Trump hat recht – aber nur auf den ersten Blick
Handelsbilanzdefizit? Europas Abgaben auf US-Autos sind noch viel höher? Der Präsident spielt zur Begründung seiner neuen Maßnahme gegen europäische Autos mit Halbwahrheiten. Mit dem Vorhaben würde er weltweit Lieferketten durcheinanderbringen.
Donald Trump hat nun also den „Tag der Befreiung Amerikas“ ausgerufen. Vom 2. April an will der US-Präsident einen neuen Zoll auf Autoimporte verhängen: 25 Prozent. Wenn es wirklich so kommt, steht die Welt vor einem Handelskrieg. In einem solchen Krieg gelten keine Gesetze oder Regeln, schon gar nicht die der Welthandelsorganisation (WTO). Die ist Trump vollkommen egal, er verachtet den freien und regelbasierten Welthandel, den seine Vorgänger über Jahrzehnte geprägt haben. Er nennt sich selber „Zoll-Mann“, und bei dem zählt nur eines: das Recht des Stärkeren.
Die Ausgangslage ist aus seiner Sicht ziemlich simpel. Die USA sind durch ihre Wirtschaftsmacht in der Lage, andere zu erpressen. Für Trump sind Zölle Mittel zum Zweck. Und so hat er eine Einladung an die Autohersteller dieser Welt ausgesprochen: Kommt zu uns, baut eure Fahrzeuge in Good Old America. All jene Autos, die in den USA produziert werden, bleiben von den Zöllen verschont. Für den Rest gilt: Zahlen!
Eine US-Gewerkschaft jubelt. Als hätte sie Grund dazu
Trump will vor allem zweierlei erreichen. Erstens: die heimische Industrie stärken, darunter den Autokonzern Tesla, der seinem Berater Elon Musk gehört. Zweitens will er dafür sorgen, dass ausländische Hersteller ihre Produktion in die USA verlagern und so neue Arbeitsplätze schaffen. Beides ist ganz im Sinne der „United Auto Workers“, der mächtigen Automobilgewerkschaft – der Jubel ist dort entsprechend groß.
Trotzdem ist Trumps Vorhaben verhängnisvoll. Der Einfuhrzoll in Höhe von 25 Prozent soll ja nicht nur für Autos gelten, sondern auch für Fahrzeugteile, also für Motoren, Getriebe, Achsen. Das würde internationale Lieferketten durcheinanderbringen – und am Ende auch US-Autohersteller treffen, die auf Teile aus dem Ausland angewiesen sind. Kein Wunder, dass die Aktienkurse von Ford, General Motors und auch Tesla nach der Zoll-Ankündigung erst einmal nachgaben.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weist zu Recht darauf hin, dass Zölle nur dazu führen, dass Waren teurer werden – auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Sache ist nur: Die von Brüssel geplanten Vergeltungszölle nach WTO-Regeln kümmern Trump nicht groß. So war es schon nach seinen Importzöllen auf Stahl und Aluminium: Soll die EU doch ruhig 50 Prozent Einfuhrzoll auf Bourbon-Whiskey verhängen, dann antwortet er eben mit 200 Prozent Zoll auf Champagner. Wer ist hier der Stärkere?
Der Handelsblock EU ist ihm zuwider
Für Trump sind die Europäer Schmarotzer, die Amerika nur ausnutzen: Sie wollen die Sicherheitsgarantie der USA, inklusive atomaren Schutzschilds – und zum Dank bereichern sie sich auch noch, indem sie Unmengen an Autos in die USA verkaufen. Trump hat zwar recht, wenn er das Handelsdefizit von 157 Milliarden Euro mit der EU beklagt. Was er dabei aber verschweigt: Dank ihrer Digitalkonzerne haben die USA einen Überschuss bei Dienstleistungen von 109 Milliarden Euro.
Bei den Autos ist es so: Die EU erhebt bislang zehn Prozent Zoll auf Fahrzeuge aus Amerika, die USA dagegen nur 2,5 Prozent auf viele Fahrzeuge aus der Europäischen Union. Trump hat also auf den ersten Blick recht, wenn er darauf pocht, dass die EU ihre Zölle auf US-Niveau senkt. Doch bei seiner Argumentation fehlt, dass die USA auf SUVs und Pick-ups aus Europa seit Langem einen Zoll von 25 Prozent erheben, bis zu 15 Prozentpunkte mehr als umgekehrt die Europäer.
Nimmt man Trump beim Wort, will er der EU nur das in Rechnung stellen, was sie ihrerseits von den USA verlangt. Und am liebsten würde er mit den Mitgliedstaaten einzeln verhandeln – und damit die Europäische Union spalten. Als Handelsblock ist sie ihm zuwider, weil der europäische Binnenmarkt eben ein Machtfaktor im Welthandel ist. Die Frage lautet also: Ist die EU so stark, dass sie Trumps Zölle noch verhindern kann? Nun, es ist nicht so, dass Brüssel den Amerikanern keine Deals in Aussicht gestellt hätte. Kann sein, dass es dazu noch kommt. Kann aber auch sein, dass Trump die Zölle in Kraft treten lässt und einfach mal wartet, was passiert.
Merz und die Konzernchefs müssen nach Washington
In Europa würde das vor allem Deutschland treffen. Aus der Bundesrepublik wurden im vergangenen Jahr so viele Autos in die USA exportiert wie aus keinem anderen Land. Schon wahr, Volkswagen, BMW und Mercedes haben Werke in Amerika, aber viele Modelle werden in Europa gebaut und dann in die USA exportiert. Klar ist: Trumps Autozölle wären ein Schlag für die deutsche Autoindustrie. Und das zu einem Zeitpunkt, in dem die Branche ohnehin in einer gewaltigen Krise steckt.
Was also tun? Der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz sollte in enger Kooperation mit Brüssel möglichst bald mit den Chefs der großen Autokonzerne nach Washington reisen. Ob sie dort etwas erreichen können, kann niemand sagen. Dealmaker Trump dürfte sich zumindest geschmeichelt fühlen. Und das wäre ja nicht das Schlechteste in einem Handelskonflikt, der vom Narzissmus eines Mannes geprägt ist, der „Zoll-Mann“ für einen schicken Beinamen hält.
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