daran geglaubt hat, dass alles immer besser wird. Die USA sind mittlerweile eine verbitterte und verunsicherte Gesellschaft, das hat der recht eindeutige Sieg von Donald Trump, der alle Swing States für sich entschieden hat, gezeigt.
Die westliche Welt braucht einen neuen Anführer. Die USA sind es nicht mehr.
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