Obama or McCain? Michelle or Cindy?

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In meiner letzten Kolumne habe ich von einer möglichen First Lady Michelle Obama geschwärmt. Doch natürlich kann es sein, dass die nächste First Lady keine dunkelhäutige Schönheit ist, sondern eine kühle Blondine mit stechend blauen Augen. Auch Cindy McCain hat den Stoff, aus dem First Ladys sind. Allerdings erinnert die 54-Jährige mehr an eine Nancy Reagan und Barbara Bush als an eine Jackie Kennedy oder Hillary Clinton.

Wie der Zufall es will, haben die Amis gerade einige Umfragen zum Thema „First Lady“ gestellt. Ergebnis: 61 Prozent der Wähler beurteilen die Kandidaten sehr stark nach ihren Ehepartnern. Und: 42 Prozent der Befragten äußerten sich skeptisch, 25 Prozent sogar negativ über Michelle Obama (44). „Nur“ 29 Prozent hatten dagegen Probleme mit John McCains besserer Hälfte, während „nur“ 10 Prozent sagten: „Ich kann sie nicht leiden.“

Ob die Hautfarbe eine Rolle spielt? 86 Prozent der farbigen Wähler fanden Michelle Obama toll. Bei den Weißen waren es nur 42 Prozent. Bei Cindy McCain war das Verhältnis noch krasser: Nur 27 Prozent der Afroamerikaner mögen sie. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Konflikt Schwarz und Weiß in den USA noch lange nicht geklärt ist und bei der nächsten Wahl eine entscheidende Rolle spielen wird.

Doch zurück zur „besseren Hälfte der Menschheit“, den Frauen aller Hautfarben. Als ich Cindy McCain die ersten Male während des Wahlkampfes neben ihrem 18 Jahre älteren Mann sah, dachte ich spontan: „Mein Gott, ist die jung. Die ginge gut für 40 weg.“ Aber ich hatte auch einen komischen Gedanken: „Sie ist so kalt. Wie eine Maske. Die Art der Politiker-Frau, die sich nicht in die Geschäfte einmischt, aber sagt: ‚Stand by your man.’“

Als ich dann ein bisschen tiefer grub und mich über sie informierte, merkte ich schnell, dass ich nur einen winzigen Teil von ihr gesehen und ihr Unrecht getan hatte. Sie ist mit Sicherheit nicht der Typ Frau, der einen viel älteren Mann aus materiellen Gründen heiratet. Das hat sie gar nicht nötig: Sie studierte Pädagogik an der Universität von Südkalifornien, und sie ist selbst steinreich. Sie ist eine Erbin des „Budweiser“-Bier-Imperiums (Anheuser), ist mindestens 100 Millionen Dollar schwer. Allein im vergangenen Jahr kamen sechs Millionen Netto-Verdienste hinzu.

Als sie John McCain 1979 kennen lernte, war sie 25 Jahre jung, er 43 Jahre reif. Sie war das All-American-Cowgirl, genau richtig für den All-American-Vietnam-Helden. Sie war in ihrer Heimat Arizona die „Rodeo-Queen“ und im College ein Cheerleader, feuerte im knappen Röckchen ihr Team an.

Kein Wunder, dass es zwischen John und Cindy sofort funkte. Der Senator ließ sich bald darauf von seiner ersten Frau scheiden und heiratete die Frau, die bis heute an seiner Seite geblieben ist.

Cindy McCain ist aber auch mehr als eine millionenschwere Politikergattin. Sie ist Mutter von vier Kindern (darunter ein Adoptivkind aus einem Waisenhaus in Bangladesch), und sie ist ein Mensch, der Schmerzen erduldet hat. Sie hatte mehrere Fehlgeburten, erlitt 2004 einen Schlaganfall, der beinahen tödlich gewesen wäre. Sie kämpfte gegen Depressionen und war tablettensüchtig.

Ihr Weg aus der Krise: Sie half anderen Menschen. In einem Interview erklärte sie: „Ich engagiere mich auf dem ganzen Globus. Das Räumen von Landminen. Die gesundheitliche Versorgung von Kindern. Armut. Und ich werde dies auch weiterhin tun.“

Sie ist in vieler Hinsicht das Gegenteil von der lebhaften Michelle Obama, die beinahe wie eine Schauspielerin wirkt und vermutlich eine sehr aktive und öffentliche Rolle als First Lady spielen wird. Cindy McCain ist mehr die klassische Beobachterin, die ihren Mann nur unter vier Augen berät, sich aber sonst bedeckt hält. Der Polit-Wissenschaftler Calvin Jillson: „Sie hat den Nancy-Reagan-Blick.“ Ein beinahe unnahbares Starren, dem nichts entgeht und das nie zu erkennen gibt, was sich dahinter verbirgt.

Wenn es darum geht, ihren Mann zu unterstützen, dann kann sie aber auch schnell giftig werden. Als Michelle Obama ihren verbalen Patzer hatte und sagte, dass sie zum ersten Mal stolz auf Amerika sei, meinte Cindy kühl: „Ich weiß nicht, wie es bei dir ist. Ich aber bin stolz auf dieses Land.“ Ein Tonfall, den viele Amerikaner noch immer lieben.

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