Fighting Among Friends

Published in Die Zeit
(Germany) on 18 September 2008
by Ulrich Ladurner (link to originallink to original)
Translated from by Ron Argentati. Edited by .
U.S. President Bush authorizes military strikes into Pakistan. That’s not only risky, it’s risky for Germany as well

America has never left any doubt that it refuses to be deterred from going after terrorists – not by enemies, not by friends and not by allies. After the attacks of 9/11, George Bush said he wanted Osama bin Laden “dead or alive.” According to reports in the New York Times, he has now given the order that U.S. troops are authorized to penetrate Pakistani national territory without first asking Pakistan’s permission. That’s exactly what occurred on September 7th of this year. Special operations troops entered a border village, fighting broke out and twenty people were reportedly killed. It was an act of war on the sovereign territory of a nation still considered a close ally of the United States in its war on terror. And that’s taboo.

The United States has complained for some time that the Pakistani government hasn’t gone after extremists in its border regions with enough enthusiasm. Pakistanis have reacted sensitively to such criticism. They have, after all, dispatched nearly 70,000 troops to the border areas and nearly a thousand of them have been killed in action to date. But the fact remains that the Taliban and al-Qaeda are still able to use the border tribal areas as a safe haven for rest and relaxation. They are able to launch increasingly successful attacks against targets in Afghanistan from this relatively safe position. Militarily, then, it’s logical to want to deny the Taliban this opportunity. But the risks are enormous.

First, there’s Pakistan itself. The country is in the midst of a difficult period of transition. General Pervez Musharraf’s military dictatorship has ended, but a new government is not yet in place. In such a precarious spot, the last thing Pakistan needs is a foreign invasion of its territory. The advance of American troops is, above all, a dangerous provocation aimed at the Pakistani army. It was nonetheless attacked. Under General Pervez Musharraf, the army had been in power for almost nine years. Now, its image has been severely damaged. If the Pakistani army was previously seen as the only remaining unsoiled and functioning entity in the country, it’s now getting a reputation for corruption similar to the political parties. For that reason, the new Chief of the General Staff, Ashfaq Kayani, has expressly forbidden any military contact with politicians. The army is to be the army, and nothing else.

But what happens if this army proves incapable of defending Pakistan’s own borders? What happens if officers are found to be not only corrupt but also unable to protect Pakistani citizens from foreign invaders? That would rob them of any remaining credibility. But they, in fact, could react before it gets that far. How? By shooting back, or having others shoot back for them. A few days ago, reports circulated that Pakistani troops fired on two American helicopters that had violated Pakistani air space. The report was quickly denied by both Pakistani and American sources. At the same time, however, Pakistani Premier Yusuf Gilani said “we will defend our territorial integrity with every means available.” While it’s highly unlikely a shooting war between Pakistan and the United States would develop, it’s certain Pakistan intends to react against cross-border attacks. The likely scenario is that Pakistan would arm the Pashtun Taliban, its surrogates in Afghanistan. That would lead to the increased destabilization of Afghanistan, and further spiraling escalation of the war.

The American incursions into Pakistan pose considerable risk for the entire West. The American special operations forces come out of Afghanistan, a country over which NATO has shared responsibility. As expected, NATO has already hastened to clarify that it has nothing to do with the American actions, but that’s not how it’s perceived in Pakistan. Any difference between NATO and US forces has long since ceased to have meaning for many Pakistanis: Western troops are invading Pakistan. The West is attacking us, is the perception that could take hold. Extremist political parties already know how to exploit such a situation. Any differences between the United States and Europe, any differences between just plain war and the war on terror disappear. That’s extremely problematic for those countries, Germany included, currently involved in the reconstruction of Afghanistan. First, Germany has been able to justify its presence in Afghanistan to its own people by distancing itself from American actions there. Second, any expansion of the war into Pakistan makes the peacekeepers and rebuilders look more like war-mongers.

In other words, both internal and external legitimacy begins to crumble.



Gefechte unter Freunden
Von Ulrich Ladurner | © DIE ZEIT, 18.09.2008 Nr. 39

Schlagworte: Internationale Beziehungen Konflikt
US-Präsident Bush erlaubt militärische Vorstöße nach Pakistan. Das birgt große Risiken – auch für Deutschland


Taliban: Pakistan dient ihnen als Ruheraum und Rückzugsgebiet

© Tariq Mahmood/AFP/Getty Images

Amerika hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass es sich bei seiner Jagd nach Terroristen von niemandem aufhalten lassen will – nicht von Feinden, nicht von Freunden und auch nicht von Verbündeten. »Tot oder lebendig« wolle er Osama bin Laden haben, sagte George W. Bush nach den Attentaten vom 11. September 2001. Nach Angaben der New York Times hat er die Order gegeben, dass US-Soldaten auf pakistanisches Staatsgebiet vordringen können, ohne die Pakistaner um Erlaubnis zu fragen. Genau das ist am 7. September geschehen. Ein Spezialkommando drang in ein Grenzdorf ein. Es kam zu einer Schießerei. Zwanzig Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Es war eine Kriegshandlung auf dem Gebiet eines souveränen Staates, der noch dazu zu den engsten Verbündeten der USA im Kampf gegen den Terror gehört. Das ist ein Tabubruch.

Überraschend kam er nicht. Die USA haben sich schon seit einiger Zeit darüber beklagt, dass die pakistanische Regierung nicht mit genügend Verve gegen Extremisten in den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan vorgehe. Die Pakistaner reagierten sehr empfindlich auf diese Kritik. Immerhin hatten sie teilweise bis zu 70.000 Soldaten in die Stammesgebiete geschickt, und rund tausend von ihnen sind im Kampf gefallen. Doch es bleibt dabei: Die Taliban und al-Qaida können die Stammesgebiete als Ruheraum und Rückzugsgebiet weiter nutzen. Aus diesem relativ sicheren Hinterland stoßen sie zunehmend erfolgreich nach Afghanistan vor. Militärisch ist es daher wohl folgerichtig, den Taliban diese Möglichkeit nehmen zu wollen. Doch die Risiken sind gewaltig.

Da ist zunächst einmal Pakistan selbst. Das Land befindet sich in einer Phase des schwierigen Übergangs. Die Militärdiktatur des Generals Pervez Musharraf ist zu Ende gegangen, das neue System aber ist noch nicht in Sicht. In dieser prekären Lage kann Pakistan alles andere brauchen als einen fremden Vorstoß auf das eigene Staatsgebiet. Das Vordringen der US-Soldaten ist vor allem für die pakistanische Armee eine gefährliche Provokation. Sie ist ohnehin angeschlagen. Mit ihrem General Pervez Musharraf als Präsidenten war sie fast neun Jahre lang an der Macht. Dabei ist ihr Image schwer beschädigt worden. Galt die Armee unter den Pakistanern lange als die einzige saubere, funktionierende Institution, so steht sie heute in dem Ruf, genauso korrupt zu sein wie die politischen Parteien. Darum hat der neue Generalstabschef Ashfaq Kayani seinen Offizieren den Umgang mit den Politikern regelrecht verboten. Die Armee soll Armee sein und nichts anderes.

Aber was ist, wenn sich jetzt herausstellt, dass diese Armee nicht einmal in der Lage ist, die eigenen Grenzen zu verteidigen? Was ist, wenn Offiziere nicht nur korrupt sind, sondern nicht einmal die eigenen Bürger vor den Angriffen ausländischer Soldaten schützen können? Das würde ihr den letzten Rest Glaubwürdigkeit rauben. Bevor das geschieht, könnte sie in der Tat reagieren. Wie? Indem sie zurückschießt oder von anderen zurückschießen lässt. Vor wenigen Tagen ist berichtet worden, dass pakistanische Soldaten auf zwei US-Hubschrauber geschossen hätten, die über die Grenze geflogen waren. Die Meldung wurde von pakistanischen und amerikanische Stellen schnell dementiert. Doch Pakistans Premier Yusuf Gilani machte klar, dass »wir die territoriale Integrität unseres Landes mit allen Mitteln schützen werden«. Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass es zu einem Krieg zwischen den USA und Pakistan kommt, doch sicher ist, dass Pakistan auf Grenzverletzungen reagieren wird. Wahrscheinlich wird das in gewohnter Manier geschehen: Pakistan wird seine Stellvertreter in Afghanistan aufrüsten. Das sind nun einmal die paschtunischen Taliban. Dies wiederum wird zu einer stärkeren Destabilisierung Afghanistans führen. Die Spirale des Krieges wird sich also weiterdrehen.

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Die Risiken der amerikanischen Vorstöße nach Pakistan sind für den Westen insgesamt erheblich. Immerhin kommen die Spezialkommandos aus Afghanistan, einem Land, das von der Nato zumindest mitbeherrscht wird. Tatsächlich hat sich die Nato beeilt, zu erklären, dass sie mit den Aktionen der USA nichts zu tun habe, doch das wird in Pakistan kaum wahrgenommen. Der Unterschied zwischen Nato und US-Armee ist aus der Sicht vieler Pakistaner verwischt. Es sind westliche Truppen, die in Pakistan eindringen. Der Westen greift an – das ist die Meinung, die sich durchsetzen könnte. Extremistische Parteien werden sie zu nutzen wissen. Die Differenz etwa zwischen USA und Europa, der Unterschied zwischen Kampf und Krieg gegen den Terror geht verloren. Das ist für alle Staaten, die sich um den Wiederaufbau in Afghanistan bemühen, äußerst problematisch – Deutschland mit eingeschlossen. Zum einen hat man den Afghanistaneinsatz bei der eigenen Bevölkerung auch mit einer Differenz zu dem Vorgehen der USA legitimiert. Zum anderen lässt eine Ausweitung des Krieges nach Pakistan den Friedensbringer als Kriegstreiber erscheinen. Mit anderen Worten: Die innere wie die äußere Legitimation beginnen zu bröckeln.

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