Donald Trump nutzt jetzt die Sprache des Faschismus der 1930er-Jahre. Offenbar will er ganz bewusst die nächsten Grenzen verschieben.
Kommentar von Johanna Pfund
Die Sprache von Donald Trump war schon immer simpel. Im Bemühen, fürs kommende Jahr genügend Wähler aufzustacheln, hat der ehemalige US-Präsident bei einer Rede zum Veteranentag in New Hampshire jedoch die Grenze zwischen simpel und perfide erneut überschritten. Trump bediente sich der Rhetorik des Faschismus. Er sprach davon, dass er “Ungeziefer” im Land “ausrotten” werde; explizit zählte er dazu “Kommunisten, Marxisten, Faschisten und linksradikale Gangster” – Worte, die (mit Ausnahme von “Faschisten”) genauso gut aus einer Nazi-Rede der Dreißiger- oder Vierzigerjahre stammen könnten. Die Parallelen in der Wortwahl lassen befürchten: Er meint das genau so. Seine Rhetorik ähnelt jedenfalls immer mehr der von Autokraten und Diktatoren.
Gerade die Nationalsozialisten hatten die rhetorische Entmenschlichung ihrer Gegner in ihrer Propaganda geradezu professionell vorangetrieben. Tiervergleiche waren üblich, im Besonderen das Bezeichnen von Juden oder politischen Gegnern als Parasiten oder Schädlingen. Rhetorische Vergleiche mit der Natur waren zunächst im 19. Jahrhundert populär geworden; damals waren sie zunächst kein Instrument der Hetze, sondern eine harmlose Metapher. Aber nach und nach übertrugen Antisemiten und dann vor allem die Nazis die Wörter aus der Biologie auf die Gesellschaft, um so in der allgemeinen Wahrnehmung eine Hierarchie zu etablieren, von Menschen und Untermenschen. Dies zeigte der Historiker und Archivar Alex Bein später in den Sechzigerjahren auf: ganz oben die Menschen, dann die Tiere, wiederum unterteilt in nützliche und unnütze.
Durch die millionenfache Wiederholung der Bezeichnung “Ungeziefer” für Juden wie für Regimekritiker sollte sich die Überzeugung verfestigen, diese Menschen seien keine Menschen. Und so bereitete man die Gewalt gegen diese vor, man begründete eine Legitimation. Die Nazis ideologisierten zunächst die Sprache, über diese das Denken und schließlich das Handeln.
Die offensichtlichen Parallelen waren natürlich darauf angelegt, Reaktion zu provozieren. Präsident Joe Biden und mehrere Historikerinnen und Historiker warfen Trump umgehend Nazi-Sprache vor – was einerseits dringend geboten war, andererseits Trump nur die nächste Vorlage lieferte. Er ließ einen Sprecher zunächst erklären, Kritiker seien “Schneeflocken, deren gesamte Existenz zerquetscht wird, sobald Präsident Trump in das Weiße Haus zurückkehrt”. Später ersetzte er “gesamte” durch “traurig, miserabel”.
Tyrannen sind so – immer und überall
Als ob es das harmloser machen würde. Trump und sein Team haben mit diesen Vergleichen und dieser Sprache eine neue Stufe der rhetorischen Eskalation betreten. Vor einem Jahr kündigte Trump gar an, er werde Teile der Verfassung außer Kraft setzen, sollte er ins Amt zurückkehren; später behauptete er, dies hätten ihm seine Gegner nur unterstellt. Mittlerweile erklärt er, er wolle die Justiz umbauen. Die Zerstörung von demokratischen Institutionen ist so zumindest rhetorisch vorbereitet – ob es ihm gelingen wird, ist eine andere Frage. Aber er stellt sich in die Kontinuität vieler Autokraten und Tyrannen: Die pflegen stets sehr präzise anzukündigen, was sie vorhaben. Wer ihn wählt, stellt sich wiederum in die Kontinuität vieler Wähler in vielen Ländern, die solchen Kandidaten ins Amt verholfen haben: Sie nehmen sie nicht ernst oder wollen es nicht glauben. Und fallen immer wieder auf sie herein.
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