In Idlib, a ceasefire between rebels and the regime was in place on Saturday. A few hours after it went into effect, the U.S. weighed in with a military strike.
One can deduce from the outright misery in Idlib's media coverage that crucial turning points hardly mean anything anymore: On Saturday, the U.S., more specifically the U.S.-led anti-terror coalition, attacked targets in the contested Idlib province without warning – only hours after a ceasefire had begun, at least from the air. The heavy military strike, which targeted a radical jihadi training camp, initially caused major confusion: on social media, Russia supporters and the Syrian regime congratulated themselves as the only ones to do something about Islamic terrorists. And then it was the Americans!
Russia chimed in with criticism, saying that the U.S. attack would jeopardize the ceasefire that Russian President Vladimir Putin practically gave to Turkish President Recep Tayyip Erdogan as a gift last week in Moscow. An initial ceasefire collapsed at the beginning of August after only a few days.
As a reminder, Turkey has twelve military posts in Idlib province, the last existing rebel stronghold in Syria. With the Syrian-Russian offensive ongoing since May and particularly with the capture of the city of Khan Shaykhun, which had been in rebel hands since 2015, the Turks lost a lot of credit with their Syrian clients in the province on Aug. 19.
On the day that Khan Shaykhun fell, a Turkish military convoy was attacked by the Syrian army. The Turks claimed their convoy was bringing reinforcements to their own posts in Morek. According to the Syrian regime, weapons and machinery were on their way to the rebels in Khan Shaykhun, a dangerous escalation.
The Idlib Deal
Ankara works together with Turkish-backed Syrian rebels in Idlib, although it cannot get radical groups under control. That was, however, the agreement reached between Russia and Turkey in the fall of 2018 in Sochi. This agreement prevented a directly imminent regime offensive in the region.
The influence of Hay’at Tahriral-Sham, which is attributed to the influence of al-Qaida, continued to grow at the beginning of the year anyway. It controls the majority of the province, and attacks the regime and the Russians from there. Multiple Russian deadlines imposed on Turkey to create a demilitarized zone have passed. Since May, rebels – and civilians – have been bombarded from the air and on the ground; Russian special forces also operate on behalf of the regime. The United Nations has confirmed attacks on health facilities and schools, as well as 500 civilian deaths and a further half-million new internal refugees. They are no longer allowed into Turkey.
Rebels and civilians fear that the ceasefire only helps the regime to prepare for a new attack. Russia, on the other hand, is very keen to keep Ankara in line; in mid-September, a new round of talks will take place in Astana that is supposed to finally pave the way for a political process – a precondition for an internationally-supported reconstruction of Syria.
The Northeast Deal
Another reason why Putin keeps accommodating Erdogan is because of competition in Washington. In a telephone conversation on Wednesday, Erdogan and President Donald Trump once again confirmed their cooperation on the northeastern Syrian-Turkish border. By way of a “safe zone,” the PKK-allied Syrian Kurds of the PYD/YPG are to be driven out at Turkey's behest, or fought. But the U.S., which groomed the YPG to fight against the Islamic State, does not want that.
For Moscow and Damascus, a Turkish-American partnership in the northeast means one thing in particular: This region will not return to regime control so quickly. But the Russians have leverage: Turkish discontent with the deal.
That’s because despite Erdogan’s ostentatious optimism, the “safe zone” will not meet Turkey’s demands. It would be smaller than a desired 460 km long and 32 km wide. (approximately 286 miles long by 20 miles wide). However, notably, the Turks will not control the region alone, but rather together with the U.S. And while the YPG recently retreated somewhat under U.S.-orchestrated media attention, there is no talk of it fully disbanding and disarming.
The start of the Idlib offensive was already seen as Russia's way of punishing Turkey for working together with the U.S. in the northeast at the cost of Syrian sovereignty. Now Putin has obliged Erdogan yet again with the ceasefire – and the U.S. swiftly complicated things with its strike. But unlike before, Ankara and Moscow were not informed about the imminent U.S. operation, and this is actually a rule of the game.
USA mischen russische Pläne in Syrien auf
In Idlib gilt seit Samstag eine Waffenruhe zwischen Rebellen und syrischem Regime. Wenige Stunden nach deren Inkrafttreten meldeten sich die USA mit einem Militärschlag auf radikale Gruppen zu Wort
Das ganze Elend der Idlib-Berichterstattung lässt sich daran ablesen, dass wichtige Wendungen kaum mehr Eindruck machen: Am Samstag haben die USA beziehungsweise die US-geführte Antiterrorkoalition völlig überraschend Ziele in der umkämpften Provinz Idlib angegriffen – nur Stunden, nachdem dort eine Waffenruhe zumindest aus der Luft zu greifen begonnen hatte. Die Verwirrung über den schweren Militärschlag, der einem Trainingslager radikaler jihadistischer Gruppen gegolten hatte, war zunächst groß: In den sozialen Medien feierten Anhänger Russlands und des syrischen Regimes diese als die einzigen, die etwas gegen islamistische Terroristen unternehmen würden. Und dann waren es die Amerikaner!
Russland meldete sich mit Kritik zu Wort: Die US-Angriffe würden die Feuerpause gefährden – die der russische Präsident Wladimir Putin vergangene Woche in Moskau dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan quasi als Geschenk mitgegeben hatte. Eine erste Waffenruhe war Anfang August nach nur wenigen Tagen zusammengebrochen.
Zur Erinnerung: Die Türkei hat zwölf Militärposten in der Provinz Idlib, der letzten existierenden Rebellenhochburg in Syrien. Mit der seit Mai laufenden syrisch-russischen Offensive und vor allem mit der Einnahme der Stadt Khan Sheikhun, die seit 2015 in Rebellenhand war, am 19. August haben die Türken viel Ansehen unter ihren syrischen Klienten in der Provinz eingebüßt.
Am Tag des Falls von Khan Sheikhun wurde noch dazu ein türkischer Militärkonvoi von der syrischen Armee angegriffen. Die Türken behaupteten, ihr Konvoi bringe Verstärkung zu ihrem eigenen Posten in Morek, laut syrischem Regime waren Waffen und Gerät zu den Rebellen in Khan Sheikhun unterwegs. Eine gefährliche Eskalation.
Der Deal von Idlib
Ankara arbeitet in Idlib mit von der Türkei abhängigen syrischen Rebellen zusammen, schafft es aber nicht, die radikalen Gruppen in den Griff zu bekommen. Das war jedoch die im Herbst 2018 in Sotschi zwischen Russland und der Türkei erreichte Abmachung. Mit ihr wurde eine unmittelbar bevorstehende Regimeoffensive auf das Gebiet abgewendet.
Der Einfluss der Gruppe HTS (Hay'at Tahrir al-Sham), die dem Al-Kaida-Einfluss zugerechnet wird, stieg zu Beginn des Jahres jedoch noch weiter an, sie kontrolliert den Großteil der Provinz und greift von dort aus das Regime und die Russen an. Mehrere russische Deadlines an die Türkei, den versprochenen entmilitarisierten Gürtel zu schaffen, verstrichen. Seit Mai werden nun Rebellen – und Zivilisten – aus der Luft und am Boden bombardiert; aufseiten des Regimes operieren auch russische Spezialkräfte. Die Uno bestätigt Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und Schulen, neben etwa 500 zivilen Toten gibt es wieder eine halbe Million neuer interner Flüchtlinge. In die Türkei werden sie nicht mehr gelassen.
Rebellen und Bevölkerung befürchten, dass die Feuerpause dem Regime nur dazu dient, einen neuen Angriff vorzubereiten. Russland hat aber andererseits sehr wohl Interesse daran, Ankara bei der Stange zu halten: Mitte September findet in Astana eine neue Gesprächsrunde statt, die endlich den Weg zu einem politischen Prozess – Vorbedingung eines international gestützten Wiederaufbaus Syriens – ebnen soll.
Der Deal im Nordosten
Ein weiterer Grund, warum Putin Erdogan immer wieder entgegenkommt, ist die Konkurrenz in Washington: In einem Telefongespräch am Mittwoch bestätigten Erdogan und US-Präsident Donald Trump einmal mehr ihre Zusammenarbeit an der syrisch-türkischen Grenze im Nordosten. Mit einer "Sicherheitszone" sollen nach türkischem Willen die mit der PKK verbündeten syrischen Kurden der PYD/YPG verdrängt werden. Oder auch bekämpft: Das wollen jedoch die USA nicht, die die YPG für den Kampf gegen den "Islamischen Staat" erst militärisch aufgebaut haben.
Für Moskau und Damaskus heißt eine türkisch-amerikanische Kooperation im Nordosten vor allem eines: Dieses Gebiet wird nicht so schnell wieder unter die Kontrolle des Regimes zurückkehren. Aber die Russen haben einen Hebel: die türkische Unzufriedenheit mit dem Deal.
Denn die "Sicherheitszone" wird trotz des demonstrativen Optimismus Erdogans nicht den türkischen Forderungen entsprechen: Sie dürfte kleiner ausfallen als die gewünschten 460 km Länge und 32 km Breite. Vor allem aber werden die Türken das Gebiet nicht allein kontrollieren, sondern gemeinsam mit den USA. Und die YPG sind zwar zuletzt unter von den USA organisierter medialer Aufmerksamkeit etwas zurückgewichen – davon, dass sie völlig aufgelöst und entwaffnet werden, ist aber keine Rede.
Der Beginn der Idlib-Offensive wurde bereits als russische Bestrafung dafür gesehen, dass die Türkei im Nordosten mit den USA gemeinsame Sache auf Kosten der syrischen Souveränität macht. Nun ist Putin Erdogan mit der Waffenruhe wieder etwas entgegengekommen – und prompt verkomplizieren die USA mit ihrem Angriff die Sache. Anders als sonst wurden Ankara und Moskau auch nicht über die bevorstehende US-Operation informiert, was eigentlich zu den Spielregeln gehören würde. (Gudrun Harrer, 3.9.2019)
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