Trumps Eitelkeit wird den Krieg entscheiden
Nach den Verhandlungen besteht wenig Hoffnung, dass ein schneller Waffenstillstand möglich wird. Russlands radikale Sicht auf den Krieg lässt wenig Raum für Kompromisse. Aber weiß das auch der US-Präsident? Und welche Rolle spielt seine Sympathie für Wladimir Putin?
Nach herkömmlichen Maßstäben müsste der Auftakt zu den Ukraine-Verhandlungen auch gleich ihr Ende bedeuten. Nach der Scheinunterwerfung der Ukraine unter das amerikanische Diktat (Rohstoffdeal plus Klappe halten) durfte das Weiße Haus nun die Verhandlungsposition des Aggressors entgegennehmen, die aus gespielter Süßlichkeit und ollen Kamellen bestand. Selbst über den Sondergesandten lässt Wladimir Putin vermutlich nur schöne Grüße nach Washington bestellen – aber nicht mehr.
Viel wird nun interpretiert werden, was genau von Putins Bedingungen für einen Waffenstillstand zu halten ist. Kapitulation in Kursk, Ende der Bewaffnung und Unterstützung der Ukraine, Neuwahlen, „prinzipielle Ordnungsfragen“ – das kann bis zur Forderung nach einer Auflösung der Nato reichen. Der Katalog zeugt nicht von erhöhter Kompromissbereitschaft oder der Einsicht, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann und ablassen sollte von seinem revanchistischen Großprojekt einer Neuordnung Europas.
Die Ukraine kann sich nur verweigern
Insofern könnte man die Verhandlungen auch beenden. Die Ukraine wird und kann auf diese Bedingungen nicht eingehen. Und Putin offenbart selbst nach drei Jahren Krieg und Hunderttausenden Toten und Verletzten eine ideologische Verbohrtheit, die keine Einsicht zu seinen Lebzeiten erwarten lässt. Was nun hälfe, wäre die Festigung der ukrainischen Front, die Stärkung der Abwehr von Drohnen und Raketen und vor allem ein politisches Signal, dass die Ukraine nicht vereinsamen wird.
So einfach wird es aber nicht sein. Wladimir Putin hat, um im Bild des Kartenenthusiasten Trump zu bleiben, sein Blatt nicht endgültig gespielt. Putin will Trump in seine Hirnhemisphäre locken, die dem amerikanischen Präsidenten allemal näher ist als die Denke Selenskijs oder der Freunde der Ukraine. Putin kann also noch ein wenig Zwietracht säen, Zweifel streuen, provozieren. Dazu verhält er sich wohlgefällig, aber nicht unterwürfig. Allerdings darf er auch nicht zu viel Widerborstigkeit zeigen. Trump reagiert mit niedrigen Instinkten und unberechenbar auf Widerspruch. Aber das wird der Stimmungsmanipulator Putin wissen.
Trump wiederum hat schon mehr geliefert, als sich Russlands Diktator je erhoffen durfte. Der europäisch-kanadische Teil des nordatlantischen Bündnisses bereitet sich auf eine Zukunft ohne die USA vor, Rat- und Kopflosigkeit machen Europa zum leichten Ziel für ideologische und sonstige Spaltungsattacken. Der von Putin gewünschte Rückbau der westlichen Sicherheitsarchitektur hat längst begonnen. Vielleicht verlassen die USA das Nato-Bündnis ohne russisches Zutun – hinreichend viele Drohungen gibt es bereits. Und die Ukraine war allemal nur Hebel in einem großen strategischen Spiel. Europa allein würde nur mit großer Mühe ihr Schicksal wenden können.
Schneller als vermutet ist die sogenannte Verhandlung dort gelandet, wo sie begonnen hatte: im Weißen Haus. Aggressor, Opfer und der vermeintliche Friedensstifter Donald Trump haben einmal im Kreis argumentiert, erwartungsgemäß ist die Erleuchtung nicht vom Himmel herabgefallen. Das macht die Situation so gefährlich, Trump ist jetzt am Zug. Seine Berater werden ihm zu Misstrauen Putin gegenüber raten. Sein Instinkt aber wird ihn in die Nähe des russischen Potentaten treiben, den er als einen Bruder im Geiste sieht, als einen Opfer-Bruder. Was sich in den nächsten Tagen in Trumps Kopf entwickelt, wird kriegsentscheidend sein – im schlimmsten Wortsinn.
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