Mobs, Shouting and Nazi Comparisons

Published in Frankfurter Allgemeine Zeitung
(Germany) on 10 August 2009
by Matthias Rüb, Frankfurter Allgemeine Zeitung (link to originallink to original)
Translated from by Albert Minnick. Edited by Jessica Boesl.
Health Care Reform in America

By the first weekend of the Congressional vacation, the debate on American health care reform has already reached a new political fever pitch. One telling example is that the Americans are talking about Germany, even Nazi Germany. Conservative talk radio host Rush Limbaugh inferred a similarity between Nazi symbols and the logo of "ObamaCare," as the reform plans of the White House and Congressional Democrats have been called.

This speculation is really unfounded because Obama’s people chose the winged caduceus of two serpents wrapped around a winged staff, symbolic of the medical profession, as their logo. This emblem has little to do with the Nazi symbol of an eagle with outstretched wings atop a swastika. The politically charged attempt to compare Obama’s logo to Nazi dictatorship is meant to appeal to the deep-seated mistrust many Americans have of every form of government bureaucracy. With conservative mobs shouting at the first town hall meetings in an attempt to derail the efforts of Obama and the Democrats to save their reform plans, a political fringe group may make itself felt just by shouting the loudest. The problems facing Obama and the Democrats in their struggle to win over the American people for their goal of universal medical insurance go much deeper.

Bad News from Polls

Recent polls have borne bad news for Obama. Pollsters at Quinnipiac University, located in Hamden, Connecticut, have determined that the more Obama talks about his most important domestic issue, fewer and fewer Americans have confidence in his ability to lead the health care policy debate. At the beginning of August, 52 percent of those questioned disapproved of the way Obama was handling the issue and of his plans for reform, while only 39 percent approved. One month earlier, 46 percent of those questioned approved and 42 percent disapproved. Among independent voters, who usually determine the outcome of presidential and congressional elections, 77 percent did not believe Obama could achieve his goal of reforming the health care system by extending insurance coverage to 47 million uninsured people without increasing the deficit even more.

One more problem for Obama and the Congressional Democrats is the fact that a large majority of those Americans who do have insurance are content with both their insurance and the medical care they are entitled to according to their insurance plans. In a CNN poll, 83 percent of those questioned considered their medical care to be good or excellent and 74 percent were satisfied with their insurance.

Four of Five Persons with Insurance are Satisfied with their Medical Care

Yet, many Americans do feel, like their president, that it is scandalous that more than 15 percent of people living in the United States do not have medical insurance (and are taken care of in hospital emergency rooms at the expense of taxpayers and policy holders). Conversely, this really means that the remaining 85 percent of Americans are medically insured. Just over 75 percent of these insured Americans are satisfied with their coverage and over 80 percent of them are content with their medical care. As a result, the majority of Americans do not want to change the status quo or, at least, not very much.

There is an apparent, growing belief among the people that health care reform and, especially, the introduction of a wider public insurance program cannot be achieved in a cost neutral fashion, as the White House believes. The American health care system is already more expensive than in any other industrialized country and very confusing, with overlapping state and federal responsibilities. When de facto mandatory insurance was introduced in Massachusetts as recently as 2006, there was already a State Children’s Health Insurance Program (SCHIP) operating in other states. All low-income people and seniors, on the other hand, are already insured by the Medicaid and Medicare federal insurance programs, respectively, both of which are administered to some extent by state governments.

Most notably, the planned introduction of a “public option” is arousing growing suspicions. This is another government insurance program meant to cover the uninsured without burdening the budget or competing with private insurance companies. Suspicion provide an outlet for both the real and imagined fears Americans have of “socialized medicine,” where government bureaucrats have the power over life and death, and where comparisons are made to health care in Canada, Britain and even Nazi Germany. The possibility of an objective debate on this issue is long gone.


Gesundheitsreform in Amerika

Stoßtrupps, Gebrüll und Nazi-Vergleiche

10. August 2009 Schon am ersten Wochenende der Kongressferien hat die Debatte um die Reform des amerikanischen Gesundheitswesens eine neue politische Fieberspitze erreicht. Eine solche erkennt man daran, dass in Amerika von Deutschland die Rede ist - und zwar
von Nazi-Deutschland. Der rechtskonservative Radio-Talkmaster Rush Limbaugh will eine Ähnlichkeit zwischen dem Logo von „Obamacare“ - so werden die Reformpläne des Weißen
Hauses und der Demokraten im Kongress genannt - und Nazi-Symbolen ausgemacht haben.

Der Gedanke ist zwar abwegig, denn Obamas Leute haben für ihr Logo den geflügelten Hermesstab gewählt, eine Art verdoppeltern Äskulapstab, der mit den ausgebreiteten Adlerschwingen der Naziästhetik wenig zu tun hat. Doch der als politisches Totschlagargument bemühte Vergleich mit der Nazidiktatur soll ein bei vielen Amerikanern tief verwurzeltes Misstrauen gegen jede Form der Regierungsbürokratie ansprechen. Wenn konservative Stoßtrupps die jetzt von Obama und den Demokraten zur Rettung ihrer
bedrohten Reformpläne begonnenen Bürgertreffen mit Gebrüll zu sprengen versuchen, dann mag sich damit bloß eine politische Randgruppe überproportional lautstark bemerkbar
machen. Die Probleme Obamas und der Demokraten, das amerikanische Volk vom angestrebten Jahrhundertprojekt einer allgemeinen Krankenversicherung zu überzeugen, reichen aber viel tiefer.

Unerfreuliche Umfragen

Jüngste Umfragen haben für Obama unerfreuliche Ergebnisse gezeigt. Die Befrager der Quinnipiac-Universität aus Hamden (Connecticut) haben ermittelt, dass immer weniger Amerikaner von Obamas Führungsfähigkeiten bei der Gesundheitspolitik überzeugt sind, je
mehr der Präsident über sein wichtigstes innenpolitisches Thema redet: Anfang August äußerten sich 52 Prozent der Befragten ablehnend zu Obamas Umgang mit dem Thema und
seinen Umgang mit den Reformplänen, nur 39 waren damit zufrieden. Einen Monat zuvor hatten sich noch 46 Prozent zustimmend und 42 Prozent ablehnend geäußert. Unter den
unabhängigen Wählern, die in der Regel Kongress- und Präsidentenwahlen entscheiden, glaubten 77 Prozent dem Präsidenten dessen Versprechen nicht, wonach die Reform des
Gesundheitswesens - mit dem Kernstück der Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die meisten der derzeit 47 Millionen Leute ohne Versicherung - ohne ein abermals vergrößertes Defizit erreicht werden könne.

Ein weiteres Hindernis für Obama und die Demokraten im Kongress ist der Umstand, dass eine große Mehrheit jener Amerikaner, die über eine Versicherung verfügen, mit dieser
ebenso zufrieden sind wie mit den medizinischen Leistungen, die sie dank ihres Versicherungsschutzes in Anspruch nehmen können. 83 Prozent sagten bei einer Umfrage des Senders CNN, sie hielten ihre medizinische Versorgung für ausgezeichnet oder gut,
während 74 Prozent mit ihren Versicherungen zufrieden waren.

Vier von fünf Versicherten mit Versorgung zufrieden

Zwar empfinden es gewiss viele Amerikaner wie ihr Präsident als einen Skandal, dass gut 15 Prozent der Einwohner der Vereinigten Staaten nicht über eine Krankenversicherung
verfügen (und auf Kosten der Steuer- und Versicherungsprämienzahler in den Notaufnahmen der Hospitäler versorgt werden). Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass 85 Prozent der Amerikaner krankenversichert sind und dass knapp drei Viertel der Versicherten mit ihrer
Versicherung und sogar mehr als vier Fünftel der Versicherten mit ihrer
Gesundheitsversorgung zufrieden sind - und mithin an diesem Status quo nichts oder doch nur wenig ändern wollen.

Vor allem aber wächst unter der Bevölkerung offenbar die Gewissheit, dass die Reform der Gesundheitsversorgung und zumal die Einführung eines weiteren staatlichen
Versicherungsangebots nicht wie vom Weißen Haus behauptet kostenneutral erreicht werden kann. Schon jetzt ist das amerikanische Gesundheitswesen nicht nur so teuer wie in keinem
anderen Industriestaat, es ist auch hochgradig unübersichtlich. So gibt es überlappende einzel- und bundesstaatliche Zuständigkeiten: Während im neuenglischen Bundesstaat
Massachusetts bereits 2006 eine faktische Pflichtversicherung für alle Bürger eingeführt wurde, gibt es in den anderen Teilstaaten immerhin eine staatliche Versicherung für Kinder
und Jugendliche (Schip). Alle Einkommensschwachen und alle Senioren wiederum sind über die bundesstaatlichen Versicherungsträger Medicaid und Medicare versichert, die teilweise wiederum von den Bundesstaaten verwaltet werden.

Vor allem die geplante Einführung einer „public option“, also eines weiteren staatlichen Versicherungsträgers, der die Unversicherten aufnehmen soll, ohne den Haushalt zusätzlich zu belasten und den Wettbewerb der privaten Anbieter zu beeinträchtigen, stößt auf
wachsendes Misstrauen. Und dieses Misstrauen bietet die Projektionsfläche für die tatsächliche oder vermeintliche Angst der Amerikaner vor einer „sozialisierten Medizin“,
einem Regierungsbeamten mit Allmacht über Leben und Tod, vor kanadischen, britischen oder gar nazideutschen Verhältnissen im Gesundheitswesen. Die Chance auf eine sachliche Debatte ist längst vertan.
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