OPD 4 May 2023 – edited Wes Vanderburgh
Die US-Notenbank hat den Leitzins das zehnte Mal in Folge erhöht. Das gefährdet angeschlagene Banken. Gegen die Inflation hilft es bislang kaum.
Ein wenig verzweifelt wirkte Fed-Chef Jerome Powell bei der Pressekonferenz, die der Sitzung der Notenbank am Mittwoch folgte. Die Fed habe die Zinsen um mehr als fünf Prozentpunkte in nur 14 Monaten angehoben, so Powell. Und doch: “Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,5 Prozent.” Ein historisch niedriges Niveau. Es ist in der Tat bemerkenswert.
Um die höchste Inflation in Jahrzehnten zu bekämpfen, haben Powell und seine Fed-Kollegen gestern das zehnte Mal in Folge die Leitzinsen erhöht. Wie bei der vergangenen Notenbankentscheidung im März wieder um einen Viertelprozentpunkt. Noch vor etwas mehr als einem Jahr lag der Leitzinssatz nahe null, jetzt liegt er zwischen fünf und 5,25 Prozent. So schnell hat die Fed die Zinsen zuletzt in den Achtzigerjahren unter Powells Vorgänger Paul Volcker hochgerissen.
Eigentlich wäre deshalb mindestens eine Abkühlung am Arbeitsmarkt zu erwarten gewesen. Stattdessen kam nur wenige Stunden vor der Fed-Sitzung die Meldung, dass US-Unternehmen im April 296.000 neue Jobs geschaffen haben. Die Daten stammen aus den Kundendaten von ADP, einem Dienstleister, der Unternehmen beim Personalmanagement hilft. Das waren doppelt so viele neue Stellen in der privaten Wirtschaft als im Vormonat März.
Noch immer sind Arbeitskräfte knapp in den USA und Powell fürchtet, dass das knappe Angebot die Löhne und damit letztlich auch die Preise in die Höhe treibt. Wenigstens ist die Zahl der offenen Stellen zuletzt auf 9,6 Millionen gefallen. Damit kommen zwar immer noch fast zwei offene Stellen auf jeden Arbeitssuchenden im Land. Aber Powell, der früher an der Wall Street gearbeitet hat, dürfte sich an den dort so beliebten Spruch erinnern: “The trend is your friend”. Seine Hoffnung: Der Arbeitsmarkt kühlt ab, ohne dass die Arbeitslosigkeit nach oben schnellt. Allerdings: “Das geht gegen die historische Erfahrung”, wie Powell selbst am Mittwoch einräumte.
Fed könnte selbst zu Inflationsdilemma beigetragen haben
Der Fed-Chef und seine Kollegen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, selbst zu dem Dilemma beigetragen zu haben. Im Herbst 2021 beharrten Powell und seine Mitstreiter darauf, dass die heraufziehende Inflation nur “vorübergehend” sei. So verpassten sie die Gelegenheit, zu einem Zeitpunkt eingreifen, der weniger schmerzhaft gewesen wäre. Damit hätten sich die Notenbanker unbeliebt gemacht, denn sie hätten eine gerade erst wieder erstarkende Wirtschaft gedrosselt. Die Kurskorrektur hat sich nun als schwierig erwiesen.
Zurückzuführen ist der Inflationsschub auf die gestörten Lieferketten während der Pandemie. Als die Wirtschaft wieder ansprang, stand auf einmal eine explodierende Nachfrage einem eingeschränkten Angebot gegenüber. Der russische Überfall auf die Ukraine verknappte zudem Erdgas und Öl. Die Folge: Die Preise hoben ab. Doch inzwischen haben sich Engpässe abgebaut, auch die Energiepreise sind von den allerhöchsten Höhen zurückgekommen. Doch viele Unternehmen nutzen die Gelegenheit, um ihre Preise anzuziehen, nicht allein um Kosten abzufedern, sondern Gewinne zu steigern.
Das dürfte eine Ursache für die weiterhin hohen Teuerungsraten in den USA wie in Europa sein. In den USA entscheidet der Bausektor maßgeblich über die Konjunktur. Und wie Powell bei der Pressekonferenz anmerkte, haben die Zinserhöhungen den Wohnungsbau kräftig gedrosselt. Doch weniger zinsempfindlich zeigen sich andere Bereiche, etwa der Ausbau von Infrastruktur. Bidens Regierung fordert und fördert die heimische Industrieproduktion, was dazu führt, dass überall im Land neue Fabriken hochgezogen werden. Die Auftragsbücher der Branche seien voll, berichtete das Wall Street Journal, teilweise auf Jahre hinaus.
Höhere Zinsen könnten zum Treiber der Inflation werden
Und dann ist da noch die Bankenkrise. Beginnend mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank sind es nun bereits drei Banken, die von den Regulieren dicht gemacht wurden. Auch dies kein Ruhmesblatt für die Fed, die schließlich die Oberaufsicht der Banken hat. Das setzt vor allem die regionalen Institute unter Druck. In der Folge dürfte die Kreditvergabe zurückgehen.
In seinen Ausführungen ließ Powell am Mittwoch anklingen, dass dies dazu beitragen könnte, die Wirtschaft abzukühlen. Allerdings können sich knappere Kredite und höhere Zinsen auch als Treiber der Inflation herausstellen. Und wenn es ganz blöd läuft, geraten noch mehr Banken in die Schieflage. Powell betonte bei der Pressekonferenz, das US-Bankensystem sei “sicher”. Doch am Mittwoch nach Börsenschluss fiel der Kurs von Pac West, einer kalifornischen Regionalbank, um mehr als 40 Prozent. Noch haben wir keine Finanzkrise, aber das kann sich schnell ändern.
Angesichts der unklaren Signale aus der Wirtschaft, haben sich die Fed-Oberen entschlossen, erst einmal abzuwarten. Darauf zumindest ließ ihre Formulierung am Mittwoch schließen. Es dürfte eine sehr angespannte Pause werden.
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