OPD: 8/11
Edited by Gillian Palmer
Romney zeigt klare Kante
Von Nils Rüdel
11.08.2012
Weniger Schulden, wenig Staat, niedrige Steuern: Mit Paul Ryan als Vize holt sich der bislang blasse Mitt Romney einen Politiker mit Profil ins Team. Der Schritt des Obama-Herausforderers ist mutig, aber hochriskant.
Mitt Romney hat zwei harte Monate hinter sich. Der Verdacht, der Multimillionär habe bei der Steuer getrickst. Die Vorwürfe, er habe als Chef eines Finanzinvestors Jobs vernichtet, um sich selbst und seine Investoren reich zu machen. Dann auch noch der von Peinlichkeiten begleitete Trip des republikanischen Präsidentschaftskandidaten nach Europa. Festwochen für Gegner Barack Obama und seine Demokraten.
Derart in der Defensive, hat Romney nun einen Befreiungsschlag gewagt: Mit der Nominierung von Paul Ryan als Kandidat für die Vizepräsidentschaft setzt er für die nächsten Tage ein neues Thema. Vor allem aber gibt er dem Rennen ums Weiße Haus einen neuen Charakter: Inhalte statt persönliche Attacken. Und das kann dem Wahlkampf nur guttun.
Denn der smarte Ryan steht wie kaum ein anderer prominenter Republikaner für ein klares Programm: die radikale Verringerung der öffentlichen Schulden, wenig Staat und niedrige Steuern. Mit dem Ryan-Plan hatte der 42-jährige Chef des Haushaltsausschusses bereits dargelegt, wie er das erreichen will – unter anderem durch Kürzungen in den Gesundheitsprogrammen für Alte und Arme. Das Programm war seinerzeit selbst vielen Republikanern zu radikal, doch es gefällt jenen konservativen Parteigängern, die den Staat auf ein Minimum reduziert haben wollen.
Bislang hat Romney meist klare Bekenntnisse gemieden und galt vielen als Wendehals. Er hatte sich empfohlen als Fachmann, der weiß, wie man die Wirtschaft wieder stark macht, und ansonsten darauf gehofft, dass die Amerikaner die Wahl im November als Abstimmung über die bescheidenen wirtschaftlichen Erfolge Obamas betrachten. Doch das reichte offenbar nicht.
Mit Ryan zeigt Romney nun klare Kante. Er hebt den Wahlkampf aus den Niederungen und bietet den verunsicherten Amerikanern eine Vision, wie das Land wieder auf die Beine kommen kann und welche Rolle der Staat in Zukunft spielen soll. Man muss Ryans Programm nicht mögen, aber immerhin ist es eins. Und es bringt eine der größten Gefahren für Amerikas Wohlstand schlagartig zurück auf die Tagesordnung: die ausufernden Staatsschulden.
Für die Demokraten ist Ryan deshalb eine Bedrohung. Dazu kommen die persönlichen Eigenschaften des Vize-Kandidaten: Er ist klug, schlagfertig und dynamisch, ganz wie der Präsident selbst im Wahlkampf 2008. „Ryan ist der Obama der Republikaner“, schrieb das Magazin „Politico“. Der amtierende Vizepräsident Joe Biden wird es bei den TV-Debatten nicht leicht haben.
Und dennoch geht Romney mit der Personalie Ryan ein hohes Risiko ein. Denn wer konkret wird, wird angreifbar. Obama wird sich deshalb lustvoll in seinen Wahlkampfreden auf all die Grausamkeiten stürzen, die sich der Vize-Kandidat in seinem Plan ausgedacht hat. Er wird Ryan wie auch schon Romney als den Totengräber der Mittelschicht darstellen, als Anti-Robin-Hood, der den Armen nimmt und den Reichen gibt. In ersten Reaktionen freuten sich die Demokraten bereits auf den Kampf.
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