America’s Gift to Obama

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Amerikas Geschenk an Obama

Seine erste Amtszeit war nicht überragend, aber nun kann sich Barack Obama einen Platz in den Geschichtsbüchern erkämpfen. Die Wiederwahl ist ein Geschenk für ihn und eine Chance für Amerika. von Ines Zöttl Washington

Ein Sieg von Mitt Romney wäre keine Katastrophe gewesen. Der Sieg von Barack Obama ist für Amerika und die Welt besser. Das Land hat in den vergangenen vier Jahren keinen herausragenden Präsidenten erlebt, aber einen, der sich in schwierigen Zeiten einigermaßen geschlagen hat. Obama trägt, anders als vom Gegner im Wahlkampf behauptet, nicht die Schuld an der wirtschaftlichen Misere.

Im Gegenteil: Ohne sein umstrittenes Milliarden-Konjunkturpaket stünden Unternehmer wie Arbeitnehmer heute schlechter da. Der Präsident hatte eine Wette abgeschlossen, dass sich die staatliche Investition lohnt – auch die in die Rettung der heimischen Autoindustrie vor der Pleite. Beides stieß zu Hause auf wenig Sympathien. Aber er hat die Wette gewonnen: Nach dem tiefen Einbruch der vergangenen Jahre sind die USA dabei, sich wirtschaftlich zu erholen. Der neue alte Präsident wird alles unternehmen, um auf diesen Pfad zu bleiben. Denn daran wird er gemessen. Europa, das mit seiner eigenen Krise kämpft, dürfte dafür dankbar sein.

Romneys Versprechen einer mutigen Steuer- und Deregulierungspolitik hat einiges für sich. Doch mehr als Versprechen waren es nie: Details ist der Konservative stets schuldig geblieben und damit fehlt ihm auch jede Glaubwürdigkeit. Sein Sieg hätte erst einmal nur Unsicherheit gebracht: Denn welcher Romney wäre da ins Amt gekommen, der moderate Manager oder der, der monatelang den Radikalkonservativen seiner Partei nach dem Mund geredet hatte? Allein die Frage, inwieweit Romney Obamas große Errungenschaft, die Krankenversicherung “Obamacare” zurückgedreht hätte, hätte eine ganze Branche in Turbulenzen gestürzt.

Obama hat nun die Chance, in seiner zweiten Amtszeit das besser zu machen, was er in der ersten versäumt hat: Ernsthaft daran zu gehen, das bedrohlich wachsende Haushaltsdefizit der USA zu bekämpfen. Man kann nur hoffen, dass der Kongress die Schlappe für Romney als Votum zur Zusammenarbeit begreift: Denn weiterhin werden die Republikaner im Repräsentantenhaus mit ihrer Mehrheit blockieren können. Die USA – und alle anderen Staaten – brauchen aber eine schnelle Lösung, wenn sie nicht am 1. Januar vom “Fiscal Clliff” der automatischen Haushaltskürzungen stürzen wollen. Es ist eine Chance für beide Seiten, zu einer vernünftigen Zusammenarbeit zurückzukehren. Und eine Einigung hier wäre ein erster kleiner Schritt, um die gefährliche Polarisierung des Landes zu überwinden.

Es wird die zweite und damit unwiderruflich letzte Amtszeit Obamas sein. Sie ist ein Geschenk für ihn – und ebenso für Amerika und die Welt: Denn dieser Präsident muss nicht mehr nach zwei Jahren in einen neuen kräftezehrenden Wahlkampf einsteigen. Er kann für das Geschichtsbuch wirken. Dazu gehört neben einem Plan zum Defizitabbau auch, die lange überfällige Immigrationsreform durchzusetzen.

Obama hat in seiner ersten Amtszeit schmerzhaft gespürt, dass “Hope” allein einen Präsidenten der Weltmacht nicht voranbringt. Die Amerikaner haben ihm eine zweite Chance gegeben. Er sollte sie nutzen.

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